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22/04 21. Mai 2004
Zum Tod von Carl Gustaf Ströhm Carl Gustaf Ströhm hat bis zuletzt gearbeitet. Eine schon länger andauernde Krebserkrankung hatte er den Mitarbeitern dieser Zeitung gegenüber nicht erwähnt. Als er vor wenigen Wochen wegen einer erneuten Behandlung ins Krankenhaus mußte, spielte er das ganze als "Hexenschuß" herunter. Er starb am vergangenen Freitag. War er nicht auf Reisen durch die von ihm geliebten Länder Ost- und Mitteleuropas war der Telefonhörer sein wichtigstes Instrument. Deshalb haben wir seine Kolumne "Blick nach Osten", die noch in der letzten Woche pünktlich wie immer von ihm geliefert worden war, mit einem Foto bebildert, auf dem er in ein Telefongespräch vertieft zu sehen ist. Er mochte das Bild nicht: "Da sehe ich ja so alt aus!" schimpfte er ein paarmal. Mit Carl Gustaf Ströhm, der für die JUNGE FREIHEIT bereits nach dem Start als Wochenzeitung 1994 einige Male zur Feder gegriffen hatte, bevor der Springer-Verlag dagegen intervenierte, bestieg im Frühjahr 2000 nach seinem endgültigen Ausscheiden bei der Welt ein journalistisches Schwergewicht den "kleinen Dampfer", wie Ströhm die JF liebevoll nannte. Er, der vor 1989 unter den Osteuropakorrespondenten als der unbestechlichste galt, wurde wegen seines Realismus hinsichtlich der Zustände im Kommunismus immer wieder als "Kalter Krieger" gescholten. In einem Gespräch erklärte er jedoch 2000 (JF 11/00): "Ich halte nichts von Verbalattacken und von Journalismus mit Schaum vor dem Mund. Heute bin ich stolz darauf, daß ich in meiner ganzen Osteuropa-Berichterstattung zwar oft attackiert, aber so gut wie niemals dementiert worden bin." Während sich die meisten seiner Zunft vordringlich für die Politik der Groß- und "Supermächte" interessierten, war und blieb Ströhm ein Anwalt der kleinen Völker. Ströhm spürte als einer der ersten die kraftvollen Regungen des osteuropäischen Völkerfrühlings, der zum Erwachen der alten Nationen zwischen Baltikum und Balkan führte. Die JUNGE FREIHEIT verliert mit Carl Gustaf Ströhm einen Wächter des gediegenen, gebildeten Auslandsjournalismus. Seine Anregungen haben die JF mehr geprägt, als ihm vielleicht bewußt war. Seinen Lieblingssatz zum Abschied werde ich nun nie mehr hören: "Na, dann machen wir wie gewohnt weiter im Texte."
PS: Unanständig verhält sich der Springer-Verlag selbst Angesichts des Todes eines seiner größten Journalisten. Das Springer-Archiv lehnte es gegenüber Ströhms Sohn ab, Bilder des Vaters aus der Springer-Zeit an die JF zu geben - und zwar "aus ideologischen Gründen". Wie tief ist doch dieser Verlag seit dem Tode des großen Verlegers gesunken. Weitere Beiträge zum Tod von Carl Gustaf Ströhm lesen Sie auf den Seiten 8 und 9. |