© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/04 03. Dezember 2004

CDU/CSU
Neue Patrioten braucht das Land
Andreas Wild

Großes Getöse, kleine Wirkung. Wahrscheinlich überhaupt keine Wirkung. Die vollmundigen Ankündigungen von führenden Unionspolitikern, eine "Debatte über Patriotismus" zu starten, sind jedenfalls mit äußerster Vorsicht zu genießen. Es hat ja schon früher derartige Ankündigungen gegeben, doch der Schuß ging stets nach hinten los. Groß-Politikaufseher von Johannes Rau bis Salomon Korn meldeten regelmäßig Zweifel an der political correctness solcher Debatten an, der Medien-Chor heulte auf und stimmte ein, brachte die üblichen Totschlag-Vokabeln in Stellung, und die leitkulturellen Strategen von der CDU/CSU zogen pflichtgemäß den Schwanz ein und gingen "zur Tagesordnung über". So wird es wohl auch diesmal wieder enden.

Im übrigen: Das Land braucht nicht unbedingt Debatten über Patriotismus, es braucht Patrioten. Es braucht keine Ankündigungen à la Angela Merkel, daß sich die CDU demnächst zur "Partei der deutschen Interessen" erklären werde, es braucht vielmehr deutsche Politiker, die ganz selbstverständlich deutsche Interessen wahrnehmen. Nicht Diskutieren ist erste Politikerpflicht, sondern Handeln.

Wer dauernd pompös ankündigt, daß er über dieses oder jenes diskutieren wolle, setzt sich dem Verdacht aus, daß er gar nicht willens oder fähig ist zu handeln. Auf die "Patriotismus-Diskussion" bezogen: Wer dauernd über Patriotismus diskutieren will, hat vielleicht gar keine patriotische Politik im Auge, hofft statt dessen, daß die "Debatte" die Politik ersetzen werde. Wenn diese Debatte dann (was bisher stets der Fall war) ausgeht wie das Hornberger Schießen, lehnt er sich entspannt zurück in dem satten Bewußtsein, sein Soll an patriotischen Phrasen erfüllt zu haben.

Mittlerweile ist die Lage aber zu ernst, als daß man weiter mit Phrasen darüber hinweggehen kann. Die Belastungen des deutschen Sozialnetzes durch ungebremste Zuwanderung von Armutsflüchtlingen aus Ländern mit völlig gegensätzlichen Kulturen, die unverblümten Kampfansagen islamistischer Haßprediger an die deutsche "Mehrheitsgesellschaft", die Verwandlung islamischer "Parallelgesellschaften" in Ghettos, in die sich die deutsche Polizei nicht mehr hineintraut - all das erfordert nun tatsächlich entschlossenes Handeln ohne Wenn und Aber.

Falls die rot-grüne Koalition in Berlin dem Übel nicht begegnet, es wegen ideologischer Scheuklappen sogar noch vertieft und sich weiter ausbreiten läßt, ist es gewissermaßen die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Opposition, die Dinge knapp und präzise beim Namen zu nennen und unnachsichtlich auf Kurskorrektur zu bestehen. Einzig dies wäre die der Situation angemessene "Debatte".

Sollte die Opposition weiter im alten Trott verharren, immer nur nach Umfragewerten schielen und ansonsten den linken Medien hinterherrennen, schadet sie dem Land. Sie verhält sich dann im genauen Sinne des Wortes unpatriotisch und kann das auch durch salbungsvollste Patriotismus-Debatten nicht aus der Welt schaffen.


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