© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/04 15. Oktober 2004

Meldungen

Dumpfes Rätselraten über das Ressentiment

STUTTGART. Allen Beiträgern ermöglicht das neue Merkur-Heft (10/04) zum Thema "Ressentiment" endlich einmal, mit der ganzen Pracht ihres "vorurteilsfreien" kritischen Bewußtseins zu glänzen. Mehr als den treuherzigen Rat, daß der moderne Nordatlantiker Ressentiments meiden solle wie Pickel, bieten die Aufsätze in ihrer Summe allerdings nicht. Das gilt für abgestandene, diesmal anti-islamistisch verpackte Warnungen, ja keinen "Ressentiments gegen den Westen" zu erliegen. Als ob sich irgendein Abendländer wirklich, wie der Autor nicht müde wird zu unterstellen, nach der "Glaubensgewißheit der Muslime" und ihrem "geschlossenen Weltbild" sehnte. Ähnlich altbackene Einsichten über das Vorurteil des "Antisemitismus in der islamischen Welt" vermittelt gleichzeitig der Verfassungsschützer Armin Pfahl- Traughber in den Blättern für deutsche und internationale Politik (10/04). Doch auch Autoren, denen ein größeres intellektuelles Potential zugetraut wird, wie der Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht, scheinen mit der Thematik überfordert. Angetreten, endlich das Geheimnis zu lüften, das den sagenhaften Judenhaß des Prosaisten Louis-Ferdinand Céline erklären könnte, bleiben Gumbrechts Deutungen irgendwo zwischen "Zwangsvorstellungen kleinbürgerlicher Reinlichkeit" und "Selbstinfektion" auf der Strecke - und der Leser mit ihnen.

 

Kulturwerbung mit neudeutschen Tönen

BERLIN. Martin Kotthaus sieht genauso aus, wie man sich einen Verkäufer in gehobenen Regionen vorstellt. Tatsächlich war er Pressesprecher bei Gruner+Jahr, bevor er im 2003 im Auswärtigen Amt die Leitung des neugegründeten Referats "Deutschlandbild im Ausland" übernahm und seitdem zuständig ist für die "Marke Deutschland". Auf diesem Posten möchte Kotthaus gern das "in den fünfziger und sechziger Jahren stehengebliebene Deutschlandbild des Auslands" revolutionieren. Um etwa bei den Briten nicht länger mit Wirtschaft und Wissenschaft identifiziert zu werden, möchte er für kulturelle "Auffrischung" dieser Stereotypen sorgen. Darum hat Kotthaus die Musikgruppen Kraftwerk, Scorpions, Seeed oder Scooter ins Auge gefaßt, die ideale Kulturbotschafter des Landes seien. Schließlich höre man diese Variante der "deutschen Stimme" selbst auf Tobago oder in Angola.


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