© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/04 30. April 2004

Die Auseinandersetzung verschärft sich
USA: Zahlreiche prominente Frauen unterstützen Forderung nach einem Recht auf Abtreibung
Catherine Owerman

Für ein liberales Abtreibungsrecht sind vergangenen Sonntag Hunderttausende in Washington auf die Straße gegangen. Zwar werden offizielle Zählungen in Washington grundsätzlich nicht veröffentlicht, trotzdem dürften die Veranstalter ihr Ziel, mehr Menschen als bei der letzten Großkundgebung 1992 für ein "Recht auf Abtreibung" auf die Straße zu bringen, verfehlt haben. Zu der als "Marsch für Frauenrechte" deklarierten Veranstaltung hatten ein halbes Dutzend Vereinigungen aufgerufen, darunter die mitgliederstarke American Civil Liberties Union (ACLU), die National Abortion Rights Action League (NARAL) sowie die Feminist Majority.

Zahlreiche Hollywood-Berühmtheiten wie Sharon Stone, Demi Moore, Salma Hayek und Helen Hunt, wie auch die Sängerinnen Christina Aguilera und Pink unterstützten den Frauen-Marsch. Auf Plakaten und Transparenten riefen die Demonstranten zum "Kampf gegen die radikale Rechte" auf. Abtreibung müsse legal bleiben, so die Botschaft der Demonstranten auf Washingtons National Mall.

Zu den prominentesten Teilnehmern des "Marsches für die Frauenrechte" zählte die New Yorker Senatorin Hillary Clinton. Inmitten der Menschenmenge sah man die Ehefrau des früheren US-Präsidenten Bill Clinton lachend neben Vanessa Kerry, der Tochter des aussichtsreichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry. Trotz der Teilnahme der Splittergruppe Republicans for Choice galt die Kundgebung als machtvolle Demonstration der Linken für die Demokraten. Zielscheibe der Kritik war Präsident Bush, der sich klar auf die Seite der Abtreibungsgegner gestellt und die Ziele der "Pro Life"-Bewegung als "noble Sache" bezeichnet hat.

Die schwächer als erwartet besuchte Washingtoner Großdemonstration werteten Beobachter als eine Verschärfung der amerikanischen Auseinandersetzung um die Abtreibung. Jährlich werden in den USA nach Schätzungen über eine Million Kinder abgetrieben. Für den demokratischen Präsidentschaftsbewerber ist das Thema heikel. Zwar gibt es einen harten Kern von Feministinnen, der die Legalisierung der Abtreibung als historischen Fortschritt feiert. Umfragen belegen aber, daß eine Mehrheit der Amerikaner mittlerweile moralische Bedenken gegen eine allzu leichtfertige Tötung ungeborener Kinder haben. Kerry hat daher verkündet, persönlich sei er wohl gegen Abtreibungen, doch müsse man das Recht der Frauen auf ihre Privatsphäre respektieren.

Unterdessen hat die katholische Kirche der USA ihren Oppositionskurs verschärft. Mehrere katholische US-Bischöfe erklärt, künftig Politiker, die eine liberale Abtreibungsregelung unterstützten, nicht mehr am Abendmahl teilnehmen zu lassen. Die Warnung könnte Kerry, der ein Image als praktizierender Katholik pflegt, Stimmen bei den schätzungsweise 60 Millionen katholischen Wählern kosten.


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