© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/05 29. April 2005

WIRTSCHAFT
Polnische Verhältnisse für deutsche Landwirte
Bernd-Thomas Ramb

Die Spargelsaison hat begonnen. Wieder kommen zigtausend polnische Saisonarbeiter, um gekonnt die kostbare Delikatesse aus dem Boden zu holen. Andererseits weist ein Spargelland wie Brandenburg eine Arbeitslosenquote von über zwanzig Prozent aus. Doch die Bauern berichten, sie hätten seit mehr als zehn Jahren keinen einzigen deutschen Bewerber für die Arbeit des Spargelstechens oder Erdbeerpflückens gesehen. Die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) hat deshalb die Vorstellung entwickelt, Polen und anderen EU-Neubürgern keine Arbeitserlaubnis mehr zu erteilen und statt dessen Langzeitarbeitslose zum Ernteeinsatz zu bewegen.

Der Protestschrei der Bauern kam sofort. "Zwangsweise vermittelte deutsche Arbeitslose, die nur zum Erhalt ihres Arbeitslosengeldanspruches durch landwirtschaftliche Betriebe durchgeschleust werden, sind für die heimischen Bauern eine unzumutbare Belastung", so Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Selbst wenn die deutschen Arbeitslosen motiviert und arbeitswillig sind (das für die BA kostspielig auszutesten, weigern sich die Bauern verständlicherweise), Spargelstechen erfordert eine gewisse Qualifikation. Fehlt diese - oder wird aus anderen Motiven fehlende Fähigkeit zur niederen Feldarbeit demonstriert -, kann der Ernteschaden beträchtlich sein.

Kein Problem, meint die BA, dann führen wir eben Schulungskurse durch: In zwei Wochen zum Fachspargelstecher, am besten mit akademischem Abschluß verziert. Die behördliche Regulierungswut und der staatliche Interventionswahn am Arbeitsmarkt treiben ihre landwirtschaftlichen Stilblüten. Dabei wäre die - zugegeben marktwirtschaftliche - Lösung so einfach: polnische Arbeitsmarktverhältnisse in Deutschland.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen