© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/04 10. September 2004

Frisch gepresst

Europas Peripheren. Jenseits der Weichsel herrscht ein anderes Europaverständnis als in "Kern- europa" um Maastricht herum. Das hätte man sich beinahe denken können. Gleichwohl war ein deutsche und ostmitteleuropäische Europa-Pläne des 19. und 20. Jahrhunderts vergleichendes Forschungsprogramm erforderlich, um dieses Resultat auch empirisch zu belegen. Quasi als Nebenprodukt dieses Projekts widmet jetzt das zum fünften Mal erscheinende, unter Federführung des Historikers Heinz Duchhardt herausgegebene "Jahrbuch für Europäische Geschichte" (Oldenbourg Verlag, München 2004, 265 Seiten, broschiert, 34,80 Euro) sein Schwerpunktthema der Suche nach dem "Europagedanken an der europäischen Peripherie". Dazu schildern Historiker aus Portugal, Schottland, Dänemark, Rußland und Bulgarien die jeweilige "Europadiskurse" in ihren Ländern, die mitunter - ausgenommen Schottland - arg beschönigend ausfallen. Außerhalb des Schwerpunkts ist Ina Ulrikes Pauls Analyse der Zeitschrift Paneuropa von 1924 bis 1938 ideologiegeschichtlich interessant.

Bombenkrieg. Im Zuge der sechzigsten Jahrestage bombardierter Städte in Deutschland und vor allem der vor zwei Jahren durch Jörg Friedrichs "Der Brand" losgetretenen Debatte über den Bombenkrieg wollte auch der Historiker Rolf-Dieter Müller vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt nicht abseits stehen. Sein Buch - so wird großspurig angemerkt - stehe auf "Grundlage neuester Forschungsergebnisse" und gehe "über eine vordergründige Täter-Opfer-Debatte hinaus". Allerdings wird diesem Anspruch nicht ansatzweise entsprochen. Allein der Aufbau des Buches, welches ohnehin als Begleitwerk einer ARD-Fernsehproduktion populärwissenschaftlich angelegt ist, bemüht sich erst gar nicht, wissenschaftlich zu argumentieren, sondern unterfüttert argumentativ die Kausalkette zwischen "deutscher Aggression" und alliiertem "Gegenschlag", um den "zahllosen ausschnittsweisen Darstellungen einzelner Städte", die nur den "Blick verengen", etwas entgegenzusetzen. So geht in diesem Durcheinander von allgemeinem Luftkrieg, Rüstungsbombardements und "moral bombing" die verbrecherische Dimension des gezielten Krieges gegen die Zivilbevölkerung völlig verloren (Der Bombenkrieg 1939-1945. Ch. Links Verlag, Berlin 2004, 271 Seiten, gebunden, 24,90 Euro).


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