© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/04 11. Juni 2004

Meldungen

BdV: Traditionspflege statt Revanchestrategien

BONN. Die wiedergewählte Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach (CDU) scheint in den Augen ihrer zahlreichen Kritiker immer mehr die Züge einer dämonischen Machiavellistin anzunehmen. Die im Juli angesetzte Gedenkfeier für die Opfer des Warschauer Aufstandes von 1944 muß dabei als perfider Schachzug ihrer Geschichtspolitik erscheinen und hat schon die üblichen Reflexe ausgelöst. Sollte sie sich von dieser Ehrung der "anderen Seite" mehr Unterstützung, gar aus polnischen Reihen, für ihr Zentrum gegen Vertreibungen versprechen, würde dies jedoch nur von unbegreiflicher Naivität zeugen. Daß zumindest Steinbachs Gegner ihr solche Blauäugigkeit nicht unterstellen, dokumentiert der jüngste Einbruch in die Bonner BdV-Geschäftsstelle (Deutscher Ostdienst/DOD, Nr. 5/04). Die Täter hofften dort offenbar an "Geheimdokumente" über "revanchistische" Strategien zu kommen und hinterließen einen infantilen Aufruf zur Solidarität mit "polnischen Nachbarinnen und Nachbarn". Was den BdV tatsächlich umtreibt, ist aber nicht "Verschlußsachen", sondern allmonatlich dem DOD zu entnehmen und läuft auf Traditionspflege hinaus. Eine dafür wichtige institutionelle Absicherung ist, wie Reinhold Werner schildert, an der Universität Augsburg geschaffen worden. Die 1988 gegründete Arbeitsstelle zur Erforschung von Geschichte und Kultur der Bukowina ist dieser Hochschule als Bukowina-Institut angegliedert worden.

 

Tagung über eine Pseudowissenschaft

BERLIN. Unter internationaler Beteiligung habe das Leipziger Simon-Dubnow-Institut Anfang des Jahres den Versuch unternommen, die gemeinhin als "Pseudowissenschaft" abgetane "Judenforschung" im Dritten Reich zu thematisieren. Wie Miriam Rürup in ihrem Tagungsbericht bilanziert (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 4/04), offenbarte die Vielzahl der Vorträge noch "vorhandene Schwierigkeiten", sich dieses Forschungsgebiet zu erschließen. So sei die Veranstaltung nur Anfangspunkt wissenschaftshistorischer Auseinandersetzung mit dem Thema. Zu den von Rürup exponierten Vorträgen zählt der von Michael Brenner über Wandlungen der "Judenforschung" nach 1945. Obwohl dies auch vor 1933 der Fall war, wies er auf das Phänomen hin, daß die NS-Judenforschung in der BRD sich zu einer "Forschung von Juden" wandelte. "Arische" Historiker, die Geschichte und Kultur des Judentums zwischen 1933 und 1945 thematisiert hätten, entschieden sich für einen "Themenwechsel", der ihnen leicht fiel, weil die Trennung von Politik und Wissenschaft zu ihrem Selbstverständnis gehörte.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen