© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/04 26. März 2004

Altlasten
von Jörg Fischer

Ein 64jähriger löst einen 59jährigen ab - Franz Müntefering wurde als Nachfolger von Gerhard Schröder letztes Wochenende neuer SPD-Vorsitzender. Dem ungeschickten Generalsekretär Olaf Scholz folgt Uwe Benneter - ein 57jähriger früherer Sympathisant von DKP und DDR, der 1977 einmal aus der SPD ausgeschlossen wurde. Die alt-neuen Spitzengenossen können vielleicht mit Klassenkampf-Rhetorik vom "Reformkurs" enttäuschte SPD-Funktionäre bei der Stange halten und aufgebrachte Gewerkschafter beruhigen. Verlorenes Vertrauen bei der Wählerschaft können beide nicht zurückgewinnen.

Die SPD habe sich von ihren Wahlprogrammen entfernt und die "Wähler eklatant belogen", kritisierte der bayerische IG-Metall-Funktionär Klaus Ernst - und traf damit den Nagel auf den Kopf. Die SPD versprach in den Bundestagswahlkämpfen "Innovation und Gerechtigkeit" - herausgekommen ist aber ein dilettantisches und zögerliches Umsetzen von altbekannten Forderungen aus FDP- und Unternehmerkreisen. Statt mit einem feurigen Plädoyer für die Bürgerversicherung oder einer klaren Absage an aussichtslose Bundeswehreinsätze die in Hochstimmung befindliche CDU an ihren wunden Punkten anzugreifen, lieferte der Parteitag auch inhaltlich nur ein "Weiter so".

Gute Verkäufer können selbst schlechte Waren absetzen - doch das sind weder Müntefering noch Benneter. Das erfreut die CDU. Und eine neue Linkspartei ist wohl nur noch eine Frage der Zeit - spätestens wenn 2005 die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Hunderttausende aus der SPD-Klientel ins soziale Abseits stellt.


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