© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/05 25. Februar 2005

Widerstand lohnt sich
von Thorsten Hinz

So etwas hat es lange nicht mehr gegeben: Berliner Politiker aus den bürgerlichen Parteien bringen seit drei Wochen den Mut auf, einer konzentrierten Kampagne linker Parteien und ähnlich gestimmter Medien zu trotzen, und das auf dem Gebiet der Geschichts- und Erinnerungspolitik! Bis zur Stunde hält die CDU/FDP-Mehrheit in der Bezirksversammlung von Steglitz-Zehlendorf an ihrer Entscheidung fest, am 8. Mai auch der deutschen Opfer zu gedenken, denen durch Bomben, Vertreibung, Vergewaltigung und anderweitig Schaden an Leib und Seele zugefügt wurde. Sicher, das entspricht nur dem zivilisatorischen Mindeststandard, mehr nicht. Außerdem liegt der Beschluß voll auf der Linie der Weizsäcker-Rede vom 8. Mai 1985, die problematisch und nachgiebig genug war. Doch 20 Jahre später ist den tonangebenden Politikern von SPD, Grünen und PDS und ihren Hilfstruppen selbst das zuviel. Die Linksverschiebung des politischen Koordinatensystems hat zu einer kulturellen Verluderung geführt, die die Grenze zur Asozialität überschreitet.

Die konzentrierte Wut, die den Bezirkspolitikern im Berliner Südwesten entgegenschlägt, ist ein Zeichen für die Unsicherheit der deutschen Geschichstheologen, die den 8. Mai ausschließlich als "Tag der Befreiung" vereinnahmen wollen. Schon eine einzige Institution, die sich verweigert, läßt diese Fragilität und Schandhaftigkeit sichtbar werden. Der Berliner 8.-Mai-Beschluß, so kompromißlerisch er auch abgefaßt ist, zeigt: Widerstand gegen den Zwang zur Einheitsmeinung lohnt sich. Wir brauchen viel mehr davon!


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