© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/04 09. April 2004

Frisch gepresst

Krieg gegen Serbien. Im März vor fünf Jahren begann der erste Krieg mit deutscher Beteiligung nach 1945: der Krieg gegen Serbien um das Kosovo. Zuvor mußten der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping mit gruseligen Geschichten über Massaker in einem Stadion in Pristina und sein grüner Außenminister mit der energischen Warnung vor einem zweiten Auschwitz die Heimatfront sichern. In der allgemeinen Aufregung ging 1999 völlig unter, daß für eine militärische Aktion "gegen den Völkermord" noch nicht einmal ein "UN-Durchsuchungsbefehl" vorlag und die rot-grüne Außenpolitik dadurch mit einer handfesten Aggression außenpolitisch debütierte. Der frühere Konkret-Autor Jürgen Elsässer klagte bereits 2000 in seinem Buch "Kriegsverbrechen und tödliche Lügen der Bundesregierung" an. Seine löbliche Aufdeckung der Nato-Kriegspolitik, die nun der Kai Homilius Verlag überarbeitet und aktualisiert herausgibt, wird allerdings störend von einer klebrigen Parteilichkeit zugunsten Serbiens überschattet. Slobodan Milosevics Lob, "Elsässer zeigt auf, daß die deutsche Balkanpolitik sich fortsetzt, wo sie 1945 gestoppt wurde", gibt darüber Auskunft und entschleiert zudem das eigentliche Ansinnen des Autors (Kriegslügen. Vom Kosovokonflikt zum Milosevic-Prozeß. Berlin 2004, 331 Seiten, 18 Euro).

Dunkle Seite von Berlin. Heute decken die Boulevardmagazine im Fernsehen die Lust des Publikums an der makabren Faszination von Gewalttaten. Früher, so beschreibt es die Historikerin Regina Stürickow, hätten dies sogar Polizeibeamte übernommen und Touristen in die verrufensten Gassen und Kaschemmen Berlins geführt. In ihrem literarischen Reiseführer vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten durch eben diese Viertel Berlins führt Stürickow den Leser sogleich in soziale Niederungen, die einem nur schwer das Bild von den "goldenen Zwanziger" veranschaulichen. Insofern bietet das Buch nicht nur etwas für Berlinbesucher, die rund um den Alexanderplatz, im Scheunenviertel oder im damals noblen Westen auf Entdeckungsreise gehen möchten, sondern auch für jene, denen jede Schilderung des Elends im Milieu der Dirnen, Schieber und Mörder glaubwürdiger erscheint als ein verklärender Film über die Gebrüder Sass (Mörderische Metropole Berlin. Kriminalfälle 1914 bis 1933. Militzke Verlag, Leipzig 2004, 189 Seiten, 14,80 Euro).


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