© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

Leserbriefe

Zu: "Das Maß für einen Rücktritt ist voll", Interview mit Friedhelm Farthmann, JF 10/05

Urgesteine in der PC-Brandung

Die Herren Helmut Schmidt, Peter Glotz, Egon Bahr und Friedhelm Farthmann erkennen und beschreiben Zustände und Probleme der deutschen Politik besser als alle aktiven Politiker unserer Zeit - leider zu spät. Gäbe es heute noch solche Politiker von Format, von Weitsicht, von Charakterstärke - solches Urgestein in der Brandung der Politischen Korrektheit - dem Volk müßte nicht bange sein, auch wenn es deren Ansichten nicht teilt. So bleibt zumindest die Genugtuung darüber, daß diese Herren im Alter endlich das aussprechen, was viele im Volk, und vor allem in der SPD (siehe Farthmann), eigentlich denken - aber nicht mehr zu sagen wagen.

Thomas Jürgewitz, Wulsbüttel

 

 

Zu: "Freiheit für unser Volk" von Christian Vollradt, JF 09/08

Sympathie mit den Geschwistern

Als ich ab 1943, wegen einer Verwundung aus der Wehrmacht entlassen, an der Technischen Universität in Darmstadt studierte, erlebte ich mehrere Bombenangriffe auf Darmstadt und auf die Universität. Bei einem der Angriffe warf die Royal Air Force das Flugblatt der Geschwister Scholl ab. Sofort kam die Aufforderung, das Flugblatt abzugeben, andernfalls drohte eine Bestrafung wegen Sympathie mit den Geschwistern Scholl. Obwohl ich als Soldat bereits wegen "Befehlsverweigerung vor versammelter Mannschaft" mit vier Tagen Arrest bestraft worden war, kam ich als Zivilist, wie auch befreundete Studenten, der Aufforderung nicht nach.

Wir wollten aber nicht ebenfalls wie die Geschwister Scholl und andere von den Nazis verurteilt werden, weil ein Widerstand völlig aussichtslos war und uns das Leben hätte kosten können. An anderen Universitäten, zum Beispiel Hamburg wurden Sympathisanten bestraft.

Karl Engel, Bad Neuenahr-Ahrweiler

 

 

Zu: "Abscheu vor dem Regime" von Stefanie Wagner, JF 09/05.

Patriotismus der Scholls

Zu erwarten war, daß der Film "Sophie Scholl - die letzten Tage" die bittersten Erinnerungen in mir aufrühren würde, schließlich hatte ich die Geschwister Scholl gekannt, war an einer ihrer Flugblatt-Aktionen beteiligt gewesen, wurde durch die Mühle der Gestapo gedreht und stand schließlich als Angeklagter vor Freisler.

Insgesamt ein guter Film, sorgfältig formulierte Dialoge, glaubhafte Rollen, imponierende schauspielerische Leistungen: Sophie Scholl könnte sich in Wirklichkeit ziemlich genauso verhalten haben. Das gleiche gilt für Hans Scholl, Gestapo-Vernehmer Mohr und Freisler. Kritik an den Scholls kommt nur indirekt zum Ausdruck (etwa der verhängnisvolle Abwurf der Flugblätter im Lichthof der Münchner Universität). Die Hochschätzung für den Patriotismus der Scholls - für die Bereitschaft, trotz aller Risiken im Sinne dieses Patriotismus zu handeln - wird dadurch nicht in den Schatten gestellt. Kritik auf der einen Seite, größte Hochachtung auf der anderen, stehen einander nicht im Wege. Vor Augen zu führen, daß dies möglich ist, scheint mir ein Hauptverdienst des Films zu sein.

Hans Hirzel, Wiesbaden

 

Für die Ehre unseres Volkes

Auch wir waren in ähnlicher Lage wie die Scholls, helmbewehrte Polizisten, ein feiges Publikum, der brüllende Freisler, allerdings hatten wir Hirzels das Glück, einen mutigen und geschickten Anwalt, Dr. Eble, zu haben, der viel riskierte und Erfolg hatte: sehr milde Urteile. Die Treue des Sophie-Scholl-Films gegenüber den Vernehmungsprotokollen der Gestapo hat mir sehr imponiert. Hauptdarstellerin Julia Jentsch ist es auf bewundernswerte Weise gelungen, die Entwicklung Sophies zum bejahten Selbstopfer darzustellen.

Robert Mohr als ein kleinbürgerlicher, gut ausgebildeter und selbstverständlich NS-überzeugter Gestapobeamte, der am Ende Sympathie entwickelt und sogar versucht, Sophie eine Brücke zu bauen. Auch diese Rolle war überzeugend dargestellt. Allerdings habe ich Mohr dennoch anders erlebt, immer beherrscht, geradezu höflich - vielleicht sogar heimlich Sympathie empfindend -, doch hielt ich ihn im Grunde für einen harten Mann und hatte Angst vor ihm, war doch mein Los auch von ihm abhängig.

