© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

WIRTSCHAFT
Wachstumsfetischisten für Staatsausgaben
Bernd-Thomas Ramb

Zuerst korrigierte die EU-Kommission ihre Voraussage für das kommende deutsche Wirtschaftswachstum. 0,8 Prozent wurden nur noch erwartetet und Deutschland als Schlußlicht Europas gesehen. Dem schlossen sich die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute und die Bundesbank an. Schließlich mußte auch die Bundesregierung ihre optimistischen Wachstumserwartungen von 1,7 Prozent herunterschrauben. Sie scheute offensichtlich die unattraktive Null vor dem Komma und positionierte sie dahinter. Selbst mit 1,0 Prozent Wirtschaftswachstum gerät sie jedoch in höchste Not - das Haushaltsdefizit droht wieder die EU-Stabilitätspaktsgrenze zu verletzten. Wachstum muß also her, auf Teufel komm raus. Denn die Zunahmen der Steuereinnahmen hängen direkt von der Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivitäten ab. Ein stagnierendes Bruttoinlandsprodukt bedeutet aber nicht nur stagnierende Steuereinnahmen, sondern auch stagnierende Einnahmen der staatlichen Sozialsysteme. Gelänge es, die Ausgaben entsprechend anzupassen, wäre dies alles ein relativ geringes Problem. Voraussetzung wäre allerdings eine volle Entfaltung marktwirtschaftlicher Kräfte.

Wirtschaftswachstum ist kein Muß des marktwirtschaftlichen Systems, das bloß die Wünsche der Nachfrager widerspiegelt. Sinkt der Wunsch nach materieller Güterversorgung zugunsten immaterieller Konsumwünsche, gibt es eben kein Wirtschaftswachstum. Das politisch verordnete Wachstumsstreben ist dagegen künstlich und staatsgemacht, weil verkrustete Staatsausgabenstrukturen finanziert werden sollen. Sehr verwunderlich, daß die Grünen dies Staatsgebaren unterstützen, haben sie in ihrer Gründerzeit doch die Wachstumsfetischisten stets scharf verurteilt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen