© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/04 05. November 2004

Leserbriefe

Zu: "Untergang des Abendlandes" von Karlheinz Weißmann, JF 44/04

Aufgeklärtes Säkulum

Das Abendland wird nicht gleich untergehen, weil ein Italiener in Brüssel so unklug war, vorkonziliare, papistische Positionen in die Öffentlichkeit hinauszuposaunen. Ein "Si tacuisses" wäre hier viel angebrachter gewesen, nicht nur des aufgeklärten Säkulums wegen, in dem wir leben, sondern auch in Sicht auf die höchst unterschiedliche Bewertung sexueller Neigungen und familiärer Sitten in der antiken Welt und der nachfolgenden christlichen Ära. Die Moderne ist insofern auf paradoxe Weise dem platonischen Eros, also den Ursprüngen Europas näher, als man denkt. Und dann auch noch ausgerechnet mit dem geschichtsphilosophischen Schwergewicht Oswald Spengler titeln, der zu Weibspersonen ein eher distanziertes Verhältnis besaß, scheint mir kühn. Sei's drum, solange das Abendland nur in Journalen für gebildete Stände immer wieder mal erstirbt, zeigt es sich doch als recht resistent gegen alle Untergänge seit dem trojanischen Krieg.

Helmut Englmann, Johannesburg

 

Diskriminierung

So weit sind wir in Europa also schon gekommen: Der Glaube an einen Gott, wie im Fall des designierten EU-Justizkommissars Rocco Buttiglione, wird zum Hindernis für eine politische Laufbahn. Gibt es noch eine unerträglichere Form der gesellschaftlichen Diskriminierung? Die vielbeschworene europäische Toleranz gilt anscheinend nur dann, wenn sie zugunsten der Sozialisten, Liberalen, Grünen und Vereinigten Linken ausgelegt werden kann. 

Stefan Herre, Köln

 

Bedenkenlos

Es sind neben den geistigen Fundamenten der EU auch die materiellen, die von der erfolgten und geplanten Erweiterungen in jeder Weise überfordert werden. Und das wird von Politikern betrieben, die - so kann man es leider nur sehen - gewissen- und bedenkenlos das christliche Abendland zerstören und Länder wie das unsere in ein wirtschaftliches Chaos stürzen werden - soziale Unruhen eingeschlossen.

Deutschland soll 2013 mehr als 16 Milliarden Euro an die EU zahlen. Die Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer wird Deutschland in den nächsten zehn Jahren zwei Millionen Arbeitsplätze kosten. Karstadt, Opel und etliche mehr schaffen schon gegenwärtig viel Freude durch mehr Freizeit durch den Verlust an Arbeitsplätzen. Wir wollen aber nicht mehr Freizeit, sondern mehr Arbeit in unserem Land. Aber woher soll die kommen? Etwa von Schröder und Fischer oder der EU?

Freimut Morgenstern, Marienheide

 

 

Zu: "Kein Erinnerungsort nirgends" von Thorsten Hinz, JF 44/04

Zweierlei Maß

Der Beitrag von Thorsten Hinz macht eines sehr deutlich: Bei der Aufarbeitung der Geschichte der letzten 80 Jahre wird immer noch mit zweierlei Maß gemessen: Verbrechen, die von Deutschen verübt wurden, werden angeprangert und verurteilt, die der Siegermächte und der nichtdeutschen Bevölkerung an den Deutschen in ehemals besetzten Gebieten werden unter den Tisch gekehrt. Ja, im Falle Tschechiens sind die Verbrechen noch heute durch die Unrechtsdekrete von Benes gesetzlich gerechtfertigt. Es muß aber überall in der zivilvierten Welt, die in das gemeinsame Haus Europa gehören will, gelten, daß Verbrechen Verbrechen bleiben und jeder Mord auch ein Mord ist. Ich erinnere mich dabei an die Worte eines Vertreters der tschechischen Kirche, Monsignore Bohumil Stsek, Domherr von Vysehrad, der anläßlich der Vertreibung der Sudetendeutschen sein "christliches Bild" sehr deutlich formuliert hat: "Nach tausend Jahren ist die Zeit gekommen, die Rechnung mit den Deutschen zu begleichen, die böse sind und für die das Gebot der Nächstenliebe deshalb nicht gilt." Für uns alle als Demokraten muß dagegen gelten, Versöhnung ist immer ein Werk von Opfern und Tätern. Beim Recht darf nicht mit verschiedenen Meßlatten gearbeitet werden, oder wie es Ronald Reagan einmal sagte: "Die ganze Welt weiß alles über die Verbrechen der Deutschen, aber nichts über die Verbrechen an den Deutschen."

