© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/04 23. April 2004

PRO&CONTRA
Maut auf Wasserstraßen einführen?
Ergebnisbericht des Bundesrechnungshofes / Gerhard Philipp Süß

Der Bund erhebt an seinen abgabepflichtigen Binnenwasserstraßen Schiffahrtsangaben im wesentlichen in Form von Befahrungsabgaben, Schleusengebühren und Brückengeldern. Der Bundesrechnungshof stellt fest, daß eine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Schiffahrtsabgaben bislang fehlt. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) äußerte sich hierzu nicht. Gleichwohl war der Bundesrechnungshof der Auffassung, daß das BMVBW entsprechende gesetzgeberische Schritte einleiten muß.

Auch ermittelte der Bundesrechnungshof, daß die Verbände der Sport- und Freizeitschiffer nur eine jährliche Pauschale von 51.000 Euro entrichten, obwohl die von Sport- und Freizeitschiffahrt genutzte Infrastruktur jährlich einen mindestens zweistelligen Millionenbetrag kostet. Die genaue Höhe der vom Bund getragenen Lasten war unbekannt. Der Bundesrechnungshof beanstandete dies als verdeckte Subventionierung und mahnte an, die tatsächlich anfallenden Kosten zu ermitteln, um insbesondere für den Gesetzgeber Transparenz zu schaffen. Das BMVBW sagte zu, mit den Verbänden eine höhere Kostenbeteiligung zu verhandeln. Des weiteren beanstandete der Bundesrechnungshof, daß für Amtshandlungen der Wasser- und Schiffahrtsämter keine kostendeckenden Gebühren erhoben wurden, obwohl dies gesetzlich vorgegeben ist.

Der Rechnungsprüfungsausschuß (des Bundestags) hat den Bericht des BMVBW zur Kenntnis genommen. Er hat die unvollständige Berichterstattung gerügt und gefordert, die Gesetzesänderung konsequent weiterzuverfolgen sowie eine Entgelderhöhung für die Nutzung von Gewässer- und Uferflächen durchzusetzen. Das BMVBW soll darüber hinaus den Forderungen nach Festlegung kostendeckender Gebühren, nach Abschätzung der Kosten des Bundes, die der Sport- und Freizeitschiffahrt zuzurechnen sind, und nach Prüfung einer Vignettenlösung für die Erhebung von Abgaben der Sport- und Freizeitschiffahrt zügig nachkommen.

 

Aus dem Ergebnisbericht des Bundesrechnungshofes von 2002.

 

 

Eine Maut für Sportboote wäre ökonomischer Unsinn. Sie würde wie ein Eintrittsgeld für Deutschland-Touristen wirken. Eine Freizeit-Maut ist etwas grundlegend anderes als eine LKW-Maut. Beim Wassertourismus geht es darum, die ausländischen Gäste ins Land zu holen. Sie sollen sich eingeladen fühlen, hier ihren Urlaub zu verbringen und damit auch ihr Geld im Inland auszugeben. Eine Maut würde da kontraproduktiv wirken.

Wenn der Umsatz in der Wassersportbranche (rund drei Milliarden Euro pro Jahr) durch solche Maßnahmen nur um ein Prozent gedämpft werden würde, wäre allein der Steuerausfall größer als das geplante Maut-Aufkommen.

Wer die Branche kennt, weiß, daß dies vor allem die Entwicklung und Investitionstätigkeit in den neuen Bundesländern treffen würde. Hier ist bisher der Wassersporttourismus eines der wenigen Wachstumsfelder. Im Vertrauen darauf ist in den vergangenen Jahren viel investiert und von den Bundesländern gefördert worden. Die für diese Anlagen, Gebäude und touristischen Einrichtungen eingegangenen Finanzierungsbelastungen laufen, ob Gäste kommen oder nicht.

Wir müssen in Deutschland endlich wegkommen von einer Politik, die nur auf die Mehrheitsfähigkeit von Entscheidungen setzt. Mehrheitsfähigkeit kann Vernunft nicht ersetzen.

Und die Vernunft gebietet, einen Wirtschaftskreislauf nicht in seinen elementaren Grundlagen Infrastruktur und Mobilität zu belasten, sondern auf der Ergebnisseite, das heißt bei der Mehrwertsteuer und/oder beim Gewinn.

 

Gerhard Philipp Süß ist Generalsekretär des Deutschen Segler-Verbandes (DSV).


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