© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

Vielfalt des Genehmen
Leipziger Buchmesse
Ekkehard Schultz

Auch in diesem Jahr kann die Leipziger Buchmesse mit neuen Rekorden aufwarten: Mit rund 108.000 Besuchern wurde eine Steigerung von über fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. 2.142 Verlage und Unternehmen rund ums Buch (2004: 2.084) präsentierten sich auf einer vermieteten Gesamtfläche von 49.000 Quadratmeter (Vorjahr: 44.000).

Im Widerspruch zu dieser formalen Demonstration der Meinungs- und Informationsvielfalt auf der Leipziger Buchmesse stehen jedoch einige Ungereimtheiten. So war in diesem Jahr die Bundeswehr mit keinem Stand vertreten, nachdem seit 2002 Verleger aus dem linken Spektrum auf die Messegesellschaft Druck ausgeübt hatten, einen Auftritt dieser Institution zu unterbinden. Bei der Messe 2004 hatten die Auseinandersetzungen einen Höhepunkt erreicht, als etwa 200 Linke am Bundeswehrstand kräftig randalierten.

Beunruhigt durch diese Vorgänge richtete die Messegesellschaft ihr Augenmerk verstärkt auf Verlage, die im Verdacht stehen, ein rechtsextremes Spektrum zu bedienen. So gab Pressesprecherin Susanne Heusler bekannt, daß man den Duisburger Verlag und Agentur Werner Symanek (VAWS), der nach zwei Jahren wieder mit einem kleinen Stand präsent war, nur deswegen auf der Messe toleriert habe, weil es "keine rechtliche Handhabe" gegeben hätte, ihn auszuschließen. Dennoch habe man sofort nach der Anmeldung ein Gespräch mit dem sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz geführt. Ergebnis: Die Messegesellschaft schickte regelmäßig eine Praktikantin am Stand vorbei, um zu kontrollieren, daß dort keine verbotene bzw. indizierte Literatur den Besitzer wechselt.

Bei den Neuerscheinungen standen im Gedenkjahr 2005 eine größere Anzahl von Titeln zum Thema Nationalsozialismus im Vordergrund. So wurden mit großen Aufwand Titel wie Götz Alys "Hitlers Volksstaat" und Joachim Fests "Gespräche mit Albert Speer" präsentiert. Um Aufmerksamkeit ringen mußten dagegen konservative Verlage wie die Edition Antaios, die ihre Neuerscheinungen "Der Endkampf" von Wolfgang Paul und den von Karlheinz Weißmann herausgegebenen Band "Die Besiegten" vorstellte (JF 12/05). Der sechzigste Jahrestag des Beginns von Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa wurde zumeist lediglich von kleineren Verlagen mit Neuerscheinungen gewürdigt.

Als Träger des erstmalig verliehenen Leipziger Buchpreises wurden Terézia Mora für "Alle Tage" (Luchterhand) in der Sparte Belletristik, Rüdiger Safranski für "Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus" (Hanser) in der Sparte Sachbuch/Essayistik und Thomas Eichhorn für seine Übersetzung von Les Murrays "Fredy Neptune" (Ammann) in der Kategorie Übersetzung gekürt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen