© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/04 19. März 2004

Meldungen

Kant und die Hirnforschung

BONN. Die Frage nach der Willensfreiheit stand im Zentrum der praktischen Philosophie Immanuel Kants. Diese Freiheit sprach der Königsberger Denker dem Menschen als Vernunftswesen ebenso zu, wie er seine Möglichkeit, zu allgemeingültigen Erkenntnissen zu gelangen, erfahrungsunabhängigen "apriorischen" Verstandesfunktionen zuschrieb. Aus moderner naturwissenschaftlicher Sicht, so bilanziert der Bremer Neurobiologe Gerhard Roth anläßlich von Kants 200. Todestag, wirken solche philosophischen Positionen heute antiquiert (Forschung & Lehre, 3/04). Sind doch Kants apriorischen Prinzipien nicht nur stammesgeschichtlich bedingt, sondern zum Teil auch ontogenetisch erfahrungsabhängig. In den ersten Lebensjahren verfestigen sich Reizverarbeitungsprozesse in einer Weise, die sie lediglich apriorisch im Kantschen Sinne erscheinen ließe. Nicht besser stehe es um die Willensfreiheit. Der empirisch mögliche Nachweis, daß das Bewußtsein der Freiheit selber ein "experimentell manipulierbares Hirnkonstrukt" ist, müsse den kantischen starken Freiheitsbegriff "ins Mark treffen". Trotzdem könne die Hirnforschung damit nicht die "sittliche Grundordnung unserer Gesellschaft" untergraben. Denn mit dem Determinismus des Naturgeschehens lasse sich das "Gefühl" der "Handlungsautonomie" widerspruchsfrei vereinbaren - womit Roth, vermutlich ohne es zu ahnen, dem "Fiktionalismus" des Kantianers Hans Vaihinger (1852-1933) das Wort redet.

 

EU-Kulturideologie: Vielfalt wahren

STUTTGART. Gemischte Gefühle herrschen vor bei den meisten der kleinen Beitrittskandidaten, die ab 1. Mai zur EU zählen. Aus ökonomischer Sicht überwiegt wohl die Hoffnung, während kulturell eher Angst vor dem Brüsseler Nivellierungsmoloch umgeht. Nur beinharte EU-Enthusiasten wie Katinka Dittrich van Weringh versprechen den Neulingen unter dem blauen Sternenbanner die Bewahrung "kultureller und ethnischer Vielfalt" (KulturAustausch, 4/03). Für sie ergibt sich aus diesem internen Pluralismus die Leitlinie "europäischer Außenkulturpolitik". Aus diesem europäischen Multikulturalismus werde die wachsende europäische Identität - "jenseits wirtschaftlicher Interessen" - verbürgt. Zugleich garantiere er, daß die "wirtschaftlich und politisch starke EU" nie in Versuchung gerate, "Hegemonialpolitik" zu treiben. Wie weit derartig naive Konzeptionen von der Realität entfernt sind, macht an gleicher Stelle Kurt-Jürgen Maaß in seinem Bericht über den letzten Kongreß zur auswärtigen Kulturpolitik deutlich, zu dem das Auswärtige Amt geladen hatte. Das einzige halbwegs konkrete Ergebnis dieser Zusammenkunft aus 24 EU-Staaten war das Projekt einer "europäischen Kulturzeitschrift

 

Erste Sätze

Wie fängt man an? Mit dem Anfang, werden sie antworten, aber wo liegt der Anfang?

Kurt Flasch: Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung, Frankfurt/ Main 1998


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