© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/05 18. März 2005

Der Preis der Aufmerksamkeit
Ekkehard Schultz

Die Frankfurter Buchmesse genießt gegenüber ihrem Leipziger Pendant den Vorteil, daß durch die Bekanntgabe des neuen Literaturnobelpreisträgers und vor allem durch den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, der während der Messe in der Frankfurter Paulskirche überreicht wird, die Aufmerksamkeit auf den Literaturbetrieb gelenkt wird. Zudem gibt es zahlreiche weitere Preisverleihungen am Rande des Messerummels in der Mainmetropole wie den 2004 erstmals vergebenen Preis für die beste Literaturverfilmung.

Nun haben auch die Leipziger Verantwortlichen erkannt, daß eine bieder und eher betulich ablaufende Veranstaltung ebenso einer eigenen Preisverleihung bedarf. Und so wird diesmal erstmals ein Preis der Leipziger Buchmesse in drei Kategorien verliehen: Sachbuch (inklusive Wissenschaft), Belletristik (gesamtes Spektrum) und Übersetzung (Erst- oder Neuübersetzung ins Deutsche). Der Jury unter dem Vorsitz von Martin Lüdke vom Südwestrundfunk gehören Franziska Augstein (Süddeutsche Zeitung), Richard Kämmerlings (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Andrea Köhler (Neue Zürcher Zeitung), Sigrid Löffler (Literaturen), Norbert Miller (Technische Universität Berlin) und Klaus Richter (Mitteldeutscher Rundfunk) an, die über die mit jeweils 15.000 Euro (insgesamt 45.000 Euro) dotierten Preise bestimmen werden. Der Preis von jeweils 15.000 Euro wird von der Leipziger Buchmessegesellschaft, der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen ausgelobt, der auch zusammen mit dem Literarischen Colloquium Berlin das Konzept erarbeitete.

Ob die Verleihung des neuen Preises tatsächlich die Aufmerksamkeit erhöhen wird und zum meßbaren Erfolg der "kleinen" Buchmesse in Form einer erneut sechsstelligen Besucherzahl (2004: 102.000 Messegäste) beiträgt, kann erst nach Schließen der Messetore am 20. März festgestellt werden. Daß sie, wie Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee sich blumig ausdrückte, "das spannende Bemühen Leipzigs um ein geistiges Lebensmittel" forcieren wird, dürfte bezweifelt werden. Denn die Energie, die man für das Außenwirksame aufwendet hat, scheint zu Lasten einer inhaltlichen Ausrichtung gegangen zu sein. Wie sonst ist zu begründen, daß man sich dieses Jahr in Leipzig noch nicht einmal um ein Motto oder einen konkreten Schwerpunkt bemüht hat?


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