© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/05 13. Mai 2005

Leserbriefe

Zu: "Der gute alte Klassenkampf" von Dieter Stein, JF 18/05

Gemeinnutz vor Eigennutz

Kein Zweifel, daß Münteferings Kapitalismuskritik den Zweck verfolgt, die Wahlchancen von Rot-Grün zu verbessern und Wähler zurückzugewinnen. Das ist normal. Ich wüßte keinen Politiker, dessen Wort ich glauben, dem ich vertrauen und den ich darob auch respektieren würde. Sie sind alle unglaubwürdig, verfolgen nur ihre eigenen Zwecke. Daß Gemeinnutz vor Eigennutz gehen könnte, ist ihnen fremd.

Die Nation, ihr Wohl und ihr Fortbestand haben für sie nur Bedeutung, wenn es zu ihren Zielen paßt. Selbst Demokratie ist zum Zweckbegriff verkommen. Man ist Demokrat, wenn es einem nützt. Aber wenn man die Meinung der Bürger fürchtet, läßt man Demokratie Demokratie sein. Vielleicht muß das so sein, ist menschlich. Wohl fühle ich mich aber nicht dabei.

Die Kapitalismuskritik Münteferings teile ich, weil ich keine Perspektive mit dem Kapitalismus zu erkennen vermag. Was nützen mir Globalisierung und preiswerte Waren, wenn die Arbeitsplätze verschwinden und immer mehr Bürger arbeitslos werden und von unseren Kindern und Enkeln finanziert werden müssen? Unser Finanzminister ist schon stolz, wenn er einmal weniger Schulden macht. Aber Schulden macht er immer.

Johann von Spanheim, Gelsenkirchen

 

 

Zu: "Dem Sog entzogen" von Ellen Kositza, JF 18/05

"Unnötig" getötet

Den derzeit zehn Millionen Kindern, die jährlich im Alter bis fünf Jahren in den medizinisch schlechter versorgten Ländern sterben, stehen dort etwa zwei Milliarden Einwohner gegenüber. Die auf die Einwohner bezogene Kindersterblichkeit beträgt also 0,5 Prozent.

Bei uns werden jährlich rechtswidrig, aber straffrei und krankenkassenfinanziert (also durch uns alle) 320.000 Kinder schon im Mutterleib "unnötig" getötet. Dieser Anteil der "Kindersterblichkeit", in Relation zu den etwa 80 Millionen Einwohnern gestellt, ergibt 0,4 Prozent. Sollten wir nicht, auch um glaubwürdiger argumentieren zu können, zunächst bei uns diese Katastrophe - die auch sonst schon für alle sichtbar wird, und noch stärker fühlbar werden wird - entscheidend eindämmen und diese Kinder retten?

Barbara Auer, Wiesenbach

 

Vererbung der Schulden

Zwei Herren aus dem Kanzleramt Helmut Schmidts bezeichneten Klagen über deutsche Kinderarmut so: Die vier Millionen in Deutschland lebenden Ausländer würden mit ihren Kindern Deutschlands Nachwuchs ersetzen. Daran zu zweifeln sei ein "grandioses Zeichen nationalistischer Engstirnigkeit". Inzwischen scheint man das im Kanzleramt anders zu sehen, der Wahlen wegen?

Diese kleinere, nicht mehr dem Volkserhalt dienende Kinderschar belastete eine schwarze Regierung mit einem "Generationsvertrag", Blüm hieß der führende Kopf der Erfinder. Dieser Vertrag ermunterte die schwarzen und roten Regierungen, den Kindern bis heute (aber weiter ansteigend) 1 Billion 468 Milliarden Euro Schulden zu vererben. Heute fallen jährlich 63,8 Milliarden Euro Zinsen an. Das sind 20 Prozent des Bundeshaushaltes, die anstelle von notwendigen Investitionen ausfallen, von Jahr zu Jahr mehr!

Über eine Tilgung der Schulden beginnen die Regierenden sich Gedanken zu machen. Der bequemste Weg ist der in die Inflation. Die in Brüssel eingebauten Inflationsbremsen werden durch Auflösung des Stabilitätspaktes beseitigt. Kann man da nicht die acht Millionen vollzogenen Abtreibungen in der Schuldenmacherzeit positiv sehen? Den Getöteten ersparte man das Schuldendesaster, der uneigennützige Staat verzichtete bei zehn Prozent Arbeitslosen auf sieben Millionen Steuerzahler.

Das sind schwarz-rote sozialistische Planungen heute, 15 Jahre nach dem Sowjet-Grabgesang. Wen soll, ja wen kann man da noch wählen?

