© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/05 18. März 2005

Meldungen

Radikaler Wandel der Luftkriegsdeutung

SEELZE. "Bombenkriegsdiskurse" haben in Deutschland eine lange Tradition. Das ist die wesentliche Aussage der Regionalstudie Malte Thiessens über das Hamburger "Gedenken an 'Operation Gomorrha'" (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1/05). Von einem "Tabubruch" nach jahrzehntelangem Beschweigen, wie es anläßlich jüngster Veröffentlichungen über den Massenmord aus der Luft hieß, könne keineswegs die Rede sein. Gerade in Hamburg gebe es wohl die beständigste "Erinnerungskultur", die in die bundesrepublikanischen Gründungsjahre zurückreicht. Die "Vergegenwärtigkeit der Vergangenheit" war in der einsetzenden Wirtschaftswunderzeit zunächst eng verknüpft mit dem "Stolz über den tatkräftigen Aufbau". So verband sich in dem "Luftkriegsnarrativ" der frühen Gedenkreden die mythologisierende Deutung des Terrorangriffs als einer aus allen historischen Bezügen gelösten "Ur- oder Naturkatastrophe" mit dem in den sechziger und siebziger Jahren endgültig dominierenden "Vorher-Nachher-Motiv" des gelungenen Wiederaufbaus. Aber 1974 wurden letztmalig Kränze am Ehrenmal niedergelegt, und zu Beginn der achtziger Jahre verknüpfte sich das Gedenken in die allgemeine friedenspolitische Warnung vor dem "atomaren Holocaust". Eine "neue Sinngebung", die bis heute gilt, formte sich am 50. Jahrestag 1993: Nicht mehr der früher propagierte Überlebenswille war Voraussetzung des Wiederaufbaus, sondern die zur "Befreiung" führende Bombardierung selbst. Die Deutschen hätten Gewalt erfahren müssen, um eine Zukunft zu gewinnen - "eine völlige Verkehrung bisheriger Luftkriegsnarrative".

 

Lebensrettende Mutation aus dem Mittelalter

OXFORD. Der britische Wissenschaftler Christopher Duncan hat in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Medical Genetics die These aufgestellt, daß das Auftreten der vor Aids schützenden CCR5delta32-Mutation bei fast jedem zehnten Nordeuropäer auf mittelalterliche Seuchen zurückzuführen sei. Diese Mutation habe die Oberfläche der T-Helferzellen, auch Hauptziel der HI-Viren, so verändert, daß die Erreger nicht mehr eindringen können. Menschen, die gegenüber einer damals grassierenden hämorrhagischen Viruserkrankung immun waren - laut Duncan wurde diese oft mit der Pest verwechselt -, hätten sich evolutionär über die von dieser Krankheit geprägten Jahrhunderte durchgesetzt.

 

Der Untergang - Vergessene deutsche Gedenktage 1944/45

Vor sechzig Jahren: Kriegswirtschaft bricht zusammen

Am 15. März 1945 verfaßt Albert Speer als Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion eine Denkschrift ("Wirtschaftslage März/April 1945 und Folgerungen") an Hitler, in der er auf den Zusammenbruch der Rüstungswirtschaft, Wehrmachts- und Zivilversorgung hinweist. "Die deutsche Rüstung wird (...) nicht mehr in der Lange sein, auch nur im entferntesten die Bedürfnisse der Front (...) und den Bedarf für die Neuaufstellung zu decken."

 

Erste Sätze

In dieser Zeit der hellen Nächte, Mutter, kehrt alles wieder.

Hans Georg Brenner: Nachtwachen. Die Aufzeichnungen eines jungen Mannes, Berlin 1940


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