Claus Hörrmann, Neustadt

 

 

Zu: "Die vergessenen Gedenktage" von Dieter Stein, JF 44/04

Stigmatisierung

Aller Opfer zu gedenken, ist eine menschliche Selbstverständlichkeit. Aller! Eine Stigmatisierung unseres Volkes bis in das Ende seiner Geschichte hinein ist nicht hinnehmbar. Und darum erhebt sich die Frage nach dem Wie des Gedenkens. Zu dieser Frage gehört auch, wie aller Opfer in angemessener Form gedacht wird. Nicht nur Nemmersdorf ist ein beschämendes Beispiel dafür, wie in menschliches Leid verachtender Weise Gedanken und Trauer in wertende Klassen eingeteilt sind, wobei die Opfer von Nemmersdorf völlig vergessen sind. Die Geschichte der Deutschen ist nicht nur entstellt, sie ist uns geraubt worden, indem man den Deutschen unterschlug, was auch viele ihrer Landsleute an Schrecklichem erleiden mußten.

Weil wir Menschen sind, dürfen und wollen wir nicht aufrechnen. Wir wollen aber, daß aller Opfer gedacht und kein Verbrechen ausgelassen wird. Eine Rechtfertigung von Verbrechen gehört nicht in unsere christlich bestimmte Lebenswelt.

Dieter Pfeiffer, Berlin

 

Wörter als Waffen

Jubiläum bezeichnet eine frohe Feier im Gedenken an etwas Schönes, Gutes. Ich frage mich, wie es die JUNGE FREIHEIT dann für möglich hält, vom "Jubiläumsjahr 2005" zu schreiben, das doch mit Jubel nichts zu tun hat, sondern mit dem Gedenken an eine Zeit, deren einziger Lichtblick für uns darin bestand, daß wir - irrtümlich - glaubten, nun habe mit dem Krieg das Morden ein Ende genommen. Wörter sind Waffen, die sich gegen den wenden können, der sie benutzt. Ich hoffe, daß ich den Ausdruck "Jubiläumsjahr 2005" zum letztenmal in der JF gelesen habe. 

Brigitte Anderson, Brusimpiano, Italien

 

 

Zu: "Das System Merkel wankt" von Paul Rosen, JF 44/04

Bürokratisches Monster

Es ist ein Skandal, daß die CDU-Chefin Merkel mit der Kopfpauschale an einer Position festhält, die in der Bevölkerung und auch bei den CDU-Wählern mehrheitlich auf Ablehnung stößt. Gegen die Kopfpauschale spricht mehreres: Eine Abkopplung der Krankenversicherung vom Arbeitslohn und eine Ankopplung an die private Geldbörse ist ein Systemwechsel. Dieser widerspricht dem Grundgedanken der Sozialversicherung und ist ein Rücksturz in vorindustrielle Zeiten. Das im Gesundheitssystem knappe Geld sollte zur Erbringung medizinischer Leistungen ausgegeben werden und nicht zur Finanzierung eines bürokratischen, Geld verschlingenden Monsters.

Durch das "bürokratische Monster" entstehen nur Arbeitsplätze abseits des industriellen Kerns, in dem die eigentliche Wertschöpfung stattfindet. Die Arbeitsplätze, die so entstehen, sind überflüssig und schädlich und deshalb eine Belastung für die Volkswirtschaft. Durch die Finanzierung des "bürokratischen Monsters" wird Kaufkraft aus dem Wirtschaftskreislauf gezogen, und statt Bürokratieabbau findet ein Bürokratieaufbau statt. Solche Fehlentwicklungen zeugen nicht von wirtschaftlicher Kompetenz. Frau Merkel sollte von der absurden Idee einer Kopfpauschale lassen und einsehen, daß Entscheidungen in den CDU-Gremien auch eine Entsprechung in der Bevölkerung haben müssen. Schließlich ist die CDU weder ein Zentralkomitee noch ein Politbüro, und deshalb findet die Willensbildung in der Partei nicht gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung statt. 

Reinhard Wick, Bielefeld

 

Beigeschmack

Frau Merkel selbst erscheint mir ein Irrweg der CDU zu sein. Die Partei scheint niemanden zu haben, der es besser als Merkel zu machen vermag. Die Kopfpauschale ist ein den Bürgern nicht zu vermittelndes Modell, das sich nicht von dem Beigeschmack sozialer Ungerechtigkeit zu befreien vermag. Da kann Frau Merkel reden, was sie will, dieses Modell kostet die CDU Sympathien in so großem Ausmaß, daß es an Irrsinn grenzt, es beizubehalten - auch wenn es im Kern nicht falsch ist. Eine für die CDU/CSU verlorene Wahl macht alle Absichten und Ideen hinfällig und dürfte Frau Merkel die Partei- und Fraktionsführung kosten.