Prof. Dr. Helmut Güttich, Gauting

 

 

Zu: "Die Rückkehr der Roten Armee" von Jochen Arp, JF 18/05

Verhöhnung der Opfer

Es gibt wirklich keine Schändlichkeit, die nicht zu diesem 60. Jahrestag der deutschen Kapitulation aufgeboten wird.

Wie ist es möglich, daß in der deutschen Hauptstadt gewagt werden darf, die Rote Armee zum 8. Mai 2005 noch einmal symbolisch in unsere Stadt einmarschieren zu lassen? Warum werden die Initiatoren nicht öffentlich geächtet? Gibt es denn Schlimmeres, als die Opfer dieses Einmarsches zu verhöhnen? Wie soll unser Land je wieder zu sich selber finden, wenn eine solche Perversion hingenommen wird? Es ist schon gerade schlimm genug, daß der deutsche Kanzler in Moskau die deutsche Kapitulation feiert und nur privat gefallener deutscher Soldaten gedenken will.

Alois Buttler, Forchheim

 

Mehrmals vergewaltigt

Frau Demba hat vermutlich damals 1945 noch nicht gelebt. Sie ist niemals mehrmals vergewaltigt worden wie meine Mutter und meine Schwiegermutter. In Berlin waren es etwa hunderttausend Mädchen und Frauen. Meine Mutter hatte absolut nicht die Absicht, uns das Leben zu nehmen. Doch wir sprangen in Panik in einen See. Wir haben überlebt. Das Wasser führte zum klaren Denken. Ich wünsche Frau Demba nichts Schlechtes, und solches zu erleben möge ihr erspart bleiben.

Politisch wurden wir befreit, doch im Erleben der Menschen damals nicht, jedenfalls nicht im Gebiet der späteren SBZ.

Dieter und Alma Krüger, Neubrandenburg

 

 

Zu: "Ein Fest der Platzhalter" von Marcus Schmidt, JF 18/05

Es war die Hölle, nie wieder!

Sechzig Jahre sind vergangen, seit der Zweite Weltkrieg am 8. Mai 1945 zu Ende ging. In einer Gedenkfeier nach dem Motto "Tag der Demokratie" wollen Parteien und Kirchen in seltener Einigkeit an diesen Tag erinnern und gleichzeitig dazu aufrufen, daß sich ein solcher Weltenbrand nie mehr wiederhole. Ich war als Soldat der "Großdeutschen Wehrmacht" dabei, als der Großangriff der sowjetischen Truppen am 16. April 1945 auf Berlin begann. Dazu kann ich nur sagen: Es war die Hölle und - nie wieder!

Franz Wellschmidt, Waldbrunn

 

 

Zur Meldung "Kritik an Äußerungen von Schultze-Rhonhof", JF 18/05

Mit Halbwahrheiten zufrieden

Wenn Frau Cornelia Sonntag-Wolgast Herrn Schultze-Rhonhof meint übelste Geschichtsverfälschung vorwerfen zu müssen, dann muß sie sich schon fragen lassen, woher sie denn ihre Kenntnisse unserer neueren Geschichte bezieht. Herr Minister Schönbohm meint dazu, die Äußerungen Schultze-Rhonhof seien "nicht akzeptabel" - natürlich nicht, denn sie passen nicht in unsere Political Cor-rectness. Dies sagte jedoch nichts darüber aus, daß Wahrheiten zur neueren Geschichte einfach nicht mit dieser Political Correctness in Einklang zu bringen sind. Zumal wenn man sich nicht mit nur Halbwahrheiten zufriedengeben möchte. 

Hans Demmeler, Memmingen

 

 

Zu: "Und er bleibt doch im Amt" von Markus Schleusener, JF 18/05

Entrüsteter Minister

Unser heutiger Bundesaußenminister hat sich entrüstet gezeigt, weil in seinem Auswärtigen Amt das Bild eines Beamten hängt, der früher einmal Mitglied der NSDAP war. Könnte es nicht vielleicht auch mal einen zukünftigen Außenminister geben, der entrüstet darüber ist, daß im AA das Bild eines Mannes hängt, der früher einmal dem Straßen-Terrorismus huldigte? Die von Joseph Fischer bei seiner Befragung an den Tag gelegten, die Fragesteller beleidigenden Reaktionen müssen doch eigentlich bei den Wählern die Frage aufkommen lassen, ob er heute von seinen straßenterroristischen Argumentationen abgerückt ist.

Martin Haverkamp, Bad Driburg

 

Verantwortung tragen

Außenminister Joschka Fischer hat in seiner Anhörung vor dem Visa-Untersuchungsausschuß nicht mehr auf Fehler seiner Mitarbeiter verwiesen, sondern wiederholt erklärt, für die Visa-Erlasse aus dem Auswärtigen Amt (AA) persönlich die Verantwortung zu tragen ("Fischer-Erlaß"). Den Eingang der zahlreichen von den Außenstellen, z.B. Kiew, an die AA-Zentrale gerichteten Protestschreiben hat er nicht bestritten.

