© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/05 21. Januar 2005

Leserbriefe

Zu: "Der Fall Kardinal Meisner" von Dieter Stein, JF 03/05

Göttliche Werteordnung

Kardinal Meisner hat doch nur die Wahrheit ausgesprochen. Und dies ist seine ureigenste Aufgabe. Denn in allen Fällen ist die Tötung menschlichen Lebens ein Verbrechen, auch bei der Abtreibung. Eine andere Frage ist, ob ein solches Verbrechen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände verzeihbar und schuldmindernd betrachtet werden kann. Aber auf keinen Fall darf man in primitiv-liberalistischer Weise die von Gott gegebene Werteordnung aufzuheben versuchen. 

Herbert Gaiser, München

 

 

Zu: "Der Laue" von Alexander Barti, JF 03/05

Warum Stalin?

Seine Eminenz knickte keineswegs ein, wie Alexander Barti schreibt. Wenn man es genau betrachtet, hat sich der Kardinal nicht entschuldigt. Er hat auch keinen Rückzieher gemacht. Er hat gesagt: "Wenn ich geahnt hätte, daß mein Verweis auf Hitler mißverstanden hätte werden können, hätte ich seine Erwähnung unterlassen. Es tut mir leid, daß es dazu gekommen ist." Er kündigte an, daß er in der Dokumentation der Predigt den Hinweis auf Hitler streichen lassen werde. Und so lautet nun der entsprechende Satz so: "Es ist bezeichnend: Wo der Mensch sich nicht relativieren und eingrenzen läßt, dort verfehlt er sich immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen läßt, dann unter anderem Stalin, der Millionen Menschen vernichten ließ, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht." Verdutzt fragt sich der Leser nun, warum hier Bezug genommen wird auf Stalin, nicht aber auf die Verbrechen Hitlers? Das wäre nun ein Grund für Herrn Spiegel zur Reklamation.

Regina Wilden, Köln

 

 

Zu: "Mythos von der Unschuld an der Eskalation" von Doris Neujahr, JF 02/05

"Moralische Asymmetrie"

Nicht allein der Bürgermeister Warschaus, Kaczynski, oder der gleichnamige Vorsitzende der Partei "Recht und Gerechtigkeit", sondern auch der Staatspräsident und hohe kirchliche Kreise stehen in der Tradition des Macht- und Expansionsstrebens Polens. Das ist wissenswert für EU-Bürger.

Schon im Spätmittelalter blickten Polens Herrscher begehrlich auf Preußen. Danzig wehrte sich mit Erfolg gegen den Appetit der Polen auf die deutsche Hansestadt. Im Juni des Jahres 1919, beim Versailler Friedensdiktat, schlug dann Polens Stunde, vor allem dank der Franzosen. Heute zeigt Polen ungeniert wieder seine "moralische Asymmetrie" bei der millionenfachen Vertreibung der Deutschen. Leider sah das schon nach 1920 nicht anders aus, wie Zahlen belegen: Aus den ohne Volksabstimmung von Westpreußen und Posen abgetrennten Landesteilen, die Polen erhielt, verdrängte man in wenigen Jahren mit rüden Methoden oder ausgeklügelten rechtlichen Schritten (wie Enteignungen, Schulschließungen) die alteingesessenen Deutschen (trotz meist friedlicher Nachbarschaftsverhältnisse zu den Polen) bis hin zu den offenen Verfolgungen.

Bis 1926 sank die Zahl Deutscher von etwa 1,2 Millionen (1910) auf 350.000. Das städtische Deutschtum Westpreußens ging um rund 85 Prozent zurück, wie das Beispiel der großen und ältesten Deutschordensstädte Thorn (92,6 Prozent), Graudenz (89,6 Prozent) und Bromberg (85,2 Prozent) belegt. Die Entfesselung des letzten Weltkriegs hat viele unbeachtete Facetten, eine davon ist der damalige unverantwortliche Umgang mit den Selbstbestimmungsrecht der Deutschen.

Dietmar Neumann, Neu Wulmstorf

 

Souveräner Beitrag

Als in der Sache einigermaßen bewanderten Leser erfüllt mich Doris Neujahrs Beitrag mit Bewunderung. Dank an Autor und Medium für diese journalistische Spitzenleistung! Kein anderes deutschsprachiges Blatt (nicht einmal die Neue Zürcher Zeitung) verfügt derzeit über genügend Souveränität, um den Abdruck eines vergleichbaren Artikels zu diesem Thema - der Rolle Polens vor dem Angriff Deutschlands 1939 - auch nur in Erwägung zu ziehen. Die JF kann sich rühmen, einen der besten deutschen Journalisten als Autor zu haben. Solange Doris Neujahr/Thorsten Hinz bei Ihnen schreibt, sieht man über manche Schwäche der JF hinweg. Halten Sie ihn bei Laune und gewähren Sie ihm jede notwendige Freiheit!

