© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

BRIEF AUS BRÜSSEL
Joschkas EU-Touristen
Andreas Mölzer

Während der vergangenen zwei, drei Jahre waren auf den österreichischen Transitstraßen, die von Wien aus in Richtung Italien führen, Zehntausende Kleintransporter mit ukrainischen Kennzeichen unterwegs. Nur ganz naive Zeitgenossen mochten glauben, daß es sich hier um Kulturtouristen oder Rom-Pilger handelte. Die desolaten Fahrzeuge wurden selten kontrolliert - die jeweils etwa ein Dutzend Insassen hatten deutsche Touristen-Visa.

Sie waren legal über Ungarn oder die Slowakei eingereist. Wenn man doch ein Fahrzeug anhielt, hieß es nur: "Nix daitsch". Nach Angaben führender Beamter in Wien wußte man genau, daß die Leute zur Erntearbeit nach Italien oder anderswo gekarrt wurden, man munkelte auch von Prostituierten-Schlepperorganisationen. Getan wurde aber nichts.

Nun endlich, nachdem der Skandal um die Visa-Praxis mit allerhöchster Duldung des deutschen Außenministers bekanntwurde, weiß man, wie es zu diesen merkwürdigen Phänomen kam: Es waren "Joschka-Fischer-Touristen". Im wesentlichen bemitleidenswerte Menschen aus der Ukraine, die zur illegalen Arbeit, zur Prostitution und allzu häufig als entrechtete Opfer von Schlepperbanden in die EU kamen - mit Unterschrift und Siegel deutscher Behörden.

In dubio pro libertate ließen uns die halbgebildeten Zeitgeistapostel aus dem Umfeld der Grünen wissen. In Wahrheit war es nicht die Freiheit, sondern nur der Freibrief für illegale Zuwanderung und Menschenhandel, der da vom angeblich beliebtesten bundesdeutschen Politiker abgesegnet war. Hunderttausende kamen so "legal" in den Westen und konnten sich dann im gesamten EU-Schengen-Raum breit machen.

Wenn der Autor dieser Zeilen als Abgeordneter im EU-Parlament nunmehr an die EU-Kommission eine Anfrage gestellt hat, wie denn die Auswirkungen dieses "Joschka-Fischer-Tourismus" auf die übrigen Länder der EU aussehen und insbesondere wie viele dieser Ukrainer nach Österreich gekommen sind und welchen Anteil sie dort an der Ausländerkriminalität haben, dürfte dies nur der Beginn einer EU-Empörung über die Machenschaften des Berliner Außenministers und seiner Helfershelfer sein.

Nach dem Prinzip des Vertuschens versuchen zwar die Verantwortlichen, so die österreichische Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) am Rande des jüngsten Brüsseler Treffens der EU-Innenminister, die Folgen dieses millionenfachen Visa-Mißbrauchs kleinzureden. Die mediale Diskussion über die Vorgänge wird auch außerhalb der bundesdeutschen Grenzen den Ruf nach politischer Verantwortung und möglicherweise auch nach Schadenersatz laut werden lassen.

Nachdem die Ereignisse im vergangenen Herbst rund um den Mord am holländischen Filmemacher Theo van Gogh bereits die Diskussion über das Scheitern des multikulturellen Experiments haben hochkochen lassen, wird der Skandal um Fischers Visa-Politik der breiten Öffentlichkeit deutlich machen, daß mit den gezielten politischen Versuchen, eine multikulturelle Zuwanderungsgesellschaft herzustellen, wie sie von Grünen und ihren Genossen favorisiert wird, letztlich das Geschäft skrupelloser Menschenhändler und des organisierten Verbrechens gefördert wird.

Wenn Joseph "Joschka" Fischer nunmehr als Schutzpatron der Schlepper dasteht, ist dies gleichzeitig eine schwere Niederlage für den real existierenden Multikulti-Wahn der Linken.


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