Irene Doppslaff, Kassel

 

 

Zu: "Die unterschätzte Gefahr" von Peter Freitag, JF 44/04

Willige Heloten

Trotz der geschilderten Gewalttaten und der Aussage des Bundesverfassungsschutzes über die Stoßrichtung des antifaschistischen Kampfes gegen die freiheitlich verfaßte demokratische Gesellschaft sind die Antifaschisten salonfähig.

In den niedersächsischen Landkreisen Verden und Diepholz beispielsweise bilden Lehrer Aktionsgemeinschaften mit der Antifa und lassen Vertreter der kommunistischen VVN/Antifa vor ihren Schülern sprechen. In den Lokalzeitungen ist zu lesen, daß im "Kampf gegen Rechts" jetzt Polizei und Antifa "in einem Boot sitzen". In der rot-grün regierten Kreisstadt Verden hat sich die Antifa in dem mit Steuermitteln in Höhe eines fast sechsstelligen Betrages geförderten Jugendzentrum einquartiert und gibt dies auch offiziell als Internet-Adresse an. Ein Skandal ist es, daß die CDU-Stadtratsfraktion nichts dagegen unternimmt. Kein Wunder, denn von der Bundes-Parteispitze sind diesbezüglich auch keine klaren Worte zu hören. Man gewinnt den Eindruck, daß die Antifaschisten die willigen Heloten der rot-grünen Bundesregierung sind.

Dieter Fricke, Achim

 

 

Zu: "Das perfekte Chaos" von Dieter Stein, JF 43/04

Alte Masche

Bei allen diesen Programmen ist der Zeitfaktor die stützende Säule, um auch offensichtlich falsche, unnötige oder gar schädliche Vorhaben durchzubringen. Da werden Probezeiten angesetzt und Verhandlungen über Jahre hinausgezögert, bis eine Um- oder Abkehr, auch mit dem wirksamen Kostenargument, als unmöglich deklariert wird. Das ist so bei der Rechtschreibreform, dem EU-Beitritt aller möglichen Aspiranten, dem Euro, der EU-Verfassung, der Bundeswehrreform, den Partnerschaftsgesetzen und dem Einwanderungsgesetz. Die Dinge müssen nur eingeleitet und dann lange genug in der Schwebe gehalten oder auch praktiziert werden, um Betroffene und Kosten zu schaffen und damit als unumkehrbar zu gelten. 

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Die impotente Opposition" von Doris Neujahr, JF 43/04

Tragödie

Was war die CDU/CSU für eine große und bedeutende Wählergemeinschaft, staatstragend und zukunftsweisend für das ganze Land. Da galten auch noch Bekenntnisse zum Vaterland. Die Folgen daraus waren auch erkennbar. Alle gesellschaftlichen Gruppierungen profitierten. Was ist nur daraus geworden?

Das demokratische Wechselspiel unter den demokratischen Parteien ist in einem freien Staat etwas ganz Natürliches. Doch gerade in der Oppositionsrolle hat sich die CDU/CSU nicht wieder regenerieren können. Der Zeitpunkt hierfür wäre gut gewesen. Statt dessen ignorierte man national bewußte und konservativ denkende Menschen - unliebsame Abgeordnete wie Martin Hohmann setzte man an die Luft. Welch eine Tragödie. Die CDU/CSU wird das noch bitter bereuen. Schon heute sind gravierende Zerfallserscheinungen unübersehbar.

Wilhelm Hörnicke, Eschborn/Ts.

 

 

Zu: "Vom Bauernkrieg bis zum Atomtod" von Wolfgang Saur, JF 43/04

Leere und Banalität

Die gehaltvollen kunsthistorischen Reflexionen von Wolfgang Saur - zuletzt die über Werner Tübke - verdienen öffentlichen Dank. Daß sie zugleich eine Fundamentalkritik unseres so hektischen wie oberflächlichen Kunstbetriebs beinhalten, ist unvermeidlich. Saur hat recht: Die ständig wiederholte Behauptung von der "absoluten Kunstautonomie" sowie die freiwillig-erzwungene Unterwerfung unter permanent wechselnde Moden sind ein Widerspruch in sich. Die seit Jahrzehnten hergestellte "Kunst", wie sie sich in Galerien, Museen und auf Kunstmessen präsentiert, gleicht in ihrem Leerlauf dem Hamsterrad und hinsichtlich ihrer unkritischen Bewunderung im linken Feuilleton dem Märchen von des "Kaisers neuen Kleidern". Leider wagen sich bisher nur wenige Kunstkritiker daran, diese Leere und Banalität beim Namen zu nennen. Saur verweist neben der Unfähigkeit (Unwilligkeit?) des Gestaltens, dem Verlust des "Bildes", auf einen weiteren wichtigen Aspekt: den Verlust des Menschlichen, des Humanen in der modernen Kunst. Dessen Ursachen und Folgen zu bedenken ist - zumal für die JF - ein sehr lohnendes Thema.