Freilich bleiben auch Wünsche offen: Zum Beispiel hätte man das sechste Flugblatt, bei dessen leichtsinniger Verteilung die Geschwister gefaßt wurden und das daher eine wichtige Rolle spielte, auch inhaltlich präsentieren können. Es war von Professor Huber in patriotisch-leidenschaftlichem Ton verfaßt mit dem Ziel: Wiederherstellung von Rechtsstaat und Meinungsfreiheit, um der Freiheit und Ehre des deutschen Volkes willen.

Susanne Zeller-Hirzel, Stuttgart

 

 

Zu: "Pankraz, die Gewalt und das Logo aus Brandenburg", JF 09/05

Tugendhafte Symbolwächter

Unseren tugendhaften Symbolwächtern, die selbst in altgermanischen Runen noch Zeichen einer zu bewältigenden unbewältigten Vergangenheit wittern, ist ein höchst bedenklicher Strafbestand entgangen: die Umformung des harmlosen "daß" in das gefährliche "dass" - mit "ss"! - und dies gar nicht klammheimlich, sondern im Wege der neuen Rechtschreibung. Kein Protest, nirgends?

Und noch immer gilt im Straßenverkehr straffrei "rechts vor links", dies sogar angezeigt mit einem auf der Spitze stehenden Kreuz: Ist das nicht eine längst zu verbietende Einladung, sich die Haken dazuzudenken? Müßte dort nicht zumindest stets die Warnung angebracht werden: rechts abbiegen verboten! Denn hinter jeder rechten Ecke wartet bekanntlich die NPD. Und wenn schon aus pädagogisch abschreckenden Gründen ein Hakenkreuz gezeigt werden muß, dann allenfalls nur spitteldürr wie jetzt auf den Fahnen im neuen Sophie Scholl-Film.

Unser vormundschaftliche Staat hält nämlich nichts vom erwachsenen, mündigen Bürger. Vielmehr läßt er mit so ominösen wie willkürlichen Manipulationsbegriffen wie "Symbolkriminalität" und "Propagandadelikt" seine liberale Maske fallen, hinter der die altbekannte Blockwart- und Stasimentalität hervorstarrt. Dieser Brief ist übrigens von links nach rechts geschrieben und beinhaltet damit offenbar eine symbolhafte Tendenz. Höchste Zeit für Buße und Umkehr! 

Ralf Wendland, Bremen

 

 

Zu: "Aus dem Leben eines Taugenichts" von Doris Neujahr, JF 09/05

Moralischer Verfallsprozeß

Für geschichtskundige Menschen muß der Name Joseph Martin, genannt Joschka, Fischer eine Art Synonym für den politischen Moralverfall in der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Einem linken Gewalttäter, der vor nicht allzu langer Zeit den demokratischen Staat und seine Ordnung mit dem Einsatz körperlicher Gewalt bekämpft hat, wurde - als Fortwirkung des durch die 68er eingeleiteten moralischen Verfallsprozesses - ein Marsch durch die Institutionen ermöglicht, welcher in Erlangung des Außenministeramtes gipfelte. Diese in sich schlüssige, wenn auch inhaltlich paradoxe Karriere eines Schulabbrechers ohne Berufsausbildung, für den körperliche Gewalt stets ein legitimes politisches Mittel war, kennt man eigentlich nur aus Staaten, in welchen Korruption und Herrschaft von verbrecherischen Kartellen zur gegenwärtigen politischen Praxis gehören.

Daß dies in Deutschland möglich war, liegt insbesondere daran, daß Joseph Fischer sich auf die Mehrheit der Medien stets verlassen konnte, welche ihn in der veröffentlichten Meinung fast immer positiv oder zumindest "unkritisch begutachtet" darstellten. So erscheint auch das paradoxe Phänomen erklärbar, daß ein solcher zwiespältiger Politiker sich so lange Zeit eines (empirisch gemessenen) hohen Ansehens erfreute, obwohl die Majorität seiner Anhänger, geschweige denn der Bundesbürger ohne Zweifel keine herausragenden politischen Leistungen von ihm aufzählen kann. Perfektes Marketing, ein schlechtes Produkt gut verkauft. Es wikt(e)!

