© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/04 01. Oktober 2004

Leserbriefe

Zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg

Überwunden geglaubt

Wieder einmal haben rechte Parteien den Einzug in Landtage geschafft. Diesmal allerdings könnte es - besonders in Sachsen - anders sein als früher mit den Republikanern. Es scheint, als würde sich hier mit der NPD eine Art Nationalproletariat den Weg nach oben bahnen. Archaisch im Denken, oftmals martialisch und antibürgerlich im Auftreten, besonders radikal in den Forderungen. Das Establishment sieht sich mit Forderungen und Denkstrukturen konfrontiert, die man zivilisatorisch eigentlich für überwunden glaubte. Und die letzten Überreste konnte man bisher dank des prosperierenden Sozialstaates unter Kontrolle halten. Letzteres geht nun nicht mehr. Bislang galt bei den Medien und den etablierten Parteien immer: Ausgrenzen und ignorieren.

Warum wird eigentlich die direkte Auseinandersetzung mit Vertretern rechter Parteien bei Wahlsendungen und Podiumsdiskussionen immer so krampfhaft vermieden? Glaubt man, mit den eigenen, besseren Argumenten vor den Rechten doch irgendwie alt auszusehen? Man sollte daran denken: Parteien, die ausgegrenzt werden, sind besonders für die Wähler interessant, die sich selbst auch ausgegrenzt fühlen. Natürlich wird nicht jeder Wähler durch Argumente zu überzeugen sein. Aber auch einfache Menschen haben ein Gespür für Fairneß. Und wenn zum Beispiel die DVU, obgleich im Landtag ja bereits vertreten, zu Wahlsendungen nicht eingeladen wird, erscheint das unfair und ungerecht. Demokraten sollten die Diskussion mit Extremisten nicht scheuen, das sind sie sich im Grunde schon selbst schuldig.

Markus Seebass, Berlin

 

 

Zu: "Seien Sie bitte still" von Marcus Schmidt, JF 40/04

Ungezogenes Benehmen

Ich bin beileibe kein Anhänger oder Freund der NPD oder DVU, aber das Benehmen der ARD-Reporter gegenüber den Vertretern dieser beiden Parteien ist ein Skandal. In einer Demokratie haben die Medien die Aufgabe, von Wahlen zu berichten, nicht Vertreter gewählter Parteien fertigzumachen. Mit dem rüpelhaften, ungezogenen Benehmen der beiden Reporter erreicht die ARD doch genau das Gegenteil: Die Bevölkerung empört sich über die etablierten Systeme, und NPD und DVU gewinnen neue Sympathisanten. Eine offizielle Entschuldigung der ARD wäre angebracht.

Gerhard Stoeckl, per E-Post

 

Auseinandersetzung mit Worten

Man kann von der NPD halten, was man will. Sie ist nicht verboten, erhielt einen Auftrag von fast jedem zehnten Wähler. An den erging die Botschaft: Und wählst du nicht, wen ich will/Machen wir deinen Gewählten still. Das Wahlrecht hat doch den Sinn, die politische Auseinandersetzung mit Worten im Frieden und nicht mit Waffen zu führen. Dann muß aber auch ein derartiger Kommentar ertragen werden. Wenn man in einer Demokratie jeden Gegner, der einem nicht paßt, mundtot zu machen sucht, gibt es am Ende nur noch eine Partei. Wozu benötigt man dann noch mehrere? Das war wieder einmal ein Lehrstück über das deutsche Verständnis von Demokratie.

Simon Aumeier, Weiden

 

 

Zu: "Lonsdale statt Loden" von Peter Freitag, JF 39/04

Keine Alternative

Für einen klassischen Rechten und/oder einen National-Konservativen kann und wird die NPD keine Alternative sein. Da stört doch vehement der sozialistische und nationalbolschwistische Gestus sowie die - vorsichtig gesagt - distanzierte Haltung zum Christentum und eine völkisch verengte Weltanschauung, um das gröbste zu skizzieren. Von ideologischen Wurzeln ganz zu schweigen. Andererseits wirft der Erfolg der NPD in einer gewissen Rammbockfunktion einige Fragen auf.

In welchem Zusammenhang stehen schwindende Identitäten und orientierungslose Massen? Ist die Globalisierung unabwendbares Schicksal? Ist die EU nur das Menetekel zur "one world"? Und muß die soziale Frage nicht in Kombination zur Nation und dem Verhältnis zu ihr beantwortet werden? Diese Fragen werden jedoch von konservativer Seite nicht beantwortet, geschweige denn gestellt (JF ist eine der wenigen Ausnahmen). Statt dessen tragen einem liberale Politiker wie Merkel und Co. unentwegt nervende Rechenschiebereien vor und verlieren sich in Konturlosigkeit und Kleinkram. Von politischer Gestaltung sind die liberalen Langweiler weiter entfernt denn je. Gesellschaftspolitisch beliebig. Wirtschaftspolitisch öde. Außenpolitisch hörig. So könnte man die derzeitige Lage der Union zugegeben überspitzt beschreiben - positive Ausnahmen wie Schönbohm oder Gauweiler ausgenommen.

