© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/04 11. Juni 2004

PRO&CONTRA
Ölgeschäfte in Euro abwickeln?
Harry Zingel / Harry Zingel

Die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens faktu-
rieren ihre Geschäfte in Dollar, was heißt, daß der US-Dollar die Weltleitwährung ist - und dazu erst durch das Öl wird. Das aber ist für die Staaten des nahen und mittleren Ostens eine Demütigung, denn es ist bekannt, daß die Amerikaner in diesen Staaten nicht gerade sehr beliebt sind, aber dennoch zahlen sie mit der Währung ihres ärgsten Feindes.

Es liegt für die muslimischen Staaten daher nahe, Amerika durch den Umstieg auf eine andere Währung zu strafen, und da bietet sich der Euro als neue Weltwährung geradezu an. Das würde bei der derzeitigen Entwicklung des Euro/Dollar-Verhältnisses nämlich einen mehr oder weniger drastischen Anstieg des Ölpreises in den USA bedeuten - wo die Menschen beiweitem nicht so benzinpreisgeduldig sind wie der schlafmützige Michel. Wer erst die Leitwährung kaufen muß, um Öl zu kaufen, hat das Wechselkursrisiko - so steht Europa auch in dieser Hinsicht unter amerikanischer Vormundschaft. Es wundert nicht, daß Umstiegsversuche auf den Euro schon gemacht wurden - aber mit unterschiedlichem Erfolg: So ist bekannt, daß Saddam Hussein, der 1980 mit seinem Angriff auf den Iran den ersten Golfkrieg auslöste, 2002 und 2003 mit der Euro-Fakturierung begonnen hatte, was Washington nicht amüsierte. Auch Syrien werden solche Versuche nachgesagt, wie übrigens auch dem Iran, was möglicherweise ein Grund dafür ist, daß auch diesen Ländern derzeit immer wieder von den Amerikanern mit Krieg gedroht wird. Gibt es hier einen verborgenen Zusammenhang?

Wenn ja, können wir eine Lehre aus der Leitwährungsdebatte ziehen: Feuerkraft sichert den Wechselkursvorteil. Wer Kernwaffen besitzt, der hat auch die Leitwährung. Die US-Armee ist damit eigentlich eine Einkaufsmacht mit point-and-click-interface...

 

Harry Zingel ist selbständiger Dozent und Berater und veröffentlichte zahlreiche Beiträge zum Thema auf www.bwl-bote.de .

 

 

Der Vorschlag, den Ölpreis an andere Währungen als den Dollar zu koppeln, ist über die Jahre hinaus schon öfter gemacht worden: und zwar von Erdölexportländern wie Libyen, Iran, Irak oder Rußland. Er wurde aber nie durchgesetzt. Man darf sich den Ölmarkt nicht so vorstellen, als wäre dort eine "Weltölbehörde" tätig, die so etwas festlegt. Diese Zahlungsbedingungen bilden sich im Markt genauso wie die Höhe des Preises. Der Vorteil für Europäer wäre sicherlich, daß sie dann nur noch ein Risiko hätten: nämlich das Risiko des Preises. Das Währungsrisiko würde so entfallen. Zur Zeit ist es so, daß die Importländer schlecht aussehen, wenn der Ölpreis und der Dollarkurs hoch sind, für die Exportländer ist es nicht gut, wenn beides niedrig ist. In der Vergangenheit haben sich beide Preise auf die unterschiedlichste Art entwickelt.

Wir hier in Europa haben bislang Glück gehabt, daß der Ölpreis an den Dollar gekoppelt war. Wir haben 2003 den Preisanstieg des Ölpreises sehr spät mitbekommen, da der Euro sehr erstarkte. Dementsprechend haben die deutschen Autofahrer erst sehr viel später den erhöhten Kraftstoffpreis zahlen müssen, weil der Dollar schwach geworden ist. Zur Zeit gibt es uns doch einen Vorteil, daß Öl in Dollar gehandelt wird!

Es gibt nun einige Leute, die sagen, daß, gerade weil die Ölförderländer mit ihren Öldollars nicht mehr so viele Waren aus Nicht-US-Dollar-Währungsländern kaufen können, sie dafür gesorgt haben, daß der Ölpreis klettert, damit mit den zusätzlich erworbenen Dollars wie bisher Waren importiert werden können. Das ist reine Spekulation.

Ein Forderung zu erheben, daß nun alles weltweit in einer Währung geschehen solle, ist vom Marktgeschehen wahrscheinlich nicht getragen und ist auch in der Vergangenheit trotz einiger Versuche, die Exportländer gemacht haben, gescheitert.

 

Dr. Karl-Heinz Schult-Bornemann ist Pressesprecher der Exxon Mobil Central Europe Holding GmbH.


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