© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/05 25. Februar 2005

Meldungen

Dunkle Ursprünge des modernen Ich

MÜNSTER. Solange es im 20. Jahrhundert noch "Urvölker" gab, konnten Ethnologen nachweisen, daß viele keine Bezeichnung für das Individuum und folglich kein "Ichbewußtsein" kannten. Muß man sich analog zu diesen "Primitiven" die psychische Konstitution des "mittelalterlichen Menschen" vorstellen, und wie entstand aus dessen "Kollektivpsyche" das moderne Selbstbewußtsein? Zur Bestimmung dieser Relation von "Norm und Innerlichkeit" in spätmittelalterlichen "Ego-Dokumenten" hat die Mediävistin Eva Schlotheuber Notizen von Schülerinnen des Benediktinerinnenklosters Ebstorf aus dem 15. Jahrhundert untersucht, um sie auf erste Ansätze individueller "Alltagsbewältigung" hin zu überprüfen (Zeitschrift für Historische Forschung, 3/2004). Das Ergebnis fällt negativ aus. Denn was sich in einigen Notizen zunächst als "individuelle und lebendige Beschreibung" präsentiere, stelle sich bei genauer Analyse dar als Resultat einer von "Meditation und Beichte geschulten Erziehung". Kein individuell gestalteter "Seelengrund" offenbare sich, sondern ein streng "religiös-normativ geformter". Diese Texte können daher nicht als tastende Anfänge von Tagebuch und Autobiographie im 18. Jahrhundert verstanden werden, die schon auf ein "Begreifen der eigenen unverwechselbaren Persönlichkeit zielten".

 

Innerer Wandel der Eliten ab 1945

MÜNCHEN. Zu den geschichtspolitischen Dauerbrennern zeithistorischer Forschung zählt die Kontroverse über deutsche "Elitenkontinuität" nach 1945. Dient doch Adenauers "Schattenmann" Hans Globke zusammen mit anderen Funktionsträgern des Dritten Reiches heute noch dazu, um die BRD mit ihrem "braunen Erbe" als "belastet" zu diskreditieren. Lothar Gall tritt diesem oft nur "Gesellschaftsveränderung" legitimierenden Gerede von den "Karrieren im Zwielicht" (Norbert Frei) in der Historischen Zeitschrift (Band 279/2004) entgegen. Die Annahme, ein radikaler Elitenwechsel hätte die bundesdeutsche Entwicklung vor "autoritären" Grundhaltungen bewahren können, entspringe nur "moralischer Selbstgewißheit der Spätgeborenen". Anhand der Biographien des Bankiers Hermann J. Abs und des Historikers Theodor Schieder, Funktionsträgern im NS-Staat und nach 1945 Exponenten der BRD-Elite, weist Gall exemplarisch nach, daß Elitenkontinuität eher Bedingung als Hindernis gesellschaftlichen Neuanfangs war. Denn effizienter als jeder gewaltsame "Austausch" des Personals habe die "innere Wandlung" einst "Verstrickter" den Bruch mit der Vergangenheit "viel tiefergehender und definitiver" werden lassen, gerade weil sie als Betroffene "die Konsequenzen aus ihren eigenen Erfahrungen radikal gezogen haben".

 

Der Untergang - Vergessene deutsche Gedenktage 1944/45

Vor sechzig Jahren: Offensive der Roten Armee in Pommern

Am 24. Februar 1945 erreichten Spitzen der 1. und 2. Weißrussischen Armee die Ostsee in der Nähe des hinterpommerschen Köslin. Damit setzte die Zerschlagung der "Heeresgruppe Weichsel" ein. Bis Anfang März fiel damit bis auf die Festung Kolberg fast das gesamte Hinterpommern bis zum Stettiner Haff in die Hände der Roten Armee. Danzig und Königsberg waren damit vollends von einer Landverbindung nach Westen abgeschnitten.


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