Fabian J. Flecken, Per E-Post

 

Unsachliche Bewertung

Mit Enttäuschung muß ich mit ansehen, wie ein um Seriosität bemühtes Blatt wie die JUNGE FREIHEIT mit klischeebehafteten Beiträgen aufwartet. Die NPD wird als eine Partei der Versager dargestellt, die aus einer Irrationalität heraus die bewährte Bundesrepublik zerstören wolle. Fehlende Bekenntnisse zum Grundgesetz, welches nie vom deutschen Volk bestätigt worden ist, und zum Parlamentarismus werden bemängelt. Da frage ich mich, ob unter einer NPD-Regierung ein Zustand der Rechtlosigkeit eintreten würde. Mitnichten, denn andernfalls wäre die NPD schon längst verboten worden. Vielmehr vermute ich, daß die JUNGE FREIHEIT den Blick über den Tellerrand scheut. Wenn man schön in nationalliberalen beziehungsweise rechtskonservativen Kreisen verharrt, muß man sich nicht die Mühe machen, über eine Alternative zur althergebrachten Bundesrepublik nachzudenken. Die Ernsthaftigkeit einer Alternative durch die NPD wird in Frage gestellt.

Den Vorwurf einer DDR-Affinität muß ich abweisen, denn die NPD hat sich schon seit je her gegen die lebenswidrige Ideologie des Kommunismus ausgesprochen. Jeder zur Einsicht gekommene, einstige SED/PDS-Postkommunist, der im Nationalismus den Weg zur Durchsetzung der Interessen des deutschen Volkes erkannt hat, kann sich gern der nationalen Fundamentalopposition anschließen, doch sicherlich leistet die NPD nicht der Stereotype vom totalitären Sozialismus von links und rechts Vorschub.

Nico Ernst, Köln

 

 

Zu: "Unserer Stärken besinnen" von Jörg Fischer, JF 39/04

Nicht berechenbar

Kaum sind drei Jahre nach der niederschmetternden Pisa-Studie vergangen, da erfolgt die nächste Katastrophenmeldung der OECD-Studie, die unsere Republik erschüttert und die Kultus- und Bildungsminister zu kopflosen und ideologischen Schnellschußlösungen veranlaßt. Nun ist Andreas Schleicher, der verantwortliche Koordinator dieser Studie, Mathematiker. Seine Welt ist die Welt der Zahlen. Was für ihn Bildung ist, drückt er nach seiner Profession in Zahlen, Mengen, Zahlenvergleichen aus. Er zählt Schüler und Lehrer, vergleicht deren Verhältnis mit dem in anderen Ländern, rechnet aus, welche Geldbeträge jeweils pro Schüler in den einzelnen Jahrgangsstufen aufgebracht werden; das heißt Bildung ist demnach etwas, was sich zählen, errechnen und in Euro ausdrücken läßt. Doch dagegen muß gesagt werden, daß Bildung nicht das Ergebnis einer Rechenaufgabe ist. Was Bildung inhaltlich ausmacht, ist allerdings in wenigen Worten nicht zu bestimmen, hat aber eher mit der Kategorie "Qualität" zu tun als mit "Quantität". Wenn man dennoch eine kurze Definition wagen will, dann besteht Bildung in der Fähigkeit, Unwesentliches vom Wesentlichen unterscheiden zu können und dieses ernst zu nehmen - und das läßt sich nicht wie eine mathematische Aufgabe errechnen. 

Heribert Schürmann, Homberg-Hülsa

 

 

Zu: "Sittsam, aber nicht verhüllt" von Robert Braun, JF 39/04

Schönheitsfehler

Den Hinweis auf eine mögliche andere Lesart und Interpretation des Koran durch sprachwissenschaftliche Untersuchungen - hier am Beispiel der sogenannten Kopftuch-Sure - haben wir mit Interesse gelesen. Das Forschungsergebnis Christoph Luxenbergs scheint auf handfester Historie zu ruhen. Der Artikel enthält aus unserer Sicht allerdings einen "Schönheitsfehler", dessen Ursache nicht klar erkennbar ist. Nach der uns vorliegenden Ausgabe des "Qur-An" (1. Auflage von 1954, Arabisch-Deutsch, Herausgegeben von der Ahmadiyya-Mission des Islam, Zürich und Hamburg) kann für das sogenante Kopftuch-Gebot nur die Sure 24 Vers 32 herhalten, der sich an die gläubigen Frauen richtet. Vers 31, der im Artikel ausschließlich genannt wird, wendet sich hingegen an die gläubigen Männer.

