© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/05 14. Januar 2005

Meldungen

August 1914: Russen im wesentlichen korrekt

BERLIN. Ein Geschichtsbild entfaltet seine "Herrschaftsmacht" erst, wenn es als "gesunkenes Kulturgut" in kleiner Münze umläuft. Wenn etwa die Deutsche Post Sondermarken mit historischen Hausformen auf das Gebiet der heutigen BRD begrenzt. Oder wenn Kanzler Schröder wie selbstverständlich von der deutschen Schuld am Ausbruch zweier Weltkriege schwätzt. Oder wenn ein Rezensent beiläufig bemerkt: Die "Greuel russischer Truppen oder farbiger Kolonialsoldaten ließen sich schwer nachweisen, zumal gerade die Russen sich bei ihrer Invasion Ostpreußens im August 1914 im wesentlichen korrekt benommen hatten". Dies behauptet Eberhard Demm gelegentlich seiner hymnischen Besprechung des in Reemtsmas "Hamburger Edition" publizierten, nur "Wiederbelebte Kriegspropaganda" (so Klaus Wippermann in JF 33/04) bietenden Werkes von John Horne und Alan Kramer über "Deutsche Kriegsgreuel 1914" (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 11/2004). Demm, der sein Forscherleben hauptsächlich Biographie und Werk des Kulturphilosophen Alfred Weber weihte, urteilt in punkto Erster Weltkrieg als Laie. Daß das angeblich "korrekte" Benehmen der zaristischen Armeen binnen drei Wochen 1.600 ostpreußische Zivilisten das Leben kostete, daß von 10.000 Verschleppten die Hälfte nicht zurückkehrte, muß er daher nicht wissen.

 

Unter dem Ballast der Vergangenheit

LÜBECK. Unter ihrem neuen Leiter Christian Pletzing will die in Lübeck residierende Academia Baltica/Akademie im Ostseeraum in diesem Jahr mit dem "Ballast der Geschichte" in einer Weise umgehen, daß er die "Suche nach einer gemeinsamen europäischen Identität" nicht störe. Dabei soll offenbar auch Rußland ins 2004 kräftig nach Osten erweiterte "europäische Haus" aufgenommen werden, da, wie Pletzing im Tagungsheft 2005 einleitet, Europa nicht dauerhaft an Bug und Peipussee enden dürfe. Trotzdem bildet der historische "Ballast" innerhalb der jetzigen EU-Grenzen noch den Schwerpunkt des Programms. So steht für Anfang April eine Veranstaltung über "deutsch-polnische-jüdische Beziehungen" vor 1945 an, und Ende Mai folgt ein "deutsch-lettisches Seminar" über "Lettland unter deutscher Besatzung 1941-1945", das laut Ankündigungstext offenbar dem bundesdeutschen Vergangenheitsdiskurs gehorcht. Die deutsch-polnischen Beziehungen als "Feinde und Partner" in Danzig werden Mitte Juni thematisiert, Anfang September widmet man sich "Juden in Ostpreußen". Im Rückblick auf die diesjährigen Veranstaltungen zu "750 Jahre Königsberg" wird im November unter Einbeziehung der Kaliningrader Gegenwart eine "Bilanz für die Zukunft" gezogen.

 

Der Untergang - Vergessene deutsche Gedenktage 1944/45

Vor sechzig Jahren: Die Vernichtung Magdeburgs

Nach 60 Luftangriffen, davon elf Großangriffen, wurde Magdeburg am 16. und 17. Januar mit einem alliierten Vernichtungsschlag dem Erdboden gleichgemacht. Während die achte US-Luftflotte am 16. die Firma Brabag zum Angriffsschwerpunkt hatte, bombardierte das britische Bombenkommando am Abend gezielt die Altstadt mit über 200.000 Brandbomben, 10.000 Sprengbomben und 3.000 Phos-phorbomben. Über 10.000 Magdeburger fielen dem Terrorangriff zum Opfer. Die Kasernen am Stadtrand blieben unbeschädigt.


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