© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/04 16. April 2004

Neue Technologien: Geburtenziffern und Intelligenz (Volkmar Weiss)
Nach unkonventionellen Lösungswegen suchen
Angelika Willig

Daß der Geburtenrückgang in westlichen Ländern nicht vorrangig eine Frage des Geldes ist, zeigt sich schon daran, daß die Besserverdienenden nicht mehr Kinder haben als der Durchschnitt, sondern noch weniger. Mehr Kinder haben Einkommensschwache und Sozialhilfeempfängerinnen, die oft alleinerziehend sind. Wie es solchen ergehen kann, zeigt der Dokumentarfilm "Die Kinder sind tot", der zur Zeit in den Kinos läuft. Der Film zeichnet akribisch nach, wie eine junge Mutter dazu kam, ihre beiden Kleinkinder (von insgesamt vier Kindern) allein in der Wohnung verhungern zu lassen. Bei den Milieuzeichnungen, die man als Zuschauer erlebt, wundert man sich am Ende nur, daß solche Greueltaten nicht häufiger vorkommen.

Die Gründe für solche ungewollten Schwangerschaften sind bekannt. Es herrscht in diesen Schichten eine fatalistische Haltung. Man glaubt nicht an die Vorteile einer vernünftigen Lebensplanung, sondern läßt alles laufen und lebt in den Tag hinein.

Über die Folgen dieser klassenbedingten Geburtenfreudigkeit wird geschrieben. Während immerhin einige die Gefahren der Zuwanderung beschwören, erwägt keiner den möglichen genetischen Verfall bei einer Negativselektion der Geburten bereits unter den Deutschen. Noch kann keiner beweisen, daß Karrieremenschen eine überdurchschnittliche Intelligenz bereits von Geburt an haben. Als einziger in Deutschland hat sich Volkmar Weiss in den letzten Jahrzehnten mit diesem Zusammenhang beschäftigt. Er warnt davor, daß wir nicht so sehr durch die niedrige Geburtenziffer an sich, sondern durch diese Negativauslese unseren internationalen Status gefährden. Spitzenkräfte brauchen nicht nur optimale Förderung, es müssen auch genügend Kinder geboren werden, die überhaupt das Zeug dazu mitbringen.

Der Leiter der Zentralstelle für Genealogie in Leipzig hält sich mit politischen Vorschlägen zurück. Doch angenommen, der Einwand von Weiss sei berechtigt: Wie könnte man darauf reagieren? Auf keinen Fall dürfte man die finanziellen Anreize für Kinder weiter erhöhen. Schon jetzt gibt es Frauen, die absichtlich schwanger werden, damit sie nicht zu arbeiten brauchen. Ein faires Angebot könnte es aber sein, diese Frauen als Leihmütter einzustellen. Sie tun das, was sie offenbar können, nämlich Kinder kriegen, und werden dafür angemessen bezahlt. In den USA ist dieser Handel auf privater Basis längst etabliert. Das Erbgut liefern ausgewählte Spender und Spenderinnen. Die fertigen Babys werden entweder an adoptionswillige Paare vermittelt - noch immer gibt es eine große Nachfrage vor allem nach Qualitätsprodukten -, oder sie werden in Internaten erzogen. An Menschen, die Kinder mögen und mit Kindern arbeiten möchten, herrscht kein Mangel. Sie wollen nur nicht in einem anderen Beruf Geld verdienen müssen und nach Feierabend rund um die Uhr im Einsatz sein.


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