© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/04 29. Oktober 2004

Leserbriefe

Zu: "Untergang des Abendlandes" von Karlheinz Weissmann, JF 44/04

Mangelnder Respekt

Da echauffieren sich die Sozialisten im Europaparlament über die Religionszugehörigkeit Rocco Buttigliones, und die Spitzenkandidatin der FDP bei der Europawahl meint eine mangelnde Übereinstimmung des designierten EU-Kommissars mit angeblich geltendem EU-Recht und -Normen zu erkennen. Bevor man sich jedoch so abwertend verhält, sollte auch einmal in Betracht gezogen werden, was Buttiglione denn so Schlimmes von sich gegeben hat.

Er sagte, daß er Homosexualität für eine Sünde halte. In einem solchen Standpunkt eine mangelnde Übereinstimmung mit Grundwerten der EU festzustellen, erfordert schon eine sehr blühende Phantasie. Buttiglione folgt im Grunde lediglich den Ansichten der Kirche, der er angehört. Er äußerte sich nicht dergestalt, daß er Homosexuelle für ihre Lebensweise verachte und sie mit allen Mitteln bekämpfen wolle. Er hat mit der so oft zitierten Aussage lediglich seine persönliche Meinung wiedergegeben. Deswegen ist es mir auch nicht verständlich, weshalb diese Worte bei zahlreichen Zeitgenossen auf einen solchen Widerstand stoßen.

Homosexuelle kämpfen doch auch für eine rechtliche Gleichstellung ihrer Lebensformen und äußern sich im Zuge dessen ablehnend gegenüber eher traditionsverhafteten Positionen. Wieso ist es ihnen und ihren Sympathisanten dann nicht möglich, Zeitgenossen, die diese Gleichstellung beziehungsweise Gleichberechtigung verhindern wollen oder auch für falsch erachten, den nötigen Respekt entgegenzubringen?

Tobias Körfer, e-post

 

 

Zu: "Erstreikte Entlassungen" von Bernd-Thomas Ramb, JF 44/04

Falsche Reaktion

Folgende Fragen sollten sich die Bochumer "Opelianer" stellen: Ist es wirklich das richtige Signal in Richtung der Zentrale von General Motors, wenn ausgerechnet die Arbeiter des unproduktivsten europäischen Opel-Werks - das ja genau aus diesen Gründen zur Diskussion steht - ihre Arbeit niederlegen? Wäre eine "Jetzt erst recht fleißiger arbeiten"-Reaktion auf die drohenden Entlassungen nicht die klügere Antwort gewesen? Warum lassen sich die Streikenden von Gewerkschafts-Bossen fernsteuern, die durch falsche Entscheidungen im Opel-Aufsichtsrat für die jetzige Situation mitverantwortlich waren? Warum verwehren viele polnische Opel-Mitarbeiter den Bochumern ihre Solidarität? Doch nicht etwa, weil sie effizienter und produktiver als ihre deutschen Kollegen arbeiten - und das für ein Fünftel ihres Gehalts? Aufwachen, Leute!

Stefan Herre, Köln

 

 

Zu: "Die Union wird gesprengt" von Doris Neujahr, JF 41/04

Zentrifugale Kräfte

Die nicht zu überwindenden Schwierigkeiten bei einem Beitritt der Türkei zur EU liegen im islamischen und christlichen Denken, wobei ersteres zur Zeit expansiv ist. Die Reformen Atatürks hin zu einer westlichen Annäherung können nie den religiösen Widerstreit zwischen Muslimen und Christen beseitigen. Völker können ihre gewachsenen Kulturen nicht aufgeben.

Auch würden nach einem Beitritt die zentrifugalen Kräfte infolge der zahlreichen neuen asiatischen Außengrenzen und damit erheblicher veränderter Interessenlagen so zunehmen, daß ein Auseinanderfallen der noch lange nicht gefestigten EU vorprogrammiert ist.

Karl-Wilhelm Schulz, Berlin

 

Kulturelle Unterschiede

Unbedarfte Kommissare in Brüssel erdreisten sich, Europas Zukunft zu zerstören. Die Türkei kann und wird nie ein europäischer Staat werden, zu unterschiedlich sind da die beiden Kulturen. Während Europa vom Christentum geprägt ist, dessen zentrales Anliegen die Nächstenliebe bis hin zur Feindesliebe ist, wird der Islam vom Koran geprägt, in dem zum Töten der Andersgläubigen, vor allem der Christen und Juden aufgerufen wird.

Auch der sogenannte Ehrenmord, die Unterdrückung von Minderheiten und die Gewalt gegen Frauen werden von den Europäern niemals akzeptiert werden. Ganz zu schweigen von der Übernahme von 70 Millionen Menschen, die dann überwiegend auf Kosten unserer Sozialsysteme leben würden. Damit wäre Europa auch wirtschaftlich total überfordert und würde selbst zum Armenhaus werden.

Herbert Gaiser, per E-post

 

Gebilde mit Eigenleben

Zu Recht bewegt ein mögliches-EU-Mitglied Türkei die deutschen Gemüter. Trotzdem sollten die Deutschen ihr Augenmerk vorrangig nach Brüssel richten. Denn dort ist - mittels unseres Geldes - ein Mammutgebilde herangewuchert, das das dringendste Problem der Europäer darstellen dürfte. Und zwar auch hinsichtlich der Türkei. Kann man dieses Monstrum noch als ein Instrument der Europäer betrachten, das ihnen hilft, ihre gemeinsamen Belange zu wahren und zu vertreten? Oder hat das Gebilde inzwischen ein Eigenleben entwickelt, dem Belange der Europäer sogar lästig sein könnten? Da die EU von immer mehr Besitz ergreift, wird es für die Europäer höchste Zeit, sich zu fragen, was sie an Gemeinsamkeiten bündeln wollen. Und auch: Wer sie denn sind. Vielleicht sollten sie sich dazu an de Gaulles Europa der Vaterländer erinnern.

Guther Albers, Hamburg

 

 

Zu: Die impotente Opposition" von Doris Neujahr, JF 43/04

Europa der Vaterländer

Nun ist Angela Merkel schon wieder zurückgerudert und hat von einer Unterschriftenaktion gegen den Beitritt der Türkei Abstand genommen. Mit Merkel wird die CDU und Deutschland keine Chance haben, sich vom rot-grünen Ballast zu befreien.

In Frankreich sollen 75 Prozent der Bevölkerung gegen den Türkei-Beitritt sein, darunter viele Politiker. Das könnte doch für eine Unterschriftenkampagne bei uns Rückenwind bedeuten, die aber nicht als parteipolitische Aktion aufgezogen sein darf. Jeder Deutsche muß sie unterstützen können, egal welcher Partei er angehört. Es geht doch einzig darum: Wenn Schröder und Fischer die Meinung sehr vieler Deutscher mißachten, dann müssen diese Deutschen eine Möglichkeit haben, ihren Willen öffentlich zu bekunden, und das geht dann nur über eine unabhängige Unterschriftenaktion.

Jörg Miketta, Westerland

 

 

Zu: "Merkels Irrweg" von Jörg Fischer, JF 43/04

Fehlender Wille zur Macht

Der derzeitige Streit innerhalb der CDU/ CSU ist eine einzige Blamage für die "christlich sozialen" Schwesterparteien. Momentan kann man sich wirklich nicht des Eindrucks erwehren - daß die zwei Parteien mit dem C im Wahljahr 2006 die Regierungsmacht gar nicht übernehmen wollen. Schade, daß nicht Leute wie die absolut fähige Vera Lengsfeld in der Partei mehr Einfluß und Machtbefugnisse haben. Daß die derzeitigen CDU/CSU-Führungen sich orientierungslos und kopflos attackieren, wundert einen auf der anderen Seite wiederum nicht, haben sie doch schon beide in der Hohmann-Affäre hoffnungslos versagt.

Die konservativen Elemente sind aus diesen Parteien - bis auf wenige Ausnahmen - entfernt worden. Als Alternative für nicht vorhandene bürgerliche Parteien sind sie im derzeitigen Zustand für die konservative Klientel nicht wählbar. Da traue ich doch eher den vereinten Rechtsextremen (NPD/DVU) den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zu, oder es läuft 2006 auf eine große Koalition in Berlin hinaus.

Denn welcher Wähler will einer so zerstrittenen Partei seine Stimme geben? Aber vielleicht wollen CDU/CSU auch warten, bis Rot-Grün Deutschland komplett an die Wand gefahren hat, und sich dann als honorige Retter präsentieren.

Sven Ericksen, Delmenhorst

 

 

Zu "Fischers Schlepperbande" von Kurt Zach, JF 43/04

Seit Jahren bekannt

Der Artikel hat mir als Beamten beim Bundesgrenzschutz aus dem Herzen gesprochen. Mit diesem Problem beschäftigen wir uns in unserer Dienststelle schon seit mindestens vier Jahren. Alle Visumpflichtigen - sogenannten Drittausländer - sind bei einem hinreichenden Verdacht auf den Straftatbestand des Gebrauchs eines erschlichenen Visums einer weitergehenden Einreisekontrolle zu unterziehen. Hier muß insbesondere Reisegrund, Reisedauer, Reiseort sowie finanzielle Ausstattung der Reisenden überprüft werden. Dabei konnte man dann etwa den Touristen, welcher den Eiffelturm in Berlin besuchen wollte, aussuchen, um einmal wieder herzlich zu lachen. Hinzu kommen getürkte Hotelbuchungen oder Vortäuschung von Sportmannschaften. Ich mußte erleben, wie ein Kollege eine ganze Gruppe von Ukrainern mit Musikinstrumenten aus dem Reisebus aussteigen ließ, um zwecks Überprüfung zu einem Platzkonzert am Grenzübergang einzuladen. Deutsche Tank- und Einkaufstouristen waren begeistert.