Zur Ahmadiyya-Bewegung des Islam: Die Sozialwissenschaftlerin Hiltrud Schröter hat nachgewiesen, daß diese in Deutschland als gemeinnützig anerkannte, wohlhabende religiöse Vereinigung das Ziel verfolge, eine islamische Weltordnung zu errichten und Deutschland in einen islamischen Staat zu verwandeln.

Theo und Barbara Hirschboeck, Lübeck

 

 

Zu "Ende der Illusionen" von Doris Neujahr, JF 39/04

Polen geholfen

Daß 60 Jahre nach Kriegsende Polen die Bundesrepublik erneut mit Kriegsentschädigungen in Milliardenhöhe gängelt und provoziert, ist sehr enttäuschend. Wir haben den Polen immerhin enorme Hilfe beim Beitritt in die EU geleistet und außerdem haben die Polen 1953 auf Entschädigungszahlen ausdrücklich verzichtet. Zudem hat die deutsche Regierung direkt nach dem Krieg umgerechnet mehr als sechs Milliarden Euro an Polen gezahlt. Die Frage stellt sich, wieviel Geld wirklich die Opfer erreicht hat und nicht in sozialistischen Kanälen versickert ist, man kennt das ja leider schon von der Entwicklungshilfe. Die polnische Nation versprüht eine ganze Menge Selbstvertrauen, genauso sollte eigentlich auch die deutsche Seite über diesen Vorteil verfügen - natürlich im Interesse ehrlicher gegenseitiger Aussöhnung. Jetzt alles gegeneinander aufzuwiegen, ist eigentlich genau der falsche Weg.

Sven Ericksen, Delmenhorst

 

Freie Entscheidung

Die juristische Nichtigkeitsargumentation hinsichtlich der Sejm-Resolution vom 10. September 2004 zu Reparationsforderungen an Deutschland krankt daran, daß frühere polnische Reparationsverzichtserklärungen, insbesondere die vom 23. August 1953, von nicht demokratisch legitimierten Regierungen abgegeben worden waren. Diesmal geht es jedoch um die freie Entscheidung eines frei gewählten polnischen Parlaments, die zu respektieren ist, auch wenn sie deutsche EU-Euphoriker als Schlag ins Gesicht empfinden. Immerhin bietet die Resolution, worauf Doris Neujahr in ihrer gelungenen Situationsanalyse hinweist, einen Ausgangspunkt und eine Chance, um das deutsch-polnische Verhältnis endlich auf eine solide, realistische und auch juristisch saubere Grundlage zu stellen. Statt zu jammern oder sich zu empören, sollte die Bundesregierung daher so rasch wie möglich Strategien für entsprechende Verhandlungen mit Polen entwickeln.

Wenn die Resolution nicht ein lächerliches, unwürdiges Manöver gewesen sein soll, möge die polnische Seite nun umfassend und abschließend ihre berechtigten Forderungen spezifizieren und beziffern. Deutscherseits wäre dasselbe hinsichtlich der verlorenen Ostgebiete zu tun. Danach wird man weitersehen. Auf jeden Fall muß die Begleichung polnischer (Rest-)Forderungen mit den Restitutionsansprüchen der völkerrechtswidrig Vertriebenen verknüpft werden.

Im übrigen sollten unsere neuen polnischen EU-Partner einmal näher erläutern, warum sie Reparationsforderungen nicht auch an ihren großen östlichen Nachbarn richten, der ihnen, zumindest was Gebietsverluste anbelangt, größere Schäden zugefügt hat als Deutschland.

Dieter J. Perthes, Neuwied-Rodenbach

 

Erfrischender Beschluß

Ich empfinde den Sejm-Beschluß, mit welchem Deutschland abenteuerliche Reparationsforderungen angedroht werden, als geradezu erfrischend. Durch dieses Votum wird das von Regierung und Opposition geknüpfte Lügengewebe über die ach so unproblematischen, ja geradezu herrlichen deutsch-polnischen Beziehungen mit einem Schlag zerrissen. Konsequenzen im Sinne einer realistischen, auch deutsche Interessen berücksichtigenden Politik gegenüber Polen sind allerdings weder von der Regierung Schröder noch von einer Regierung Merkel zu erwarten.