Dieter J. Perthes, Neuwied

 

Sanktionierter Landraub

Lange, viel zu lange hat es gedauert, bis eine Nichtvertriebenen-Zeitung es wagte, nackte Tatsachen auf den Tisch zu legen: Tatsachen, die zur Kenntnis zu nehmen für unsere Politiker heilsam sein könnten. Uns waren sie bekannt, und deshalb ist es unbegreiflich für uns, warum unsere Politiker den "erneuten" Landraub sanktionierten und darüber hinaus auch noch Milliarden über Milliarden an Warschau zahlen konnten für selbst zu verantwortendes Leid. Gelder , die unser Finanzjongleur Eichel heute bitternötig gebrauchen könnte, um die vorgegebenen Maastricht-Kriterien zu erfüllen.

Friedrich Kurreck, Offenbach

 

 

Zu: "Pech für Abzocker" von Paul Rosen, JF 02/05

Unerwähnte Aspekte

Unerwähnt bleibt der Sachverhalt, daß unsere Parlamente seit langem schon zu rund sechzig Prozent von Angehörigen des öffentlichen Dienstes besetzt werden. Legislative und Exekutive sind also weitgehend identisch, die Gewaltenteilung findet nur noch eingeschränkt statt. Wie will man dem begegnen? Unerwähnt bleibt ferner, daß etwa die Hälfte aller Parlamentarier Gewerkschaftsmitglieder sind oder einer Gewerkschaft nahestehen. Hier ist keine Interessenkollision zu vermuten? Unerwähnt bleibt weiterhin die Stärke oder Schwäche unseres Rechtssystems, welches keineswegs rechtliche und "moralische" oder "politisch-moralische" Wertungen unterscheidet.

"Unmoralisch", diese Hilfs- und Ersatzkonstruktion für rufmörderische Attacken, von der Bild-Zeitung mittlerweile erfolgreich noch unter ihr eigenes Niveau gedrückt, heißt ja wohl etwa dasselbe wie sittenwidrig. Das aber ist durchaus ein Rechtsbegriff. Nur, peinlich, im Fall Meyer ist er nicht anwendbar. Wenn die Kategorien des Rechts für eine Verurteilung nichts hergeben, greift man einfach zu denen der "Moral" oder der "politischen Kultur". Da kann sich dann jeder drunter vorstellen, was er mag, und meistens sieht es auch noch gut aus. Als Ersatzlegitimation für eine öffentliche Hinrichtung war es schon immer gut genug. Insofern ist der "Fall" Meyer und anderer eine Lappalie oder nicht einmal das.

Dr. Edgar Wilfried Faust, Idstein

 

 

Zu: "Zum Auslaufmodell degradiert" von Lars Grüning, JF 02/05

Hinkender Vergleich

Beim gegenwärtigen Umfang der Bundeswehr wird nur die "Friedens-Stärke" genannt und diese mit dem "Verteidigungs-Umfang" bis 1989 verglichen - das paßt nicht. Mit der anstehenden Reduzierung im Zuge des "Transformationsprozesses" soll der Umfang des Aufwandes von der "Friedens-" auf die "Verteidigungsstärke" zwar von ca. 320.000 auf ca. 80.000 Mann ungefähr geviertelt werden, aber diesen Aspekt des Aufwandes ignoriert der Autor vollkommen. Der zentrale Satz des Artikels "Die Bundeswehr soll sage und schreibe nur noch über 2.500 Reservisten verfügen" ist deshalb falsch. Die Zahl 2.500 beschreibt die sogenannte Wehrübungsplätze, d.h. die Zahl an Reservisten, die im Durchschnitt täglich wehrüben können. Diese Zahl betrug in 2004 nach 2.300 und die zwei, drei Jahre davor sogar nur 2.100 bzw. noch weniger, so daß sich der Umfang der Wehrübungsmöglichkeit endlich wieder erhöht! Darin ändert auch die beabsichtigte Auflösung der "250 Reservistenverbände" nichts. Deren Personal ist nämlich zum Großteil nicht mehr dienstbereit, was offensichtlich mit der Lage am Arbeitsmarkt zusammenhängt. Man kann davon ausgehen, daß es sogar schwer werden wird, die angepeilten 80.000 Reservistenstellen alle mit definitiv abkömmlichen Reservisten zu besetzen. Fazit: Die Herstellung der Beziehung zwischen Wehrgerechtigkeit und Landesverteidigung und deren kritische Betrachtung ist vollkommen mißlungen. 