Der Antrag in der deutschen Botschaft für ein Schengen-Visum umfaßt insgesamt fünf Seiten, diese wurden oftmals lediglich von den Reisenden unterschrieben, der Rest wurde von den sogenannten Reisebüros ausgefüllt. Eine unglaubliche Leichtfertigkeit, so etwas zu akzeptieren. Punkt 18 in diesem Antrag umfaßt die Adresse für den Aufenthalt im Schengen-Gebiet, 90 Prozent der Reisenden waren nicht in der Lage, diese bei der Einreisebefragung anzugeben.

Weiterhin kommt dazu, daß von der deutschen Botschaft in Kiew Touristenvisa ausgestellt wurden, obwohl bei den vorgelegten Reiseunterlagen dieser ukrainische Staatsbürger sich diese Reise niemals finanziell hätte leisten können. Alle diese beschriebenen Vorgänge müssen beanzeigt und im nachhinnein bearbeitet werden. Das heißt also, für seine eigentliche Arbeit steht der Beamte nicht zur Verfügung, höherwertige Straftaten wie der für die Staatskasse schädliche Schmuggel von Zigaretten, die Ausfuhr von Diebesgut, hier besonders Kraftfahrzeuge in das osteuropäische Ausland, können nicht verfolgt werden.

Ist dieser für Deutschland unheiligen Regierungskoalition nichts mehr heilig, nicht einmal die Erhaltung der deutschen Nation? Ist dieser unheiligen Koalition überhaupt bewußt, welcher finanzielle Schaden zu Lasten der Steuerzahler durch diese Handlungsweise des Auswärtigen Amtes verursacht wird? Hat das Bundespresseamt es nicht nötig, auf eine bereits in der Vergangenheit durch den Autor veranlaßte Anfrage zu antworten? Können grüne und rote Politiker nicht wirtschaftlich und sicherheitspolitisch denken?

Abschließend: Als Beamter der Bundesrepublik Deutschland habe ich mich loyal zu verhalten. Der derzeitigen Politik muß ich absprechen, überhaupt im Sinne der Bundesrepublik Deutschland zu handeln. Mein Vertrauen in die Regierung ist nachhaltig gestört.

Otto Stache, per e-post

 

 

Zum Pro & Contra "Wehrpflichtige bei der Polizei?", JF 43/04

Kostengünstige Sicherheit

Eine hervorragende Idee, Wehrpflichtigen einen Dienst bei der Polizei als weitere Alternative anzubieten. Diesen Vorschlag als absurd zu bezeichnen, kann nur von einem typischen Beamten in höherer Position kommen. Lieber in der warmen Amtsstube über zu wenig Geld jammern, als sich einmal Gedanken über mehr kostengünstige Sicherheit für den Staat zu machen. Bei der Bundeswehr werden seit Jahrzehnten Wehrpflichtige in vielen Bereichen ausgebildet, und für einige wurde daraus der Beruf des Lebens. Wehrpflicht bei der Polizei abzudienen, kann nur positiver sein als das Nichtstun.

Wehrpflichtige bei der Polizei könnten im Außendienst die Steifenwagenbesatzungen und die "Cops" durch bloße Anwesenheit unterstützen. Wehrpflichtige sind oft in handwerklichen Berufen ausgebildet und könnten somit in vielen Einrichtungen der Polizei von Nutzen sein. 

Klaus Brödner, Bremen

 

 

Zu "Alte Mythen und neue Gefahr" von Bernd Rabehl, JF 43/04

Abwärtsspirale

Der Nährboden, auf dem Rabehl seine Lageanalyse ausbreitet, ist die volkswirtschaftliche Ignoranz der Eliten beziehungsweise ihre neoliberale Ausrichtung an Banken und Finanzen. Das führt zwangsläufig in die Abwärtsspirale Brüningscher Wirtschaftspolitik.

Dafür benötigt man dann die sogenannte "Neue Rechte". Die Eliten sind in Wahrheit heilfroh, daß NPD und DVU den Sprung in ostdeutsche Landtage geschafft haben. Eine Wahlalternative, die keine politische Alternative ist, wird das Herrschafts- und Deutungsmonopol der fünf Parteien nicht antasten. Gegebenenfalls hilft das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf das SRP-Urteil, wenn die Wahlarithmetik 2006 nicht stimmen sollte.

