© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

Frisch gepresst

Wo ist die Heimat? Mittlerweile ist durch den Exodus der Deutschen aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion diese Gruppe in der Bundesrepublik zu einer der größten Migrationsgruppen erwachsen. Fast zweieinhalb Millionen Spätaussiedler leben heute in der Heimat ihrer Vorfahren, die ihnen vielfach fremd geblieben ist. Obwohl sie anders als alle anderen Migranten - Ausländer oder die aus dem gleichen Raum stammenden jüdischen "Kontingentflüchtlinge" - seit einigen Jahren sogar Sprachtests absolvieren müssen, um nach Deutschland zu kommen, fällt ihre Integration immer schwerer. Die Historikerin Dorothee Wierling beleuchtet anhand einiger Biographien von Rußlanddeutschen die enttäuschten Hoffnungen in ihrer neuen alten Heimat. In der Sowjetunion als Deutsche geächtet, stoßen sie hier auf Unkenntnis ihrer Geschichte und Schicksale und besinnen sich auf Relikte aus ihren Geburtsorten, was wiederum den Eindruck bei den Deutschen zementiert, sie seien "Russen". Insbesondere für die Jüngeren, die zudem oft auch noch russische Wurzeln haben, wird die "Heimatfindung" zur ambivalenten Herausforderung (Heimat finden. Lebenswege von Deutschen, die aus Rußland kommen. Edition Körber Stiftung, Hamburg 2004, 274 Seiten, broschiert, 14 Euro).

Popkultur. Zumindest in den USA, Westeuropa und Japan ist die Kulturindustrie inzwischen zur Schlüsselindustrie geworden. Auch hierzulande wird die im Gegensatz zur Volkskultur bewußt erzeugte und mit gezielten Vermarktungs-strategien umgesetzte Popkultur als Hoffnungsträger für die Wirtschaft gefeiert. Der ehemalige Disney-Konzernmanager, Michael Ovitz, geht sogar so weit, derartige Unternehmen mit Nationalstaaten mit eigenen Kulturen und Industrien zu vergleichen. Der Wiener Christian Sebastian Moser untersucht in seiner Arbeit das zunehmende Verschmelzen von Popkultur und Politik. Unternehmen nutzen demographische Veränderungen: So reagieren die Konzernchefs auf den Umstand, daß die über 50jährigen fast sechzig Prozent des Gesamtvermögens besitzen, mit einer faktischen Abschaffung des Alters. Popkultur wird somit zunehmend gezielt für die als Konsumenten entdeckten Älteren ansprechend gestaltet und der Gegensatz von Jugend- und Erwach-senenkultur verwischt. Als Folge kleiden, fühlen und konsumieren Ältere wie bisher die Jungen (Image und Popkultur. Imagedifferenzen als vorherrschendes Narrativ der Popmusik der 1990er Jahre. Edition Fatal, München 2004, 255 Seiten, broschiert, 21 Euro).

Gelbes Elend. Der bei den Leibhusaren dienende Walter Jürß kommt 1945 aus US-Kriegsgefangenschaft frei und kehrt in seine Vaterstadt Rostock zurück. Von dort gerät er - analog dem "Im Block"-Autor Walter Kempowski - in die Fänge des Sowjetgeheimdienstes und wird zu 25 Jahren Bautzen verurteilt. Ein packendes Stück deutscher Zeitgeschichte (Vogelsang vor den Gittern. Books on demand, Norderstedt 2004, 171 Seiten, broschiert, 10,80 Euro).


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