© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/05 13. Mai 2005

Bedingte Freiheit
von Eike Erdel

Das Versammlungsrecht in Deutschland gilt nicht für jedermann - diese Lehre kann man aus der gescheiterten Demonstration der NPD zum 8. Mai am letzten Sonntag ziehen. Erst bekommt sie vom Bundesverfassungsgericht ohne Begründung verboten, den Aufzug am Holocaust-Mahnmal vorbeizuführen und die Abschlußkundgebung am Brandenburger Tor vorzunehmen, dann blockieren Tausende Gegendemonstranten der genehmigten Demonstration den Weg, ohne daß die in ausreichender Zahl anwesende Polizei einschreitet. Die von der NPD gegen das Nichteinschreiten der Polizei angekündigten rechtlichen Schritte sind jedenfalls aussichtsreich.

Es ist Aufgabe der Polizei, die Durchführung einer genehmigten Demonstration zu gewährleisten. So friedlich, wie die Gegendemonstranten von den Verantwortlichen dargestellt werden, sind diese keineswegs gewesen. Immerhin haben sie sich ohne Genehmigung versammelt und sich trotz Aufforderung der Polizei geweigert, den Weg für den Demonstrationszug freizumachen. Dieses Verhalten der Gegendemonstranten kann durchaus nach dem Versammlungsrecht bestraft werden. Es kommen jedenfalls Zweifel auf, ob die Entscheidung der Polizei tatsächlich spontan vor Ort gefallen ist oder zur Verhinderung der Demonstration schon von vornherein feststand. Ganz abwegig ist der Gedanke jedenfalls nicht, immerhin wurden ja auch die Gegendemonstranten von Regierungsmitgliedern offen zur Blockade des NPD-Aufzugs aufgefordert. Warum soll da nicht auch die Polizei mal das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aushebeln?


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