Seiner Parteifreundin Andrea Fischer hatte er seinerzeit den Rücktritt nahegelegt, weil sie ein in ihrem Ministerium zur BSE-Krise eingegangener Brief zu spät erreichte ("Du hast Dein Ministerium nicht im Griff"). Im Gegensatz hierzu sieht Fischer keinen Anlaß zu persönlichen Konsequenzen. Preisfrage: Welche Bedeutung besitzt die Erklärung "Ich übernehme die Verantwortung"?

Friedrich-Wilhelm Siebeke, Mettmann

 

 

Zu: "Vom Baugerüst gefallen" von Thorsten Hinz, JF 18/05

Längst überfällige Gedenkstätte

Herr Hinz hat erneut darauf hingewiesen, wie wichtig die Privatinitiative von Frau Hildebrandt für die längst überfällige Suche nach einer Gedenkstätte für die Opfer der deutschen Teilung ist - einer Stätte, die der Singularität einer menschenverachtenden Freiheitsberaubung von 17 Millionen Deutschen angemessen ist und die man (aus falsch verstandener Rücksicht auf die SED-Nachfolgepartei) nicht vor Berlin-Besuchern verstecken sollte.

Es hätte ja schließlich niemand ernsthaft in Erwägung gezogen, das Holocaust-Mahnmal etwa in Steinstücken zu errichten. Man sollte mit der Realisierung einer würdigen Gedenkstätte jedoch nicht erst wieder warten, bis 60 Jahre nach der Schandtat verstrichen sind. Denn auch das Gute hat seine rechte Zeit: Was zu spät kommt, ist bestenfalls gut gemeint.

Gerd Trepte, Berlin

 

 

Zu: "Der Hüter des Glaubens" von Eberhard Straub, JF 17/05

Außergewöhnliche Intelligenz

Papst Benedikt XVI. zählte aufgrund seiner außergewöhnlichen Intelligenz schon als Kardinal Ratzinger zu den "Auserwählten". Ihm ist zuzutrauen, daß er eine historische Einigung zustande bringt: eine Einigung gegen den Mißbrauch menschlicher Macht im Namen Gottes, gegen das Ausnützen von Ohnmacht anderer zum eigenen Vorteil, gegen die Diktatur des Geldes, gegen Krieg und Unterdrückung, gegen Ausbeutung, Armut und Hunger, gegen die Drahtzieher, Propagandisten und Vasallen von "Eliten" und falschen Propheten, die sich am Unglück der Massen bereichern, eine Einigung in Liebe zu allen Menschen, auch zu solchen, die vom rechten Weg abgekommen sind.

So könnte Papst Benedikt XVI. zum Wohle der Menschen Geschichte machen. Die Namenswahl allein ist zu wenig, um Vertrauen zu gewinnen. Nicht nur in Lateinamerika erwarten die Menschen eine (nicht marxistische) Befreiungstheologie, die zum Wegbereiter des einigen Widerstandes gegen Anmaßung und Autokratie in einer globalen Revolution wird. Papst Benedikt XVI. könnte die Menschen diesem Ziel näherbringen. Vielleicht aber auch gegen seinen Willen.

Dr. Erich Schäfer, Wien

 

 

Zu: "Mutter der Eltern" von Ellen Kositza, JF 17/05

Etwas zu viel Anerkennung

Vielleicht ist es etwas zu viel Anerkennung, einer quotentüchtigen, PC-Chefredakteurin der Zeitschriften Eltern und eff einen solchen Titel zu geben. Bei der Untersuchung, warum in den ehemals "faschistischen Staaten" die Geburten- Quote besonders niedrig ist, sollte man Deutschland betreffend noch die Kinder der Rußlanddeutschen, Zuwandererkinder und die der naturalisierten Staatsbürger abziehen, dann käme man auf eine noch viel erschreckendere Zahl.

Dann müßte man besser die fehlende Identität der Bundesdeutschen untersuchen, die sie davon abhält, diesem Volk noch Kinder zu erziehen und die Familientradition fortzuführen und statt dessen nur noch das Leben zu genießen.

Georg K. Schmelzle, Norden/Ostfriesland

 

 

Zu: "Aufruf der Generale" von Marcus Schmidt, JF 17/05

Korrektur angebracht

Gerd Schultze-Rhonhofs Aufruf zum 8. Mai ist zu begrüßen, jedoch ist eine Korrektur angebracht. Es wurden nicht über eine Million deutscher Frauen vergewaltigt. Der englische Historiker Antony Beevor macht in seinem Buch "Berlin 1945. Das Ende" genaue Angaben. Vergewaltigt wurden mindestens zwei Millionen Mädchen und Frauen, 40 Prozent davon mehrmals. 240.000 Frauen starben entweder durch Mord oder Selbstmord. Nicht mitgezählt jene Frauen, die sich aus Angst vorher das Leben nahmen.

