© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

Leserbriefe

Zu: "Kein Recht für Rechte" von Eike Erdel, JF 20/05

Demonstrationsfreiheit

Berlin feiert einen Sieg über die NPD und verkennt den Schaden für die Demokratie. Nicht daß Demonstrationen und Proteste gegen Aufmärsche der Rechtsextremen illegitim wären, sie sind es gerade nicht, aber auch für den rechten Rand des politischen Spektrums gelten die grundgesetzlich garantierten Rechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Es ist eine sehr harte Probe für die Demokratie, die Aufmärsche der NPD zu ertragen, ohne dabei in Hysterie zu verfallen. Aber es ist ein Sieg der Demokratie, wenn auch Parteien, die sich nicht in der Mitte der politischen Meinungsströme bewegen, für ihre Überzeugungen demonstrieren können - das Blockieren einer genehmigten Demonstration hingegen nicht. Man stelle sich nur einmal den Aufschrei vor, wenn Tausende NPD-Anhänger eine Demonstration von Attac oder anderen linken Aktivisten auf die gleiche Art unterbunden hätten. Der Chor der politisch Anständigen wäre vielstimmig und unüberhörbar.

Daß es nicht zu Zusammenstößen kam, ist ja eher der Einsicht der NPD zu danken und nicht der Unlust der politischen Führung der Stadt Berlin, auch mißliebigen Meinungen das zuvor genehmigte Forum freizuräumen. Hätten die Rechtsextremen auf ihr Recht bestanden, wäre die Polizei verpflichtet gewesen, die geplante Demonstrationsroute zu räumen.

Daniel J. Hahn, Eichenau

 

Zu: "Was nun, Protestanten?" von Helmut Matthies, JF 19/05

Wachsender Protestantismus

Der Autor schreibt: "Kehrt der Protestantismus nicht zu Bibel und Bekenntnis um, wird er untergehen." Tatsächlich wächst der Protestantismus seit Jahrzehnten weltweit schneller als alle anderen abendländischen Konfessionen. Und zwar durch zahllose bibel- und bekenntnisorientierte Kirchen(-gemeinden), die theologisch, ethisch und politisch oft einheitlicher denken als der Katholizismus und meist deutlich weniger "links" stehen denn der Bibelkritik anerkennende, in Fragen des ewigen Heils und der Religionsvermischung durchaus nicht ablehnende, dem Marienkult verbundene und sich fast prosozialistisch äußernde Benedikt XVI. Auch in Deutschland wachsen solche Kirchengemeinden so sehr, daß viele neu gegründet werden und bestehende bauen.

Ulrich Motte, München

 

Zu: "Haß statt Befreiung", Interview mit Vytautas Landsbergis, JF 19/05

Haßerfüllte Intellektuelle

Die Rote Armee hat nicht, wie Landsbergis behauptet, offiziell zum Haß gegen die Deutschen aufgestachelt. Sie war so wenig eine verbrecherische Institution wie die Deutsche Wehrmacht. Wohl gab es in beiden Armeen bis in die Führungsspitzen Verbrecher. Zum Haß aufgestachelt haben dagegen Intellektuelle, Journalisten, Schriftsteller und Filmemacher, welche den deutschen Soldaten einreden wollten, sie kämpften gegen die slawischen, jüdischen, asiatischen Untermenschen.

Es waren nicht die leidgeprüften Frontkämpfer, welche den Rachedurst der sowjetischen Soldaten geschürt haben und durch Flugblätter und Zeitungen ausdrücklich gestatteten, die deutschen Frauen als Prämien für die Strapazen des Kampfes zu nehmen. Haupteinpeitscher waren hysterische Literaten, voran Ehrenburg, der jedoch von eben der Führung zurückgepfiffen wurde, welche ihm zuvor die Propagandaspalten eingeräumt hatte.

Franz Bischoff, Vraaliosen/Norwegen

 

Den Balten zuhören

Großartig! Landsbergis (und auch Lennart Meri, Estland, in der Sonderbeilage) zeigen uns, wie man normal mit durch das Volk und am Volk ergangenen Verbrechen umgeht! Allerdings vermute ich, daß Schröder auch ohne Erdgas kaum anders bei Putin auftreten würde. "Gelenkte Demokratie" hat für ihn doch auch Vorbildfunktion, siehe Antidiskriminierungsgesetz, Erwähnung der JF im VS-Bericht, Aufstand der Anständigen.

Landsbergis beantwortet die Frage, warum Lettlands Präsidentin Vike-Freiberga nach Moskau fährt, nicht. Der Deutschlandfunk brachte vor etwa zwei Wochen eine Sendung über die Balten und den 9. Mai. Darin hieß es, Frau Vike-Freiberga, die die Sowjetzeit wegen ihres Exils in Kanada nicht persönlich erleiden mußte, wolle ihren Besuch in Moskau nutzen, um der Welt die Wahrheit zu sagen, denn sie sehe die Dinge nicht anders als ihre Kollegen in Estland und Lettland. Möge die Welt ihr zuhören!

