© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/04 23. April 2004

Lehrlinge zweiter Klasse
von Bernd-Thomas Ramb

Warum dieses penetrante Drängen der SPD-Spitze bei der Ausbildungsplatzabgabe? Der Sachverhalt ist klar, sie wird im Ergebnis schaden und nicht nutzen. Die Betriebe werden zähneknirschend zahlen, statt zusätzliche, kaum ausbildungsfähige Lehrlinge einzustellen. Im Gegenteil, angesichts der dann einzurichtenden staatlichen Ausbildungsstätten werden die Firmen weniger Lehrlinge einstellen. Das Zweiklassensystem der Berufsausbildung ist vorprogrammiert. Die Ausreden von SPD-Chef

Müntefering, das Gesetz sei vor allem als Drohgebärde gegenüber den Unternehmern anzusehen, wirken politisch unprofessionell. Zumindest war es bislang bewährte Tradition, mit Gesetzgebungen kein Schindluder zu treiben.

Wirtschafts- und Politikpraktiker sehen dies und warnen. Selbst in den eigenen Reihen der SPD regt sich massiv der Widerstand, besonders der in der Realität verhafteten SPD-Ministerpräsidenten. Ihr Parteivorsitzender scheint dagegen traumzutanzen. Was bleibt als Erklärungsmuster für dieses so schwer deutbare Verhalten? Zum einen der reine Show-Effekt zur Ablenkung von gravierenden ungelösten Problemfeldern. Zum anderen der Druck der Gewerkschaften, die die Ausbildungsplatzabgabe auf Teufel-komm-raus wollen. Deren zunehmender Realitätsverlust paßt trefflich zur Irrationalität der Ausbildungsplatzabgabe. In perverser Logik würden sie sich damit eine neue Klassengesellschaft schaffen, die Klasse der staatlich betreuten, schwer auszubildenden Zukunftsarbeitslosen.


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