© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/05 11. Februar 2005

Aufgeschnappt
Lieben Sie Lenin?
Marcus Schmidt

Während vielerorts Gefallenenehrenmale dem Verfall anheim gegeben werden, hat Potsdam ganz andere Sorgen. Wo ist Lenin? schallte es jetzt durch die Stadt - besser gesagt durch den örtlichen Blätterwald. Still und leise war der russische Revolutionsführer aus Bronze im September verschwunden - oder wie das Boulevard-Blatt Berliner-Kurier formulierte - in "den Westen verschleppt" worden.

Denn die Statue war, so erfuhren die Potsdamer jetzt, von ihrem Standort vor dem verfallenen Haus der sowjetischen Offiziere nach Oldenburg verbracht und dort eingelagert worden. Nun sind für Lenin Reisen durch Deutschland ja bekanntlich nichts Neues, doch statt in einem bequemen Eisenbahnwaggon zu reisen, mußte er diesmal mit einem LKW vorlieb nehmen.

Doch nun die Erlösung: "Wladimir Iljiitsch kommt zurück", jubelte Baustadträtin Elke von Kuick-Frenz in der Berliner Zeitung . Daran, daß sich darüber alle Potsdamer freuen, lassen die Vertreter der Stadt keinen Zweifel. "Aber, mein Gott, die Potsdamer lieben ihn nun mal. Warum soll er da nicht wieder an seinen alten Platz zurück?", fragt Stadtkonservator Andreas Kalesse. Wäre noch zu klären, wie es um den künstlerischen Wert des Bronze-Genossen bestellt ist: Kalesse selbst hatte die Statue 1991 gewunden als nicht wertvolles Kunstwerk eingestuft. Zu deutsch: Künstlerisch wertlos.


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