Andreas Jordan, per e-post

 

 

Zu "Bis daß die Wahl sie scheidet" von Peter Freitag, JF 43/04

Gemäßigte Partei

Zuerst einmal danke für die Berichte in der JUNGEN FREIHEIT über die programmatischen Unterschiede von DVU und NPD und die anderen Probleme, langfristig ein stabiles Bündnis zustande zu bringen.

Und wenn es nach dem Willen vieler nationaler Deutscher geht, sollten sich auch die rechtskonservativen Republikaner an diesem Bündnis beteiligen - obwohl deren Programm sich noch deutlicher von dem der NPD unterscheidet. Ein Aspekt: Wie sollen die Republikaner ihre Ablehnung gegenüber jeglichem Extremismus glaubwürdig vertreten, wenn sie mit der wirklich extremen NPD, die wiederum mit wirklichen Neonazis kooperiert, direkt zusammenarbeiten? Unmöglich!

Sprung zur Bundestagswahl 2006: Der Traum etlicher Deutscher geht in Erfüllung, und eine betont nationalbewußte Partei, in diesem Falle das rechtsradikale "NPD/DVU-Bündnis", zieht mit sechs Prozent ins Parlament ein. Zweifellos die stärkste Ohrfeige für alle etablierten Parteien und deren "Europa zuerst"- und "Multikulti - koste es, was es wolle"-Politik. Inwieweit kann sie sich aber an den Problemlösungen im Bundestag beteiligen? Nur sehr eingeschränkt und indirekt. Weil sie zu radikal ist, wird keine der üblichen Parteien mit ihr koalieren. Wenn sie also auch nur teilweise ihr Programm aktiv umsetzen will, ist sie auf eine eigene absolute Mehrheit angewiesen - und das ist ausgeschlossen.

Will man aber patriotische Politik umgesetzt sehen, sollte man eine gemäßigt rechte Partei (etwa die Republikaner) wählen, weil bei denen erstens das Wählerpotential weit größer ist und zweitens es nicht ausgeschlossen ist, daß zumindest eine große Partei sich irgendwann öffnet beziehungsweise öffnen muß. Das Motto aller deutschen Patrioten sollte daher lauten: Lieber eine rechtskonservative Partei im Bundestag mit der mittel- bis langfristigen Perspektive einer Regierungsbeteiligung als eine nationalistische Partei, die auf ewig nur Oppositionskraft sein wird!

Karsten Zemke, Berlin

 

 

Zu: "Klasse statt Masse" von Jörg Fischer, JF 44/04

Ferngesteuerter Schnellzug

Die EU-Kommission verklagt Deutschland, weil das VW-Gesetz den "freien Kapitalverkehr" behindert. Einen Schutz vor feindlichen Übernahmen soll es nach dem Willen der Brüsseler Globalisierer nichtgeben. VW könnte also in naher Zukunft das Schicksal von Mannesmann und anderen deutschen Traditionsunternehmen erleiden. Nationale Lebensinteressen und soziale Rücksichten werden weltweit immer brutaler dem liberalen Götzen "freier Kapitalverkehr" geopfert. Mutterkonzerne in den USA entscheiden dann - wie jetzt bei Opel - über Wohl und Wehe Zehntausender deutscher Arbeiter und ihrer Familien. Sie gefährden aber auch die Existenz Hunderter mittelständischer Zulieferbetriebe. Internationale Finanzgruppen befinden, wer sterben muß und wer überleben darf. Soziale Marktwirtschaft? Das war einmal. Vielleicht begreifen unsere Politiker und ihre Medienhelfer jetzt, was Globalisierung in letzter Konsequenz bedeutet. Bis vor kurzem begrüßten sie den vermeintlichen Fort- schritt, da auch heimische Firmen von der Entwicklung profitierten. Nun droht ganz Deutschland zum Globalisierungsopfer zu werden. Man hat sich in einen ferngesteuerten Schnellzug gesetzt, ohne Fahrpreis und Richtung zu kennen. Heute beklagt man, daß die Notbremse fehlt und andere die Weichen stellen. Unsere Volksvertreter hätten dem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren niemals zustimmen dürfen. Für Korrekturen scheint es zu spät. Ob sich die verlorene Selbstbestimmung über unsere Volkswirtschaft und unsere sozialen Standards durch einen radikalen Systemwechsel wiedergewinnen läßt - darüber wird man ab sofort nachdenken müssen.

Herbert Rauter, Karlsruhe


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