Heinz-Peter Heilmann, Schönau

 

Verrutschter Heiligenschein

"Der große Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann" (Kurt Tucholsky). - Und eine gewisse Schläue ist Joseph Fischer gewiß nicht abzusprechen. Immerhin hat er es vom Steinewerfer bis zum Nadelstreifen tragenden großformatigen Schleusergehilfen auf warmen Ministersessel gebracht. Aber der selbstaufgesetzte Heiligenschein nun ist tüchtig verrutscht - der Karriere-Joschka zum Klotz am Bein der Regierungskoalition mutiert. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.

Ulrich Dittmann, Kirchheimbolanden

 

 

Zu: "Dreißig Jahre Starkstrom" von Thorsten Thaler, JF 09/05

Rock-Legenden

Der Titel "It's a long way to the top" gehörte die ganzen Jahrzehnte nie zum Standardrepertoire der Gruppe AC/DC. Weiterhin befindet sich der Titel "For those about to Rock" nicht auf dem angesprochenen Album "Back in Black". Dieser Titel ist auf dem nachfolgenden Album, welches auch diesen Namen trägt, zu hören. 

Timo Ech, Braunschweig

 

 

Zu: "Tötung auf Verlangen ist erlaubt" von Jerker Spits, JF 08/05

Nichts für ungut!

Da mußte ich doch - dem ernsten Thema zum Trotz - sehr schmunzeln, als ich las, daß Regina Apostolorum eine die niederländische Euthanasiepraxis scharf kritisierende "Professorin an der päpstlichen Universität" sein soll. Nun gibt es in Rom nicht "die", sondern eine Vielzahl von päpstlich errichteten Universitäten. Eine davon heißt "Regina Apostolorum" (Königin der Apostel), betrieben von der Priestergemeinschaft der "Legionäre Christi" und benannt nach der Heiligen Maria, der Mutter Jesu, die nach meinem Wissensstand nie akademische Würden erworben hat. Nichts für ungut!

Pater Wolfgang Hariolf Spindler O.P., Per E-Post

 

 

Zu: "Den Wählerwillen auf den Kopf gestellt" von H.-J. von Leesen, JF 09/05

Weg zur Macht selbst verbaut

Analog zur Bundestagswahl vom September 2002, bei welcher der Opposition nur 6.027 Zweitstimmen gegenüber der Mehrheit von SPD und Grünen zum Regierungswechsel fehlten, dürften auch jüngst in Schleswig-Holstein die eingebürgerten Ausländer eine entscheidende Rolle gespielt haben. Allein von den 425.000 türkischstämmigen wahlberechtigten Bürgern haben damals mehr als 80 Prozent für Rot-Grün gestimmt und somit als Zünglein an der Waage Edmund Stoiber den Einzug ins Kanzleramt versperrt. In unserem nördlichsten Bundesland leben derzeit 40.000 Deutsche türkischer Abstammung aber nur 30.000 Dänen und Friesen. Noch gravierender als ins Kiel wird sich dieser Sachverhalt bei der kommenden Landtagswahl in NRW auswirken, weil hier die Neubürger noch wesentlich stärker vertreten sind.

Dabei sollte auch nicht vergessen werden, daß das Gros derer unter Helmut Kohl ins Land gekommen ist. In manchen Jahren allein 500.000 Asylbewerber, von denen die Mehrzahl geblieben ist, obzwar über 90 Prozent von ihnen nicht anerkannt worden sind. Schon aus dieser Sicht hat sich die CDU den Weg zur Macht selbst verbaut, und zwar nicht nur in Berlin, von den verprellten Konservativen ganz zu schweigen.

Gerhart Zobler, Niederkassel

 

 

Zu: "Die Würde des Ortes respektieren", Interview mit Rolf Hochhuth, JF 08/05

Fliegerbomben der Franzosen

Rolf Hochhuths Aussagen können nicht unwidersprochen bleiben. Hervorgehoben seien nur folgende Fehler: Er behauptet, der Bombenkrieg sei mit Zeppelinangriffen auf London im Ersten Weltkrieg und der Legion Condor in Spanien von Deutschland ausgegangen. In Wahrheit wurden Fliegerbomben erstmals von den Italienern im Tripolitanischen Krieg eingesetzt, die Franzosen bombardierten deutsche Lazarette und vor allem Karlsruhe. Schon in den zwanziger Jahren wendete dann die Royal Air Force das "air policing" gegen "semi-civilized enemies" an: gegen Eingeborenenstämme im Sudan, im Nahen Osten und in Indien durch Bombenangriffe auf deren Dörfer.

