© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/05 01. April 2005

Ohne Parallele
von Peter Lattas

Es ist nicht alles "Opposition", was mit Präsidentenstürzen glänzt. Die einfältigen Kommentatoren, die in Kirgistan schon die Mor-genröte der Demokratie bejubeln, dürften sich bald über ganz anderes als den Mangel an bunten Schals wundern. Für eine demokratische Bewegung fehlt es in Zentralasien, wie vielerorts außerhalb des westlichen Kulturkreises, am Personal wie an der gesellschaftlichen Basis. Die einzige Parallele zur Ukraine ist, daß hier wie dort Ex- Profiteure des abgewirtschafteten Systems als Anführer des Umsturzes auftreten. Die paar Intellektuellen, denen es tatsächlich um Demokratie gegangen sein mag, sind längst ausmanövriert. Mit dem früheren Innenminister Kulow hat ein Ex-KGB-General das Heft in die Hand genommen und sogleich seine Nähe zu Moskau betont.

Die Klanchefs aus dem Süden, die sich von dem Nordkirgisen Akajew benachteiligt fühlten und deshalb rebellierten, fürchten mit ihrem Vorkämpfer und Übergangspräsidenten Bakijew um die Früchte des Sieges; der Pöbel, der während der Ostertage in Geschäften und öffentlichen Gebäuden marodierte, gibt die willige Verfügungsmasse für den drohenden Bürgerkrieg ab, der durch den Einfluß der Drogen- und Islamistenklans im südlichen Grenzgebiet zum usbekischen Fergana-Tal nur noch wahrscheinlicher wird. Am Ende wird in Kirgistan wohl ein korrupter Klüngel den anderen ablösen. Den Gewaltigen in Moskau und Washington wird's egal sein, welcher - wenn er nur wieder mit beiden kooperiert. Ausbaden muß es, wie immer, das Volk.


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