© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

Kein Bond-Film
von Peter Lattas

Die Schüsse auf die aus Geiselhaft befreite italienische Journalistin Giuliana Sgrena sind peinlich für alle Beteiligten: Für die USA, deren nervöse GIs ihre wachsende Unsicherheit mit Kugelhagel überdecken und so Verstimmungen ausgerechnet bei einem der treuesten Vasallen im "Neuen Europa" heraufbeschworen haben; für Italiens Premier Silvio Berlusconi, dessen Kriegspolitik dadurch nicht gerade populärer wird; für Giuliana Sgrena, die dahinter in linkspazifistischer Selbstüberschätzung eine gezielte Verschwörung gegen sich vermutet; und für den italienischen Geheimdienst, für den - wie ein US-Offizier maliziös anmerkt - das Ganze offenbar ein "James-Bond-Film in Bagdad" war, in dem man nachts mit einer befreiten Geisel im Auto unbemerkt über die "gefährlichste Straße der Welt" brausen könne - ein tödlicher Irrtum. Ihnen allen täte es gut, am Sarg des erschossenen Geheimdienstoffiziers Nicola Calipari eine Minute nachzudenken.

Er wird nicht der letzte Tote durch friendly fire in diesem endlosen Kleinkrieg bleiben, und Giuliana Sgrena nicht die letzte Journalistin, die gekidnappt und, wie zu vermuten ist, mit einem hohen Lösegeld von ihrer Regierung wieder freigekauft wurde. Nein, der Irak-Krieg ist kein James-Bond-Film - das sollten sich auch die Amerikaner hinter die Ohren schreiben: Helden und Schurken lassen sich nicht so leicht auseinanderhalten, und es ist keineswegs garantiert, daß die Guten auch immer gewinnen. Ein glückliches Ende gibt's nur im Film; im wirklichen Leben kommt meistens Chaos heraus, wenn man ohne Plan einfach drauflos zuschlägt.


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