© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/05 11. Februar 2005

Das Denkmal bekommt Risse
Untersuchungsausschuß: Außenminister Fischer gerät in der Affäre um die Visa-Vergabe an der deutschen Botschaft in Kiew in Bedrängnis
Paul Rosen

Die Ukraine zählt 48 Millionen Einwohner, eine Million davon haben seit dem Jahre 2000 Deutschland ganz legal mit einem Touristenvisum besucht. Selbst von Natur aus nicht so mißtrauische Menschen dürften sich fragen, warum aus einem der Armenhäuser Europas jeder 48. Bewohner in den vergangenen vier Jahren aufgebrochen ist, um den Kölner Dom und die Loreley zu sehen. Diese Sehenswürdigkeiten jedenfalls waren die Begründungen für die meisten Anträge auf Erteilung eines Visums. Ein neuer Untersuchungsausschuß des Bundestages bemüht sich, die Hintergründe für die massenhafte Erteilung von Einreisevisa aufzuklären (JF 01/05). Das grüne Denkmal Joschka Fischer bekommt wegen der Visa-Affäre erste Risse.

Reisefreiheit innerhalb der EU ist ein hohes Gut

Nach den Grundsätzen der Europäischen Union ist die Reisefreiheit innerhalb der EU ein hohes Gut, aber die Außengrenzen sollen scharf kontrolliert werden. Die strikte Kontrolle paßte den Grünen, die im Auswärtigen Amt längst die Leitungsebene übernommen haben, überhaupt nicht. Es war Fischers früherer Staatsminister Ludger Volmer, der auf Einreiseerleichterungen nach Deutschland drängte, vielleicht in der Hoffnung, daß aus Touristen eines Tages Einwanderer würden, die das multikulturelle Leben in Deutschland bereichern könnten.

Der im März 2000 vom Auswärtigen Amt in Berlin erlassene Einreiseerlaß öffnete den "Besuchern" Tor und Tür. Es genügte eine sogenannte Reiseschutzversicherung, um ein Visum zu bekommen. Besonders vor der deutschen Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew spielten sich danach dramatische Szenen ab. Tagelang warteten Ukrainer, die nach Deutschland einreisen wollten, auf ihr Visum. Hinter dem Erlaß steckte - das ist seit längerem klar - Volmer. Aber seitdem der ehemalige Staatsminister sich sogar dem Verdacht ausgesetzt sieht, seine politischen Kontakte für geschäftliche Beziehungen genutzt zu haben, ist der Grüne nervös. Volmer belastete Fischer als Mitwisser - für die Grünen grenzte dies an Gotteslästerung. Seinen Posten als außenpolitischer Sprecher der Fraktion dürfte Volmer verlieren. Man wartet in der Grünen-Führung auf eine günstige Gelegenheit, ihn abzuservieren.

Viel wichtiger ist jedoch, was aus Fischer wird. Volmers Glaubwürdigkeit wurde sofort in Zweifel gezogen. Aber inzwischen wurde bekannt, daß das für Grenzkontrollen zuständige Bundesinnenministerium mindestens in drei Fällen beim Außenministerium mit dem Ziel intervenierte, die problematische Visa-Praxis abzustellen. Volmers Behauptung der Mitwisserschaft kann Fischer vor dem Untersuchungsausschuß noch als unbegründet abweisen. Aber daß der Außenminister von der mehrfachen Intervention seines Kabinettskollegen Otto Schily (SPD) nichts gewußt hat, dürfte ihm nicht mehr abgenommen werden.

Somit hat der Außenminister bereits ein massives Problem, ehe der Visa-Untersuchungsausschuß mit seiner eigentlichen Arbeit begonnen hat. Für die Einreiseerleichterungen gab es keine überzeugenden Gründe, mehrere inzwischen bekannte Fernschreiben der deutschen Botschaft in Kiew sind voll Warnungen, daß mit den Regelungen massiver Mißbrauch betrieben werde. Allenfalls das ideologische Motiv führt noch weiter. Grüne wie Volmer sind Überzeugungstäter, die die multikulturelle Gesellschaft notfalls mit administrativen Mitteln schaffen wollen. Und Fischer hat, auch wenn sich der Grünen-Politiker in Anzüge zwängt, nichts von seiner früheren Straßenkämpfer-Mentalität verloren.

Das eigentliche Ziel ist die Umwandlung des Landes

Die Grünen mögen in der Öffentlichkeit inzwischen als etablierte Partei erscheinen. Aber das eigentliche Ziel, die Umwandlung des Landes der Deutschen in eine andere Republik, haben sie nicht aufgegeben. Es begann mit der doppelten Staatsbürgerschaft, ging mit dem Zuwanderungsgesetz weiter und endete vorläufig in der Visa-Affäre. Gesellschaftsveränderer wie Ludger Volmer konnten und können sich dabei hinter dem beliebten Fischer verstecken. Das könnte bald nicht mehr funktionieren - wenn sich herausstellen sollte, daß Fischer mitverantwortlich ist, daß Schwarzarbeiter und Zwangsprostituierte massenhaft ins Land geschleust werden konnten.


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