© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/04 06. August 2004

Die Verschiedenheit anerkennen
Kritik an den Auswüchsen des Feminismus: Der Vatikan betont die Unterschiede zwischen Mann und Frau
Richard Stoltz

Das Sendschreiben des Vatikans an die Bischöfe vorige Woche über den Feminismus hat in Berlin bei FDP und Grünen die zu erwartenden "empörten" Politikerinnen-Reaktionen ausgelöst. Man sprach von "vorsintflutlich", "illiberal", "neuem Mittelalter" und "Vormoderne". Bestimmte Leute können eben nicht anders reagieren als die berühmten Pawlowschen Hunde. Dabei hat der Vatikan in dem von dem deutschen Kurienkardinal Joseph Ratzinger verfaßten 37seitigen Schreiben pure Selbstverständlichkeiten vorgetragen: daß Mann und Frau nach dem Willen der Schöpfung nun einmal verschieden seien und daß man darauf im gesellschaftlichen Leben wie in der Politik Rücksicht nehmen müsse.

Auch an dem Hinweis in dem Sendschreiben, daß den Frauen von Natur aus eine besondere Hinneigung zu Caritas und Mitmenschlichkeit verliehen sei, die es für Familie und Gesellschaft zu nützen gelte, ist nichts auszusetzen. Caritas und Mitmenschlichkeit: das sind doch Auszeichnungen! Nur verstockteste Ideologinnen können in ihrer Erwähnung einen "hinterhältigen Versuch" sehen, die Frauen von ihrer "Selbstverwirklichung" abzuhalten.

Priesterinnen, darauf beharrt der Vatikan, wird es im Katholizismus auch in Zukunft nicht geben. Hier drückt sich ein Jahrtausende alter Rationalismus aus, der davon ausgeht, daß die Verkündigung des Credos, welches ja ein für allemal festgelegt ist, typisch männlicher Lehrhaftigkeit bedarf, um rein zu bleiben. Weibliche Intuition und Gefühligkeit störten da bloß.

Darüber kann man natürlich diskutieren. Im Auge behalten sollte man dabei aber, daß gerade die katholische Kirche, scharf im Gegensatz zu Buddhismus, Islam und auch christlichem Protestantismus, der Frau, von Maria bis zu den großen Mystikerinnen, eine ganz eminente Rolle im Heilsprozeß und in der Heiligenverehrung einräumt, die den Verzicht aufs Priestertum allemal kompensiert. Auch hier gilt: Jeder nach seinem natürlichen Vermögen, weil nur so die volle Glaubensgestalt Kontur gewinnen kann. Diese Sichtweise ist sehr aktuell. Von "Vormoderne" keine Spur.


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