400.000 von ihnen wurden schwanger, und 90 Prozent unterbrachen die Schwangerschaft.

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg

 

Fehlender Friedensvertrag

In dem Aufruf "Gegen das Vergessen", den auch ich unterschrieben habe, sowie überhaupt in der Diskussion um das Thema Befreiung oder Niederlage vermisse ich einen Aspekt, der mir sehr wichtig erscheint: Nirgendwo wird auf die bemerkenswerte und völkerrechtlich wohl einmalige Tatsache hingewiesen, daß es auch 60 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation - die zwar die Kampfhandlungen beendete, den De-jure-Kriegszustand aber bis heute bestehen ließ - immer noch keinen Friedensvertrag gibt.

Hinzu kommt die Feindstaatenklause der Uno-Charta, die jedem Unterzeichnerstaat freie Hand gibt, gegen Deutschland vorzugehen, wenn er damit eine "neue Aggression" verhindern zu können meint (wie so was im Ernstfall funktioniert, hat der Irak-Feldzug deutlich gezeigt).

Angesichts dieses Sachverhaltes von einem "freien Land" zu sprechen, ist wohl dann doch eine Farce.

Gert Ziegler, München

 

 

Zu: "Der verdrängte Völkermord" von Daniel Lehe, JF 17/05

Wegsterben der Betroffenen

Sätze wie "Wer spricht denn heute noch von den Armeniern?" und "Selbst in Deutschland wird das Thema zunehmend ausgeklammert" haben erschreckende Aktualität. Die Regierungen glauben offenbar an eine "biologische Lösung" - das Wegsterben der letzten unmittelbar Betroffenen und das allgemeine Vergessen. Aber sowohl die Verbrechen an den Armeniern wie die an den deutschen Vertriebenen werden im langen Gedächtnis der Völker und damit ein Hindernis für die Versöhnung bleiben: so lange, bis diese Verbrechen offiziell als geschehen anerkannt und - wo möglich - den wenigen Rückkehrwilligen die Rückkehr in ihre Heimat und Pflege der Gräber ihrer Vorfahren ermöglicht werden. Einen Vorteil haben die Armenier: Sie haben in ihrer Hauptstadt Jerewan eine würdige "zentrale Gedenkstätte", die das Geschehene "umfassend dokumentiert". Den deutschen Vertriebenen wird ein Zentrum gegen Vertreibung in Berlin von der eigenen Regierung, Hand in Hand mit denen der Vertreiberstaaten, bis heute verweigert. Arme Armenier, armes Deutschland. 

Dr. med. Reinhard Gnauck, Mainz

 

 

Zu: "Phantom 'Neue Rechte'" von Dieter Stein, JF 16/05

Kampfbegriff "Neue Rechte"

Es gibt in der Werbung, einer den Kommunikationswissenschaften zugeordneten Disziplin, einen Begriff mit wahrhaft magischen Eigenschaften. "Neu", lautet er. "Das ist neu!" tönt die Reklame - und sogleich bekommt der moderne Mensch leuchtende Augen. Ein Produkt wird nicht danach beurteilt, ob man es braucht, sondern ob es "neu" ist. Der Begriff "neu" er-zeugt Aufmerksamkeit und Emotionen.

Warum spricht der NRW-Verfassungsschutz von einer "Neuen Rechten"? Nun - er will Aufmerksamkeit erregen und Emotionen wecken. Die Begrifflichkeiten "Rechte" bzw. "Alte Rechte" würden dagegen lediglich ein allgemeines Gähnen in der Öffentlichkeit zur Folge haben. Aber: "Neue Rechte"? Die Alarmglocken läuten Sturm, politisch korrekte Gutmenschen besetzen die Zinnen der Burg namens "bundesdeutscher Schuldkult", bereit zur Abwehr "gefährlicher" Konservativer und Patrioten.

Wie jämmerlich erscheint das Bestreben des NRW-Verfassungsschutzes, Rechtsintellektuelle und Patrioten in der Öffentlichkeit durch geradezu infantil-lächerliche Verdachtsbehauptungen zu inkriminieren. Mit dem Kampfbegriff "Neue Rechte" will die deutsche Linke davon ablenken, daß wir in Deutschland ein wirklich freiheitlich-demokratisches System längst nicht mehr haben. Und der JUNGEN FREIHEIT könnte ja gelingen, daß die Menschen hierzulande das bemerken - wenn sie überall frei erhältlich wäre.

Bernd Sydow, Berlin


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