© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/05 06. Mai 2005

Meldungen

Irak: Eine Katastrophe der Militärgeschichte

WASHINGTON. "Daß sich der militärische Widerstand gegen die US-Besatzer in derart kurzer Zeit so erfolgreich formieren konnte, ist wohl die außergewöhnlichste Katastrophe in der modernen Militärgeschichte", erklärte Avram Noam Chomsky, Linguistikprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), letzte Woche in der Jungen Welt. Selbst die deutsche Wehrmacht sei "bei ihrer Besatzung weiter Teile Europas nicht auf einen derart entschiedenen und breiten Widerstand gestoßen", meinte der 76jährige US-Linksintellektuelle. "Allen Beteiligten war von Beginn an klar, daß der irakische Staat sich gegen eine US-Invasion nicht verteidigen konnte. Das Land lag völlig am Boden", erläuterte Chomsky. "In Anbetracht dieser Umstände hätte es die leichteste Invasion und Besatzung eines Landes in der Geschichte sein müssen." Zudem machte die Besatzung mit zwei brutalen Regimen Schluß: "dem Saddam Husseins und dem der Sanktionen". Es gäbe zwar Parallelen zum Vietnam-Krieg, aber "erstmals in der Geschichte Europas und der USA haben dabei die Proteste ihren Anfang genommen, bevor der Krieg begann. Das ist gut. Und das sollte Hoffnung geben."

 

US-Kritik an neuen taktischen Atomwaffen

NEW YORK. Anläßlich der Überprüfungskonferenz des Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen in New York hat Ex-US-Verteidigungsminister Robert McNamara die Atomwaffenpolitik der US-Regierung als "unmoralisch, illegal, militärisch bedenklich und furchtbar gefährlich" bezeichnet. "Amerikanische Führer erklären zwar, die Welt vor der Verbreitung (von Atomwaffen) im Irak, in Libyen, Iran und Nordkorea zu schützen, doch sie selbst mißachten Verträge und haben zudem Pläne für die Entwicklung neuer Waffen bestätigt", erklärte Ex-US-Präsident Jimmy Carter zur geplanten Ausrüstung der US-Streitkräfte mit taktischen "Mini-Nukes" und bunkerbrechenden Atomsprengköpfen. Pentagon-Experten sind der Ansicht, nur Atomexplosionen könnten Kommandozentralen sowie Chemie- und Biowaffen in hunderte Meter tiefen Bunkern zuverlässig vernichten.

 

Minister-Rücktritt wegen Gaza-Abzug

JERUSALEM. Der israelische Kabinettsminister Natan Sharansky hat aus Protest gegen den geplanten Abzug der israelischen Soldaten und Siedler aus dem Gaza-Streifen seinen Rücktritt erklärt. Der Abzug, den er "total" ablehnen müsse, bedeute eine "Schwächung" und verringere die Aussichten, eine freie palästinensische Gesellschaft aufzubauen, erklärte der 57jährige Likud-Politiker. Israelische Zugeständnisse müßten von Reformen auf palästinensischer Seite abhängig gemacht werden. Als Anatoli Schtscharanski geboren, war er 1977 als Dissident in der Sowjetunion zu 13 Jahren Gulag verurteilt worden. 1986 kam er durch einen Agentenaustausch frei. Sharanskys russische Einwandererpartei Israel Be'Aliya hatte sich 2004 dem Likud von Premier Ariel Scharon angeschlossen. In seinem neuen Buch "The Case for Democraty" fordert Sharansky den Westen auf, keine Kompromisse mit diktatorischen Regimen einzugehen.

 

Rote Telefonleitung Jerusalem-Ankara

JERUSALEM/ANKARA. Israel und die Türkei haben eine direkten Telefonverbindung auf Regierungsebene vereinbart. Eine derartige Standleitung auf höchster Ebene gebe es bislang mit den USA, Großbritannien, der EU und Rußland, sagte der israelische Premier Ariel Scharon letzten Sonntag bei einem Treffen mit dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan in Jerusalem. Islamistenführer Erdogan ist der erste türkische Regierungschef, der Israel einen Staatsbesuch abstattet.


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