Albrecht Meyer, Koblenz

 

 

Zu: "Geschichtenerzähler aus der zweiten Reihe" von Horst Boog, JF 40/04

Kein Terrorangriff

Ergänzend möchte ich bemerken, daß deutsche Sturzkampfflugzeuge den Vormittag des 1. September 1939 weitgehend wegen Bodennebels am Boden bleiben mußten. Ich beziehe mich dabei auf Cajus Bekker: "Angriffshöhe 4000. Ein Kriegstagebuch der deutschen Luftwaffe, München 1978." Da die Fieger von den vorwärtsstürmenden Einheiten nicht angefordert wurden, suchten sie sich ihre Ziele selber. So auch die I. Gruppe des Stukageschwaders 76, die am Morgen Wielun angriff. Die kleine Stadt gehörte zur grenznahen Verteidigungsstellung und war damit taktisches Angriffsziel der Luftwaffe. Im Laufe des ersten Kriegstages rückten hierher polnische Einheiten vor, um dem deutschen XIV. Armeekorps in die linke Flanke zu fallen. Um diese Gefahr abzuwenden, kam es mittags zu "Stuka"-Angriffen auf polnische Truppen in und um Wielun. Um 12:50 Uhr starteten 30 Maschinen vom Typ Ju 87 B des Lehrgeschwaders 2 und flogen nach Osten. Sie entdeckten eine polnische Kavalleriekolonne auf der Straße nach Wielun und griffen diese an. Außerdem wurde ein großes Gehöft entdeckt, das offenbar als Gefechtsstand diente. Auch dieses Ziel wurde angegriffen. Am selben Nachittag griffen weitere Flugzeuge an. Als dann immer noch Truppen bei Wielun festgestellt wurden, erhielt eine weitere Kampfgruppe den Befehl, dieses Ziel nochmals zu bekämpfen. Im Laufe weniger Stunden warfen 90 Flugzeuge ihre Bomben auf die eng zusammengedrängte polnische Kavalleriebrigade. Danach hatte diese Truppe aufgehört, eine kampfkräftige Einheit zu bilden. Am Abend fiel Wielun in deutsche Hand. Für die Behauptung, bei diesen Einsätzen handele es sich um Terrorangriffe auf die Zivilbevölkerung, gibt es nicht den geringsten Hinweis.

Olaf Haselhorst, Hamburg

 

 

Zu: "Eine seltsame Heldenverehrung" von Claus-M. Wolfschlag, JF 37/04

Schutz vor Franzosen

Deutsche Zivilisten ermordeten amerikanische Flieger in Rüsselsheim. Zu diesen Fällen nahm der Völkerrechtler Prof. Erich Schwinge in seinem Buch "Verfälschung und Wahrheit" Stellung. Er bezeichnete die von den Amerikanern später gefällten Todesurteile als ungerechtfertigt. Die Erbitterung der Zivilbevölkerung war verständlich nach jahrelangen völkerrechtswidrigen Terrorangriffen und Tieffliegerbeschuß. Während des Krieges bombardierten die Anglo-Amerikaner ebenfalls französische Wohngebiete, so daß die Wut der Zivilisten so groß war, daß nur durch deutsche Soldaten die gefangenen alliierten Piloten vor französischer Lynchjustiz bewahrt werden konnten.

Friedrich K. Pohl, Lüneburg

 

 

Zu: "Ungeliebte Heimkehrer" von Kurt Zach, JF 37/04

Um die Jugend kümmern

Die berüchtigte Aussiedler-Kriminalität gibt es leider wirklich. Sie ist aber nicht höher als der Bundesdurchschnitt. Irrtümlicherweise werden aber alle Russischsprachigen aus Osteuropa als Aussiedler bezeichnet. Ich mußte beispielsweise schon mal im Gefängnis Bielefeld-Ummeln dolmetschen, in dem die zweite Sprache Russisch ist. Bei den betreffenden Personen handelte es sich allerdings nicht um Rußlanddeutsche, sondern um Georgier und Armenier. Der größte Teil der rußlanddeutschen Jugendlichen, die drogensüchtig und kriminell sind, wird es hier in Deutschland, weil man sich um diese Neulinge kaum kümmert. Laut Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft haben Aussiedler in den Jahren 1997 bis 2000 den Sozialkassen von Bund, Ländern und Gemeinden einen Überschuß von 103,4 Milliarden Mark eingebracht. Doch dieses Geld wurde nicht für die Integration von Aussiedlern verwendet. Statt sich mit der Jugend zu beschäftigen, werden die Akademiker unter den Aussiedlern als Krankenpfleger ausgebildet und ergänzen die größte Putzkolonne Deutschlands. Bei den Integrationsmitteln werden Aussiedler, Ausländer und Kontingentflüchtlinge alle in einen Topf geworfen. Die Verteilung der Mittel läuft nicht nach Leistung, sondern nach politischen Gesichtspunkten.

Franz Harder, Leopoldshöhe


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