Wenn Hochhuth behauptet, Churchill habe Europa von Hitler befreit, sei an Churchills Zitate erinnert, in denen er Deutschlands Vernichtung fordert, einerlei, ob es sich um das Kaiserreich, eine Demokratie oder das Hitlerregime handelt. Wie wenig ihm Europa am Herzen lag, sieht man an der Tatsache, daß er 1945 eine Hälfte dem Stalinschen Terrorregime auslieferte

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg

 

 

Zum Fragebogen mit Manfred Podlesny, JF 08/05

Hemingways Blutspur

Podlesny beantwortet die Frage, welches Buch ihn nachhaltig beeinflußt habe: "Ernest Hemingways: Wem die Stunde schlägt." Leider sagt er nicht, worin der Einfluß bestand, da der machohafte Nobelpreisträge schon in diesem Werk sein fragwürdiges Verständnis vom Kriegsvölkerrecht im Spanischen Bürgerkrieg verewigte. Die Bewunderung für Hemingway wird wohl nachlassen, wenn Podlesny die bei Rowohlt erschienenen "Ausgewählten Briefe 1917-1961" studierte.

Am 27. August 1949 rühmt sich Hemingway, als ziviler Kriegsberichterstatter 1944 beim Einmarsch in Paris einen unbewaffneten deutschen Kriegsgefangenen erschossen zu haben. Der Deutsche versuchte dem Tod zu entkommen, indem er auf die Genfer Konvention hinwies. "Du irrst dich, Bruder, sagte ich zu ihm und schoß ihm dreimal schnell in den Bauch und dann, als er in die Knie ging, schoß ich ihm in den Schädel, so daß ihm sein Gehirn aus dem Munde kam - oder aus der Nase, glaube ich." Am 2. Juni 1950 schrieb Hemingway an Arthur Mizener: "Ich habe es ganz akkurat und genau jetzt, daß ich 122 (Deutsche) getötet habe."

Karl-Heinz Schüler, Baden-Baden

 

Zu: "Frühjahrsputz bei einer Zeitung" von Dieter Stein, JF 07/07

Geschicktes Händchen

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Erscheinungsbild: damit haben Sie wirklich ein "geschicktes Händchen" bewiesen. Der vorige Auftritt war durchaus schon ansprechend - aber mit dem neuen Titelblatt ist die JUNGE FREIHEIT noch urbaner geworden.

Wenn ich die beiden Titelseiten nebeneinanderlege: Das vertraute Bild ist erhalten geblieben, und es fällt schwer, genau zu analysieren, weshalb einem das neue Bild noch besser gefällt. Aber mit dem neuen Auftritt treffen Sie noch besser das Bild eines überregionalen Meinungsblatts. Es ist kaum möglich, das im einzelnen auseinanderzudividieren. Sicherlich trägt auch die neu eingefügte Grafik im Titel dazu bei, aber eben nicht allein. Insgesamt: rundum gelungen! - Trotz der abenteuerlich-skurrilen Angriffe eines etwas hinterwäldlerischen westdeutschen "Verfassungsschutzes" haben Sie hier einen weiteren Schritt auf dem Wege zu einem bedeutenden überregionalen Blatt zurückgelegt.

Paul Kuhnle, Friedeburg-Horsten

 

Auf den ersten Blick überzeugt

Obwohl ich zu den Menschen gehöre, die gern an Gewohntem festhalten, hat mich die neue Titelgestaltung auf den ersten Blick überzeugt! Ja, ich finde das Berlin-Symbol so gelungen, daß ich anregen möchte, dies als Abzeichen, in Miniaturformat, herauszubringen. Ob das finanziell machbar ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Uwe-Rolf Hinze, Karwe

 

 

Zu: "Scham ist nicht schrill" von Doris Neujahr, JF 05/05

Wer spricht heute noch davon?

Die Befreiung von Auschwitz fand nicht im Januar 1945 statt. Das Verbrechen ging weiter. Nachbarn und Landsleute aus meiner Heimatstadt Sternberg in Mähren sind nach dem Krieg im Juni 1945 nachts von den Tschechen herausgeholt worden und wurden mit Schlägen und Peitschenhieben ins Gefängnis getrieben. Nach tagelangen Mißhandlungen brachte man sie nach Birkenau, und dann mußten sie zu Fuß den Marsch in das KZ Auschwitz antreten.

Zehntausende Deutsche aus Mähren und Schlesien, dem Großraum von Troppau (Landeshauptstadt des ehemaligen Ostsudetenlandes), Karwiner Ländchen (Raum Oderberg), Raum Mährisch Ostrau, Witkowitz, Bielitz-Biala, Freudenthal, Würbental, Stauding, Zauchtl, Wagstadt u. a. Bezirken wurden im KZ Auschwitz nach dem Krieg 1945/46 inhaftiert. Dort sind Tausende Deutsche nach schweren Mißhandlungen und Massakern verhungert, teilweise mußten sie Urin trinken, umgekommen. Wer spricht heute noch davon?

Brunhilde Biehal, Oberursel


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