© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de
22/04 21. Mai 2004
"Farce" Der Historiker Michael Wolffsohn muß möglicherweise mit Konsequenzen rechnen, nachdem er Folter gegen Terroristen befürwortet hatte. Teile der SPD-Bundestagsfraktion verlangten von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD), Wolffsohn, der an der Bundeswehr-Universität München Geschichte lehrt, zu entlassen. Struck distanzierte sich aufs schärfste von Wolffsohn und ließ ihn für Dienstag einbestellen. Wolffsohn hatte am 5. Mai in der TV-Sendung "Maischberger" wörtlich gesagt: "Als eines der Mittel gegen Terroristen halte ich Folter oder die Androhung von Folter für legitim." Was danach folgte, erinnerte stark an den "Fall Hohmann". Neben den üblichen Verdächtigen aus den Reihen der rot-grünen Regierung meldeten sich auch gehorsame Unions-Christen zu Wort. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer hatte am Tag nach der Sendung an Struck geschrieben. Er wolle wissen, "ob Ansichten dieser Art zum Lehrinhalt an Universitäten der Bundeswehr oder sonstigen Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr zählen". Zuspruch erhielt Wolffsohn von Martin Hohmann. Der aus der CDU/CSU-Fraktion ausgeschlossene Bundestagsabgeordnete nahm den Historiker öffentlich in Schutz. Unabhängig davon, daß er Wolffsohns Äußerung über Folter als legitimes Mittel im Kampf gegen den Terrorismus für verfehlt halte, fordere er alle "politisch korrekten Tugend- und Meinungswächter auf: Geben Sie Gedankenfreiheit und machen Sie den herrschaftsfreien Diskurs nicht zur Farce", so Hohmann. Das Verteidigungsministerium prüft derweil weiter mögliche disziplinarrechtliche Konsequenzen für den nicht verbeamteten Professor. Eine erste Prüfung hatte ergeben, daß es keine rechtliche Handhabe gegen den Historiker gibt. Die Union wolle erst nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags in dieser Woche eine abschließende Bewertung vornehmen, berichtete der Spiegel. Der CDU-Experte Karl Lamers schloß sich nach diesen Angaben nicht den Forderungen von SPD-, Grünen- und FDP-Politikern nach Rücktritt oder Entlassung des Historikers an. Er habe aber eine "klare innere und äußere Distanzierung" Wolffsohns von der "unerträglichen und unakzeptablen" Aussage gefordert. Auf Unterstützung aus den eigenen Reihen darf Wolffsohn auch nicht hoffen. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat seine Äußerungen zu Folter als "unerträglich" zurückgewiesen. HRK-Präsident Peter Gaehtgens erklärte, er distanziere sich "in aller erforderlichen Deutlichkeit" von Wolffsohns Äußerung und der ihr zugrunde liegenden Überzeugung. "Sie widerspricht unseren fundamentalen Vorstellungen von Menschenrechten und damit elementaren Grundprinzipien unserer gesellschaftlichen Ordnung." |