Dr. Klaus Wippermann, Bonn

 

 

Zu: "Eine Stimme von der Insel" von Thorsten Thaler, JF 41/04

Kontraproduktiv

Die Kritik an Hans-Olaf Henkel wegen einer angeblich späten Reaktion auf die Affäre um Martin Hohmann ist nicht nur nicht berechtigt, sondern geradezu kontraproduktiv, da insbesondere Henkel weitgehend mit Thesen und Grundauffassung wie sie in der JUNGEN FREIHEIT zum Ausdruck kommen übereinstimmt. Die Kritik an Persönlichkeiten wie Herrn Henkel spaltet unnötigerweise das konservativ-liberale Lager. Es ist gerade in dieser Zeit notwendig, die Kräfte zu bündeln statt sie zu spalten.

Darüber hinaus stimmt Henkel im Fall Hohmann inhaltlich mit der Auffassung der JF überein. Das Thema des Buches "Die Kraft des Neubeginns" ist nicht - und das dürfte auch der Autor, wenn er es denn gelesen hat, festgestellt haben - die Angelegenheit Hohmann, wie sie beispielsweise das Anliegen des ausdrücklich diesem Fall gewidmeten Buches "Der Fall Hohmann" von Fritz Schenk ist. "Die Kraft des Neubeginns" widmet sich Themen aus Politik und Wirtschaft, zu denen unter anderem auch der "Fall Hohmann" gehört.

Dieses Buch hätte eine andere Besprechung in der JF verdient. Genau diese kleinliche und in der Sache obendrein verfehlte Kritik ist es, die eine wirkliche Wende in unserem Lande verhindert - Stillstand allerwärts, Kleingeist, Inkompetenz und Verzagtheit sind eine unselige Allianz mit selbstzufriedener Spießigkeit eingegangen. Soeben ist Herr Merz, ebenfalls einer dieser Protagonisten, von seinen Ämtern zurückgetreten, weil er - zu Recht - diese jämmerliche Politik der derzeitigen Führungsriege (auch der CDU) nicht mittragen kann und will. Vielleicht sollte die JF Herrn Henkel einmal zu einem Interview bitten.

Martina Ashrafian, Kiel

 

 

Zu: "Keine Sparschweine" von Jörg Fischer, JF 42/04

Taschengeld

Beamte wurden noch nie nach ihrem Sitzfleisch, sondern stets nach ihrem durch Schulbildung, Studium und Staatsprüfungen nachgewiesenen Wissen und Können bezahlt. Die in ihrer Tätigkeit erbrachte Leistung wurde und wird in dienstlichen Beurteilungen regelmäßig festgestellt. Wenn die Aufsichtsfunktion von Vorgesetzten in den letzten Jahren hier und da etwas lässig gehandhabt wurde, lag das wohl auch daran, daß die angeblich hierarchischen Strukturen einer ständigen Polemik ausgesetzt waren und man sie möglichst abschaffen wollte.

Anschließend neidet der Autor den Beamten, daß sie 50 Prozent ihrer Krankenkosten als Beihilfe erhalten. Er übersieht, daß in der Privatwirtschaft der Unternehmer auch 50 Prozent der Sozialversicherung zu zahlen hat. Der Vorteil für den Staat liegt darin, daß er nur im Krankheitsfalle zu zahlen hat, während der Unternehmer ständig zahlen muß.

Das heißt, das Beihilfesystem ermöglicht dem Staat, das Geschäft der Krankenversicherung selbst zu machen. Und dieses Geschäft kann so schlecht nicht sein, wenn man die Einkommen der Spitzenkräfte dort betrachtet. Dagegen sind die Gehälter von Spitzenbeamten nur ein Taschengeld. Überhaupt ist das Beschäftigungsverhältnis von Beamten ein sehr soziales, das ich gern allen Menschen unseres Landes wünschen würde.

Leider muß man natürlich einsehen, daß Privatfirmen ihren Mitarbeitern nicht die Sicherheit bieten können, die der Staat leisten kann. Deshalb dürfen wir darauf stolz sein, daß wir als erstes Land der Welt ein Sozialversicherungssystem eingeführt haben, das auch den arbeitenden Menschen in der Privatwirtschaft Schutz vor Not bot und bietet.

Gert Wilhelm Seifert, Berlin


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