Joachim Stickler, Kirchhain

 

Wachbataillon bleibt

Die Gespensterdebatte pro und contra Wehrpflicht ist überflüssig, da es eine solche de facto nicht mehr gibt. Allenfalls könnte man von Wehrglück oder Wehrpech sprechen. Ihren Ausführungen zur Kompetenz selbsternannter Experten ist fast nichts hinzuzufügen. Ein Trost bleibt in jedem Fall: Man wird sich parteiübergreifend darin einig sein, daß es eine Untergrenze der Truppenstärke gibt. Das Wachbataillon muß erhalten bleiben und höchsten internationalen Standards genügen. Wie sollte man sonst Staatsgäste protokollgerecht begrüßen, um uns ihre Forderungen für den heiß ersehnten EU-Beitritt zu präsentieren?

Reinhold Schuy, Bad Nauheim

 

 

"Die Generalprobe einer Landnahme" von Herbert Bath, JF 01/05

Junge Generation heraushalten!

Natürlich ist viel Unrecht geschehen in dieser Zeit, auch ein Gerd Schultze-Rhonhof hat das ja in seinem Buch "1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte" aufgegriffen und thematisiert. Natürlich gehörten Schlesien, Pommern, Westpreußen, Ostpreußen und Posen früher zum deutschen Reich. Sie gehören aber heute nicht mehr dazu und das werden sie auch nie mehr! Was sollten die Deutschen heute auch mit dem ehemaligen Osten anfangen? Wir haben schon große Probleme mit den neuen Ländern. Schon diese kommen nicht auf die Beine, hierbei spielt es für mich keine Rolle, ob die Probleme hausgemacht sind oder nicht.

Eine Eingliederung der Ostgebiete in die Bundesrepublik Deutschland ist mehr als utopisch. Es wäre unmöglich, nicht nur das Finanzielle betreffend. Den Deutschen sind die Ostgebiete heute total fremd, auf mich trifft das auch zu. Ganz zu schweigen davon, daß viele gar nicht wissen, daß diese Gebiete mal zu Deutschland gehörten bzw. daß es solche Gebiete mit solchen Namen überhaupt gibt. Meine Mutter wurde 1944 in Gleiwitz, Oberschlesien geboren. Ein Jahr später ist sie mit meiner Oma von dort geflohen und nach Berlin gekommen. Meine Mutter fühlt sich nicht als Berlinerin, sie ist Berlinerin. Eine Beziehung zu Schlesien wird sie nie haben.

Die Nachkriegsgenerationen in Deutschland und in Polen sind seit 1945 zu geschichtlicher Naivität und Dummheit erzogen worden. Wenn ein junger Pole heute denkt, daß Schlesien polnisch ist, dann ist das halt so. Für mich stellt das kein Problem dar. Man kann es den jungen Leuten nicht vorwerfen! Sollte man daran etwas ändern? Nein!

Wenn wirklich eine Diskussion in Deutschland und Polen einsetzen würde, was in bezug auf Vertreibungen und Kriegshetze vorgefallen ist, würde sich die Geschichte vielleicht wiederholen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das im Interesse der beiden Länder bzw. Europas liegen sollte. Und genau aus diesem Grund muß man die junge Generation vor solchen geschichtlichen Ausgrabungen bewahren. Außerdem würde man den jungen Polen vorwerfen, was ihre Großelterngeneration getan hat. Die Deutschen wollen ja auch nicht vorgeworfen bekommen, was Deutsche im Zuge der Weltkriege an Unrecht verübt haben, besonders zur Zeit des Nationalsozialismus. Somit kann ich es den Polen heute auch nicht mehr auf die Nase binden. Ich würde Beiträge begrüßen, die sich damit beschäftigen, was die jungen Polen über die Zeit von 1914 bis 1945 wissen.

