© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/05 11. Februar 2005

Dem Zeitgeist Hohn gespottet
Hommage: Matthias Beltz
Werner Olles

Am 31. Januar hätte der im März 2002 verstorbene Kabarettist Matthias Beltz seinen 60. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlaß veranstaltete das Frankfurter Literaturhaus einen Abend mit einer Lesung aus seinen beiden nachgelassenen Bänden "Gut" und "Böse" (JF 47/04) und einem Filmporträt, das der Beltz-Kollege Heinrich Pachl 1993 für den WDR gedreht hatte. Den Anfang machte jedoch der FAZ-Feuilleton-Redakteur Lorenz Jäger, der als Moderator die verschiedenen Stationen des Beltzschen Lebens nachzeichnete; darunter seine politischen Ursprünge in der Sponti-Bewegung, in der Gruppe "Revolutionärer Kampf" und am Fließband bei Opel Rüsselsheim, wo er es im Gegensatz zu seinen Genossen Joseph Fischer und Daniel Cohn-Bendit immerhin ganze sechs Jahre aushielt, um schließlich erkennen zu müssen, daß Proletariat und Weltrevolution doch nicht kompatibel waren.

Später lief Beltz in seinen Soloprogrammen zu wahrer Kabarettkunst auf. Hier rückte der studierte Jurist dem Furor Teutonicus, den er allerorten, ob am berühmten Frankfurter Wasserhäuschen, in der Eckkneipe, im feinen Salon oder in sich selbst entdeckte, mit Verve zu Leibe: "Was ist der Mensch? Wo kommt er her? Und warum ist er nicht dort geblieben?"

Ein wenig ernster wurde es im Saal, als Jäger darauf zu sprechen kam, wie Beltz ohne Berührungsängste auch "rechtes" Gedankengut in sein Weltgebäude einbaute. Nietzsche und Carl Schmitt waren ihm ständige Wegbegleiter, und in Ernst Jüngers Tagebüchern las er regelmäßig vor seinen Auftritten. Und natürlich gab Jäger auch jene Anekdote zum besten, als bei einem "rechten" Stammtisch in einem gepflegten griechischen Restaurant im Frankfurter Nordend, dem der Kabarettist die Ehre gab, wann immer es seine Zeit erlaubte, die interessante Frage aufkam, ob denn rechtes Kabarett überhaupt möglich sei. Während die rechten Stammtischler, zumeist ehemalige Linke, dies aus strukturellen Gründen kategorisch verneinten, war Beltz gegenteiliger Ansicht. Klar sei das möglich, meinte er und hatte auch schon einen Namen parat: "Negerküsse".

Keinesfalls habe er Beltz zu einem "konservativen Revolutionär" stilisieren wollen, erklärte Jäger zum Abschluß seines Vortrags dem etwas verdutzten Publikum: "Er war ein Linker bis auf die Knochen!" Das mag man so sehen oder auch nicht. Auf jeden Fall war er ein freier Geist, der sich von niemandem vereinnahmen ließ. Gerade das machte seine Stärke aus.

Gleichwohl reagierte Heinrich Pachl, mit dem Beltz zusammengearbeitet hatte, ziemlich ungehalten auf Jägers "Mißinterpretationen". Sein Vorredner "wünsche sich Beltz als jemanden, der Ihren Hilferuf nach Deutung hört". Auch über diese Mißinterpretation hätte Matthias Beltz sich wahrscheinlich königlich amüsiert.


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