© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/04 03. Dezember 2004

Nein, das Küssen läßt er sich nicht verbieten
Berlins führender Gigolo: SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit leistet sich eine Peinlichkeit nach der anderen
Thorsten Hinz

Die Schwierigkeiten Berlins sind so groß und vielfältig, daß seine führenden Politiker für nichts anderes Zeit haben dürften als für eiserne Pflichterfüllung. Trotzdem nahm Klaus Wowereit (SPD), formal seit Juni 2001 Regierender Bürgermeister der Stadt, sich fast 20 Minuten, um im Berliner Abgeordnetenhaus den von ihm erzeugten aktuellen Medienschaum zu rechtfertigen.

Konkret ging es um zwei neue Peinlichkeiten, die die Kette seiner Fehltritte fortsetzen: Auf einer Wirtschaftstagung im thailändischen Bangkok war er in der Kampfuniform eines Gigolos - heller Anzug, rosa Krawatte - aufgetreten und hatte mit einer albernen Rede für Befremden gesorgt. Vor den Parlamentariern verteidigte er sich, in Wahrheit sei sein Schlips rot gewesen, und schließlich habe die Zeitschrift Men's Health ihn zum zweitbestangezogenen Mann in der Rubrik "Business" gewählt. Weiterhin ging es um die in Bild dokumentierte, spektakuläre Kußszene mit der RTL-"Dschungelkönigin" Desiree Nick. Wowereit nannte Frau Nick seine "gute Freundin", und außerdem: "Küssen gehört auch zum Regierenden Bürgermeister, und der Regierende Bürgermeister wird sich das Küssen nicht verbieten lassen." Das ist das Niveau, auf dem die Berliner Landespolitik gestaltet und die Hauptstadt zum Gespött gemacht wird!

Der größte Skandal liegt nicht einmal bei Wowereit, der aus seiner Haut nicht heraus kann, sondern bei der SPD, die ihn der Stadt als Bürgermeister aufgedrückt hat. Der Skandal liegt auch bei der CDU, die über keine personelle Alternative zu Wowereit verfügt. Der Skandal ist die politische Klasse der Hauptstadt, die dem Gemeinwesen einen beschränkten Gecken als obersten Repräsentanten zumutet. Sie hat damit jeden Anspruch auf Respekt verloren.


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