Marcus Stiller, Per E-Post

 

 

Zu: "Am Tag M hatte das Politbüro Sitzungspause" von Oliver Busch, JF 01/05

"Schnee von gestern"

Der Artikel stützt sich auf die Studie von Sergej Slutsch (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 4/2004), die nachweist, daß Stalins Ansprache vom 19. August 1939 gar nicht stattgefunden und an diesem Tag das Politbüro nicht getagt hatte. Quellenkritisch wird bewiesen, daß die angebliche Kriegsrede Stalins eine französische Fälschung war. Diese Entdeckung ist insofern wichtig, als dadurch die Schuld Stalins am Zweiten Weltkrieg in einem milderen Licht erscheint. Oliver Busch nennt nun namhafte Historiker und auch Autoren der JF, die dieser Quellenfälschung bereitwillig aufgesessen seien. Sie hätten Stalin als Kriegstreiber hingestellt, der Hitler zum Präventivkrieg gezwungen habe.

Busch wirft diesen Autoren revisionistische Motive und Geschichtsklitterung vor. Vielleicht hätte Oliver Busch doch etwas gründlicher recherchieren sollen. Dann wäre ihm der Sammelband "Wagnis Wahrheit" von Reinhard Uhle-Wettler (Hrsg.), erschienen 1998 im Arndt Verlag, aufgefallen, in dem die Beschuldigten Joachim Hoffmann, Heinz Magenheimer, Wolfgang Strauss und Ernst Topitsch sich 1998 zum Thema äußerten. In dieser Festschrift beschreibt Topitsch bereits in allen Details die angeblich erst jetzt aufgedeckte Fälschung der Stalinrede (S. 90-91). Das taufrische Forschungsergebnis des Sergej Slutsch ist Schnee von gestern.

Dr. Karl H. Göbel, Hamburg

 

 

Zu: "Selbsttäuschung" von Bernd-Thomas Ramb und "Lengsfeld ausgeladen" von Marcus Schmidt, JF 01/50

Vermintes Gelände

Der Evangelischen Akademie Tutzing kann ich in brüderlich-katholischer Verbundenheit nur raten, sich in christlicher Demut zu üben und Frau Lengsfeld schleunigst wieder einzuladen, auf daß nicht das Anti-Diskriminierungsgesetz sich gegen dessen blaßgrüne Mitinitiatoren wende.

Peter Fleck, Pfaffenhofen

 

 

Zu: "Zur Bestätigung der gewünschten Ergebnisse" von Hans-Joachim von Leesen, JF 52-53/04

Katholische PC

Berliner Dom am 9. Januar 2005: ökumenischer Gottesdienst. Kardinal Karl Lehmann spricht über Katastrophen der Menschheitsgeschichte im 20. und dem 21. Jahrhundert. Er zählt auf: "35.000 identifizierte Opfer der Bombenangriffe auf Dresden, 200.000 Opfer der Atombombe in Hiroshima, Hunderttausende von Überschwemmungsopfern in Bangladesch, Indien und anderswo". Ein Statement im Geiste der Political Correctness. Geht es um Bangladesch und Indien, dann müssen alle Opfer genannt werden - ungeachtet ihres Identifizierungsstatus. Geht es dagegen um deutsche Opfer - dann dürfen nur die identifizierten Opfer Erwähnung finden. Hunderttausende von nicht identifizierbaren Opfern des Flammenmeers in Dresden am 13. bis 14. Februar 1945 sind nicht erwähnungswert. Namenlose deutsche Opfer sind gar keine. Die neuen Leitbegriffe - Geschichtsklitterung leicht gemacht.

Valentin Werbitz, Per E-Post

 

 

Zu: "Dann gibt es bei uns bosnische Verhältnisse", Interview mit Peter Scholl-Latour, JF 52-53/04

Integration geht zu Ende

Ich glaube nicht, daß das türkische Volk und die türkischen Politiker begriffen haben, worum es bei der europäischen Integration geht: Um Übertragung nationaler Souveränitätsrechte auf einen übernationalen Organismus mit eigener Gesetzgebungsmacht in einer verbindlichen übernationalen Rechtsordnung. Ich fürchte, die Zeit der politischen Integration Europas geht damit zu Ende, zumal ja auch in den neuen osteuropäischen Beitrittsländern keine Spur jener europäischen Grundhaltung zu sehen ist, die das Werden und Gedeihen der EG und EU erst ermöglicht hat. Fast ein Witz der Geschichte ist, daß die Türkei unter Führung einer Moslem-Partei die Eröfnung der Beitrittsgespräche erreicht hat. Den türkischen Nationalismus hat man ja bereits in den letzten Tagen dabei kennenlernen können. Er wird auch in den kommenden Jahren der EU seinen Stempel aufdrücken und man möge nicht glauben, man könne der Türkei dann eine Absage erteilen oder einen minderen Mitgliedsstatus anbieten.

Walter Scharnagl, Bonn


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen