© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/05 22. April 2005

Frisch gepresst

Carl Schmitt. Mit satter Häme derer, die sich gewiß sind, die öffentliche Meinung zu kreieren und zu kontrollieren, posaunte die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 7. April: "Zum 20. Todestag kehrt der furchtbare Carl Schmitt zurück." Anlaß dazu gab die am gleichen Tag ausgelieferte kompendiöse Edition völkerrechtlicher Schriften des Mannes, der, wie Ulrich K. Preuß einem angelsächsischen Publikum kniefälligst beteuerte, niemals ein Autor von solcher "eternal relevance as Hobbes or Machiavelli" sei (Frieden oder Pazifismus? Arbeiten zum Völkerrecht und zur internationalen Politik 1924-1978. Herausgegeben, mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Günter Maschke, Duncker & Humblot, Berlin 2005, 1.010 Seiten, gebunden, 98 Euro). Schmitt, so Preuß, könne sich mit den Klassikern schon deshalb nicht messen, weil seine Bedeutung an eine Epoche gebunden sei, die just verschwinde. Doch genau dieses ist nicht in Sicht. Denn die 1789 proklamierte neue Weltordnung, als jene "Welt-Unordnung" 1919 im Versailler Diktat und im Völkerbund institutionalisiert, die Schmitts völkerrechtliches Denken entzündete, dürfte locker das 21. Jahrhundert prägen. Wer unserer Zeit also auf den Begriff will, der ist ohne den von "Maschkiavelli" (SZ) kommentierten Schmitt rettungslos verloren. Was man laut SZ in Washington erkannt habe, wo Schmitts "politischer Geist längst besser gepflegt" werde als hierzulande.

Martin Heidegger. Das weit mehr als hundertbändige Werk des Philosophen Martin Heidegger, das um 2015 abgeschlossen vorliegen soll, wird gern reduziert auf die Rektoratsrede von 1933, also auf den "Nazi" Heidegger. Daß aus ihm dieser Finsterling wurde, erklären alle Reduktionisten aus seinem "Provinzlertum". Bis zum Abwinken zitierter Basistext für diese "Ideologiekritiker", unter denen sich Adorno und Habermas ebenso finden wie Farías und Ott, ist Heideggers Vortrag von 1934: "Warum bleiben wir in der Provinz?" Daß sich diese Frage nicht mit dem Klipp-Klapp von Adornos "Jargon der Eigentlichkeit" beantworten läßt, ist klar. Statt dessen muß man Heimat- und Familienkunde treiben, "dem Martin" in Meßkirch und Umgebung nachspüren, seine Biographie im "Spiegel der Lokalzeitungen" rekonstruieren, um sich dem Denker auf Holz- und Feldwegen zu nähern - was Elsbeth Büchin und Alfred Denkler in ihrem reich illustrierten kleinen Subtext von "Sein und Zeit" getan haben (Martin Heidegger und seine Heimat, Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 266 Seiten, gebunden, 23 Euro).


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