© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/05 18. Februar 2005

Instabil
Der Tod des georgischen Premiers Schwania
Alexander Barti

Es ist keine 15 Monate her, daß Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse quasi weggeputscht wurde. Die Unzufriedenheit im Land war dem inzwischen 77jährigen Ex-Außenminister der Sowjetunion zum Verhängnis geworden - und eine von dem US-Milliardär George Soros geschulte Opposition.

Seinen Platz nahm ein smarter Junge ein: Michail Saakaschwili. Der 37jährige Absolvent einer US-Universität ist seither Garant für US-Interessen in diesem strategisch so wichtigen Gebiet. Rußland war dies keineswegs recht. Seit dem Zerfall der Sowjetunion unterstützte es die abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien, Adscharien und Abchasien. Ad-scharien fiel schnell wieder an die Zentrale in Tiflis. Doch um die beiden anderen "Republiken" wird noch gerungen, vor allem, weil hier mehrheitlich keine Georgier leben.

Im Sommer 2004 schien die Lage um Südossetien zu eskalieren. Der "Präsident" der abtrünnigen Republik, Eduard Kokoit, warf Saakaschwili unumwunden die Planung eines Krieges vor. Seine Truppen seien jedoch kampfbereit und würden "auf jede Aggression entsprechend antworten". Trotz dieser Drohgebärden, einer Geiselnahme und kleinerer Feuergefechte wollte niemand der Beteiligten einen heißen Krieg vom Zaun brechen.

Damit die Lage nicht eskaliert, schlossen am 15. Juli 2004 Georgien, Rußland und Südossetien ein "weiches Abkommen". Der an den Verhandlungen beteiligte russische General Waleri Jewnewitsch bezeichnete es als Errungenschaft, daß alle Seiten auf militärische Gewalt wie auf Wirtschaftsblockaden verzichten wollen. Wichtige Punkte wurden jedoch ausgeklammert, so daß der georgische Verhandlungsführer Giorgi Chaindrawa das Abkommen als "inhaltslos" bezeichnete.

Es wurde still um Georgien, bis am 3. Februar der georgische Ministerpräsident Surab Schwania tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Er lag zusammengekauert vor dem Brettspiel Backgammon und soll nach offizieller Verlautbarung an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben sein. Zwar kommt es in Georgien immer wieder zu diesen Unfällen durch fehlerhafte Gasheizungen, aber die Spekulationen über einen gewaltsamen Tod des Premiers schossen sofort ins Kraut.

Schwania, Jahrgang 1963, kam mit der Rosenrevolution 2003 wieder an die Macht, nachdem er sich vorher gegen seinen politischen Ziehvater Schewardnadse gestellt hatte. In den Wochen vor seinem Tod bereitete er sich vor allem auf die Privatisierung der Staatsbetriebe vor - 2005 sollte das Jahr der "Entstaatlichung" werden. Anfang Februar gestand er überraschend ein, "Fehler" bei der Informationspolitik gemacht zu haben.

Wollte er damit zornige Interessengruppen besänftigen, ihnen einen Kurswechsel signalisieren? Er führte auch die Verhandlungen mit Südossetien. Die vor seinem Tod durchgeführte Kabinettsumbildung soll Schwanias Position geschwächt haben, es soll sogar zu einem Zerwürfnis mit Saakaschwili gekommen sein.

Wenige Tage vor Schwanias Tod war eine Autobombe in Gori hochgegangen. Es gibt nur ein Land, das Interesse an einem unruhigen "US-Georgien" haben könnte: Rußland. Zwar werden solche Vermutungen von Moskau empört zurückgewiesen, aber die aktuelle Geopolitik läßt solche Schlüsse zu. Saakaschwili - und ausländische Investoren - dürfte nun gewarnt sein. Ob Tiflis' Reformeifer dadurch gezügelt ist, wird sich bald herausstellen.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen