© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/04 26. November 2004

Meldungen

Enteignungen bremsen "Aufbau Ost"

BORKEN. Am 19. und 20. November fand in Borken der 8. Programm und Strategietag der Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) statt. Die Tagung unter Leitung des Bundesvorsitzenden der ARE, Manfred Graf von Schwerin, widmete sich vorrangig den Themen "Aufbau Ost" und den Enteignungen in der SBZ und der DDR. So stellte Heiko Peters heraus, daß den neuen Ländern der Mittelstand fehlen würde. Das Entstehen dieser wichtigen Schichten sei vor allem durch das Fernhalten der Alteigentümer nach der Wiedervereinigung verhindert worden. In der entscheidenden Kanzleramtssitzung Anfang 1990 sei Helmut Kohl von lediglich 17.000 Restitutionsfällen unterrichtet worden. Tatsächlich geht es jedoch um etwa 2,16 Millionen Fälle, von denen allein ein Drittel die Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949 betreffen. Peters äußerte die Vermutung, daß bei Kenntnis dieser Zahlen Kohl auf eine Rückgabe eingeschwenkt wäre. Stattdessen sei die Rückkehr von investitionswilligen Alteigentümern und damit die Schaffung eines Mittelstandes als Träger des notwendigen Aufschwunges, verhindert worden. Die Folge seien nicht nur wirtschaftliche Probleme, sondern auch entvölkerte Landstriche, da die Jugend in die alten Bundesländer abwandere. Peters unterbreitete als Lösungsvorschlag die Rückgabe der Immobilien, die sich noch in Staatshand befinden und die Stellung von Ersatzgrundstücken. Die zweite Option solle an eine Steuergutschrift gekoppelt werden, wenn in größerem Umfang investiert werde.

 

DDR-Bodenreform vor Gericht

STRASSBURG. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verhandelt am 26. Januar in Sachen "DDR-Enteignungen". Der Prozeßbevollmächtigte der Zwangsenteigneten, Thorsten Purps, führte auf der ARE-Tagung in Borken aus, daß die Treuhandnachfolgerin BVVG noch im Besitz von etwa 200.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzflächen und 100.000 Hektar Wald ist, was einem ungefähren Wert von knapp einer Milliarde Euro entsprechen würde. Diese Immobilien würden teilweise zu 50 Prozent des Verkehrswertes regelrecht "verschleudert." Für die Verhandlung gab Purps eine vorsichtig optimistische Prognose, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bisher zumeist die Rechte der Eigentümer gegenüber staatlichen Eingriffen verteidigt habe.

 

Studie: Heimatlose Gastarbeiterkinder

BERLIN. Viele Nachkommen von Gastarbeitern sind kaum in Deutschland verwurzelt; So das Ergebnis einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), die jetzt veröffentlicht worden ist. Ermittelt wurde das Freizeitverhalten, die Einstellungen zu beruflichem Erfolg und die Möglichkeit politischer Mitbestimmung von rund 12.000 Personen ausländischer Herkunft. Ferner wurde die Verbundenheit mit dem Heimatland, die Sprachkenntnisse und die wahrgenommene Akzeptanz in der Gesellschaft untersucht. Demnach sei die empfundene Verbindung zu Deutschland bei den Kindern trotz besserer Integration nur unwesentlich stärker als noch bei ihren Eltern. Die Studie diagnostiziert eine pessimistische Lebenseinstellung und Selbstzweifel. Am kulturellen Leben würde signifikant weniger teilgenommen als bei gleichaltrigen Deutschen. Die Wissenschaftler warnen vor der Gefahr, diese 1,5 Millionen Menschen zählende Bevölkerungsgruppe als zufriedene und produktive Mitglieder der Gesellschaft in der Bundesrepublik zu verlieren. Zu anderen Ergebnissen kam die Studie bei den deutschen Spätaussiedlern: Sie nehmen ihr Leben demnach mehr in die Hand und sind optimistischer als die nicht-deutsche Einwanderer.


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