© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/04 02. April 2004

WIRTSCHAFT
Schwanengesang zur ökonomischen Logik
Bernd-Thomas Ramb

Die designierte SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan, hat in einem Zeitungsinterview den Mangel an Vertrauen der Gesellschaft in die Politik für die Reformschwierigkeiten in Deutschland verantwortlich gemacht. Gleichzeitig hält die Präsidentin der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) es für falsch, die Logik der Ökonomie zur Logik der Gesamtgesellschaft zu machen, denn dann habe die Politik keine Aufgabe mehr. Sie kündigt weiterhin an, als Bundespräsidentin darauf hinweisen zu wollen, wenn "Vorteilserringung als gerechte Politik kaschiert" werden soll.

Die SPD-Kandidatin erweist sich damit als echte Alternative zum vermutbaren ökonomischen Sachverstand des Unions- und FDP-Kandidaten Horst Köhler. Zudem spiegelt sie treffend den Tatbestand der weitverbreiteten Unwissenheit über Bedeutung und Kraft ökonomischer Zusammenhänge unter deutschen Politikern wider. Die ökonomische Logik beschreibt im übertragenen Sinne das Zusammenwirken von Hammer und Nagel. Politik besteht dagegen in der Festlegung, wo der Nagel hineingetrieben werden soll. Naturgemäß kann das Werkzeug ökonomische Logik nicht alle Träume der Politiker realisieren. Wenn der Nagel in einen Stahlträger geschlagen oder in Weichkäse getrieben werden soll, bleiben die Hammerschläge wirkungslos. Daraus der ökonomischen Logik, sprich dem Hammer-Nagel-Mechanismus, einen Vorwurf zu machen, ist absurd, wird aber politikideologisch gern getan. Ebenso ist es unsinnig, Hammer und Nagel fehlendes Gerechtigkeitsgefühl vorzuwerfen. Die SPD-Bundespräsidentenkandidatin hat sich mit ihren törichten Aussagen zur ökonomischen Logik kräftig auf den eigenen Fingernagel geklopft.


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