© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/05 28. Januar 2005

Die Woche
Die alte Leier
Fritz Schenk

Nun hat Bundeskanzler Gerhard Schröder wieder sein Lieblingsthema: Friedenspolitik! Hatte sich der wiedergewählte US-Präsident George Bush in seiner Antrittsrede noch vorwiegend einer Huldigung an die Freiheit gewidmet, so legte er in einem Interview hinterher nach, daß er im Falle des Iran und dessen Atompolitik auch militärische Gewalt nicht ausschließen wolle.

Dies war das Stichwort für die friedensbewegten linken Heerscharen, sofort den nächsten selbstherrlichen Waffengang des kriegsversessenen Bush zu wittern. Und wenn solche Töne in der Massenpresse angeschlagen werden, wittert niemand instinktsicherer als Gerhard Schröder, daß sich damit gut Stimmung in eigener Sache machen läßt. Und schon hat er denn auch in jüngsten Auftritten das Wort "Friedensdiplomatie" sogleich an die große Glocke gehängt.

Wer kein allzu kurzes Gedächtnis hat und sich der Hoch-Zeit des Kalten Krieges noch erinnert, fühlt sich in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückversetzt. Damals hatten die Friedensschalmeien der Brandt'schen "Neuen Ostpolitik" überspielt, daß die Sowjetmachthaber dieses "Frieden um jeden Preis" zum größten (zunächst heimlichen) Rüstungsprogramm in Friedenszeiten nutzten. Erst als sie die für Deutschland und Westeuropa gefährlichen Mittelstreckenraketen in Aufstellung brachten, fiel zumindest bei Bundeskanzler Helmut Schmidt der Groschen. Seiner Initiative war es zu verdanken, daß der Westen mit der entsprechenden Nachrüstung dagegenhielt. Dagegen nun wiederum marschierten Schröder, Fischer und Genossen auf die Straßen, vor (hauptsächlich amerikanische) Kasernentore und veranstalteten vor Raketendepots Sitzblockaden. Recht behalten haben die Nachrüster. Die "Politik der Stärke" mit der Aufrechterhaltung des "Gleichgewichts des Schreckens" hat nicht nur den Frieden gesichert, sondern letztlich den Kommunismus in den Untergang getrieben.

Jetzt geht vom totalitären wie doktrinären Islamismus die größte Bedrohung für die Menschheit aus. Nach dem Irak ist nun der Iran der wahrscheinlich undurchsichtigste Gefahrenherd. Wer dagegen etwas erreichen will, kommt gar nicht umhin, auch militärische Gewalt für möglich zu erklären. Wie könnten die Vereinigten Staaten denn auch nur mit der Spur von Zugeständnissen rechnen, wenn sie den Mullahs von vornherein die Sicherheit gäben, daß ihnen auch bei Fortführung ihrer Atomrüstung nichts passieren würde?

Für Deutschland bedeutet die Friedensrhetorik des Bundeskanzlers das zweite schwerwiegende Versagen in der Außenpolitik. Das erste war sein friedenbewegter "Wahlkampfschlager" in der Irak-Politik im Jahr 2002. Da hätte er sich als Diplomat bewähren können (und aus deutscher Sicht müssen), indem er sowohl mit Washington wie mit Bagdad in Dauerverhandlungen eingetreten wäre. Statt dessen blies er wieder die Friedensschalmeien auf Wahlkampf-(markt)plätzen in der deutschen Provinz. Jetzt ginge es wieder darum, sich gleichsam vermittelnd wie warnend in die Iran-Politik einzuschalten. Vermittelnd gegenüber den USA, nicht leichtfertig einen weiteren Krieg zu beginnen. Und warnend gegenüber Teheran, daß es den einzig verbliebenen Weltpolizisten ernst nehmen und sich der internationalen Atomkontrolle unterwerfen sollte. Dazu aber gehörte politischer Weitblick, der nun wirklich nicht Schröders Sache ist.


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