© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/04 23. Juli / 30. Juli 2004

PRO&CONTRA
Eigenheimzulage vollkommen streichen?
Franz-Georg Rips / Dirk Wohltorf

Wir halten die Entscheidung der Bundesregierung, die Eigenheimzulage zu streichen, für richtig. Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert dies schon seit Jahren, und zwar aus mehreren Gründen:

Die Abschaffung ist überfällig, um Milliarden Euro jährlich einzusparen, die zur Konsolidierung des Haushalts beitragen, die Innovationsoffensive stützen können, teilweise auch für Städtebauförderung bzw. Maßnahmen zur Strukturverbesserung in Städten einzusetzen sind.

Die bisherige Förderung des selbst genutzten Eigentums ist wohnungspolitisch falsch, weil sie die Stadtflucht und die Zersiedelung der Landschaft fördert. Sie ist ökologisch unvernünftig, weil sie zusätzlichen Individualverkehr generiert und zum Flächenfraß beiträgt.

Die Eigenheimzulage ist ökonomisch unvertretbar, weil ein derartiger Subventionsbrocken von rund elf Milliarden Euro im Jahr nicht mehr in die heutige Zeit paßt.Die Eigenheimzulage ist sozial ungerecht, weil von ihr erhebliche Mitnahmeeffekte ausgehen.

Die Subvention Eigenheimzulage ist arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv zur notwendigen Mobilität.

Der Staat muß den Verbraucher selbst entscheiden lassen, ob er zur Miete, im Eigentum oder im genossenschaftlichen Wohnungsbau leben will. Die Streichung der Eigenheimzulage wird nunmehr seit mehr als zwei Jahren diskutiert und ist schon mehrfach beschlossen worden. Letztlich scheiterte die Abschaffung der Milliarden-Subvention immer wieder am Bundesrat bzw. im Vermittlungsausschuß. Deshalb muß die Politik jetzt den Mut und die Kraft aufbringen, ihre richtige Entscheidung durchzusetzen. Sie muß sich dem Druck der mächtigen Lobbyisten aus Bausparkassen und Bauwirtschaft entziehen und tatsächlich aus der Förderung des selbst genutzten Wohneigentums aussteigen.

 

Dr. Franz-Georg Rips ist Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB) in Berlin.

 

 

Der Verband Deutscher Makler (VDM) hat die Forderung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Eigenheimzulage abzuschaffen, als Enttäuschung für Häuslebauer und die Wohnungswirtschaft gewertet. Wer wenige Monate nach Inkrafttreten der neuen Eigenheimzulage ihre komplette Abschaffung verlangt, hat nicht verstanden, daß Bürger und Wirtschaft vor allem Vertrauen und Verläßlichkeit brauchen. Mit einer solchen Regierungserklärung sorgt der Kanzler höchstpersönlich für Investitionszurückhaltung und Unsicherheit in der Wirtschaft.

Es ist kurzsichtig und prozyklisch, sich wie der Bundeskanzler jetzt für eine generelle Abschaffung der Eigenheimförderung einzusetzen. Bereits heute kommen deutlich weniger Wohnungen auf den Markt, als benötigt werden. Der Staat sorgt bereits heute für die Wohnraumverknappung von morgen. Engpässe werden dann wieder nur mit milliardenschweren Steuergeschenken zu beheben sein. Das ist schädlich für die Wohnungswirtschaft und fiskalpolitisch unsinnig. Bereits heute bemerken Mieter in vielen großen deutschen Städten einen Anstieg der Mieten und eine Verknappung von bezahlbarem Wohnraum. Der Verband Deutscher Makler fordert von der Regierung eine vorausschauende Wohnungspolitik in Deutschland zugunsten von Mietern und Eigentümern. Eine scheibchenweise Abschaffung der Eigenheimzulage in Salamitaktik ist Bauherren und Wohnungsverkäufern nicht mehr zu vermitteln.

Ein neuerrichtetes Einfamilienhaus bringt dem Staat doppelt so viel wie die öffentliche Hand für die Eigenheimzulage ausgibt. Jder Euro, den Vater Staat in Form der Eigenheimförderung ausgibt, spült zwei Euro zurück in die Staatskasse. Bereits zum Jahreswechsel 2003/2004 ist die Eigenheimzulage um etwa 30 Prozent gekürzt worden. Alt- und Neubauten werden seither in gleicher Höhe gefördert.

 

Dirk Wohltorf ist Landesvorsitzender des Verbandes Deutscher Makler (VDM) in Berlin.


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