© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/05 04. Februar 2005


WIRTSCHAFT
Tobin-Steuer, der nächste Versuch
Bernd-Thomas Ramb

Der französische Präsident Jacques Chirac hat bei seinem Video-Auftritt vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos wieder einmal die Einführung einer Tobin-Steuer gefordert. Je Promillepunkt des Steuersatzes würden jährlich zehn Milliarden Dollar (acht Milliarden Euro) erzielt, die zur Förderung der Entwicklungsländer eingesetzt werden könnten. Seinem Plädoyer für die globale Solidaritäts-Abgabe auf Devisentransaktionen (sowie für eine Steuer auf Kerosin und Flugscheine) folgte auch der britische Premierminister Tony Blair. Bundeskanzler Gerhard Schröder signalisierte ebenfalls seine prinzipielle Zustimmung, schätzte jedoch die Chancen der Einführung einer Tobin-Steuer allein schon im Kreise der G8-Staaten, der weltweit größten Industrieländer, als gering ein.

Der letzte Versuch, die Tobin-Steuer ins internationale Spiel zu bringen, datiert genau vier Jahre zurück. Die aktuelle Flutwellenspendenhysterie ausnutzend, hat Chirac diesmal die Solidaritätskarte gezogen. Damals wurde der Argumentation der linksmilitanten Globalisierungsgegner gefolgt, die internationalen, spekulativ begründeten Kapitalströme schadeten den Entwicklungsländern und müßten durch die Tobin-Steuer gebremst werden. Damals als Lenkungssteuer, heute als Finanzierungssteuer motiviert, gerät die Tobin-Steuer ähnlich wie die Öko-Steuer in den Ruch einer von jedem beliebig benutzbaren Huren-Steuer. Dabei bleibt eine ganz andere Begründung weiterhin im dunklen Hintergrund: die währungspolitisch motivierte Kontrolle und Steuerung der internationalen Kapitalbewegungen. Sollte in einigen Jahren eine Flucht aus dem Euro einsetzen, bietet ein hoher Tobin-Steuersatz ein zusätzliches Instrument, dies zu verhindern.


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