Jens-K. Geißler, PEr E-Post

 

Zu: " Der Stadt und dem Land" von Doris Neujahr, JF 19/05

Übertragbare Schuld?

Welche Wirkung wird das Holocaust-Mahnmal ausüben? Wird es eine Stätte des Gedenkens an düstere Zeiten und Taten unserer Geschichte und der Mahnung, Verantwortung dafür zu übernehmen, daß sich gleiches nie mehr wiederholt? Oder wird es seine Wirkung verfehlen wegen seiner Monumentalität und der darin vermuteten Absicht, Schuld auch auf die nachgeborenen Generationen zu übertragen?

Rudolf Schaefers, Köln

 

Kultur des Todes

Die Autorin beschreibt treffend das verordnete herrschende Bewußtsein in unserem Land. Lamentieren und feststellen ist wichtig. In ihrem Beitrag spricht Doris Neujahr von Dauersühne und einer "Kultur des Todes", die das Land beherrschen. Der Toten zu gedenken, ist die eine Seite. Die andere muß die Frage erlauben: Cui bono? Wem nützt es, muß zu fragen erlaubt sein.

Ich habe den Verdacht, daß der verordnete sogenannte, demokratische Konsens schlicht und einfach das ist, was man Herrschaftsideologie nennen kann: Ideologie als Vorstellung, die dazu beitragen soll, eine herrschende politische Macht zu legitimieren. Eine bestimmte Klasse lebt davon, und das nicht schlecht.

Klaus Walch, Frankfurt

 

Zu: "Der Zauberlehrling" von Fritz Schenk, JF 19/05

Falsche Einschätzung

Der Autor schreibt: Aus den Gewinnen der Unternehmen "müssen nicht nur Löhne, Sozialabgaben und Steuern, sondern auch die Mittel für den Erhalt und die Erneuerung der Anlagen bezahlt werden". Das ist falsch. Gewinn ist - etwas summarisch ausgedrückt - das, was dem Unternehmen letztlich übrigbleibt, nachdem Löhne, Sozialabgaben, Steuern etc. abgezogen sind. Kurz: der periodische Überschuß zwischen Erträgen und Aufwendungen, über den das Unternehmen (unbeschadet gesetzlicher und sonstiger Festlegungen) nach eigenem Gutdünken verfügen kann. Auch Erhaltungs- und Erneuerungsaufwendungen werden als Abschreibungen bei der Gewinnermittlung berücksichtigt. Theoretisch folgt daraus: Ist der Gewinn gleich Null, so kann das Unternehmen immer noch Löhne, Sozialabgaben, Erneuerungsrückstellungen usw. bezahlen - es muß es aber nicht. Doch dann ist erfahrungsgemäß die Insolvenz nicht mehr weit.

Otto Foedtke, Aschaffenburg

 

Zu: "Der gute alte Klassenkampf" von Dieter Stein, JF 18/05

Unschuldige Heuschrecken

Darf man Finanzinvestoren "Heuschrecken" nennen? Nein mitnichten, denn die meisten sind Ausländer und könnten die Bezeichnung womöglich als Ehrentitel mißverstehen. Außerdem beleidigt der Vergleich eine unschuldige Tierart. Die echte Wanderheuschrecke ist instinktgesteuert, kann ihre unbändige Freßlust also nicht willentlich und vernunftgemäß zügeln.

Anders die internationalen Beteiligungsgesellschaften. Sie wissen, was sie tun: Unternehmen ausweiden, Arbeitsplätze vernichten, Subventionen kassieren, Steuern vermeiden, Volkswirtschaften ruinieren. Diese Profitmaximierer und Globalisierer verkörpern den weltumspannenden Kapitalismus. Er bestimmt heute Tempo, Richtung und Spielregeln von Belegschaften, Völkern, Regierungen und überstaatlichen Gremien.

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

Zu: "Dem Sog entzogen" von Ellen Kositza, JF 18/05

Ungleiche Behandlung

Unsere Krankenkassen finanzieren den Harem von Ausländern. Die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkassen kommen nicht nur für Ehepartner und Kinder auf, sondern bei bestimmten Voraussetzungen auch für Zweit- und Drittfrauen. Dies geht aus einer Stellungnahme des Gesundheitsministeriums hervor. Frauen, die zum Beispiel mit einem Moslem nach ausländischem Recht wirksam in polygamer Ehe verheiratet sind, hätten ja auch einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehemann. "Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Frauen beitragsfrei familienversichert sind", so eine Feststellung des Ministeriums.

Weitgehend bekannt ist auch, daß Eltern von in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern in ihrem Heimatland, so in der Türkei und auf dem Balkan, beitragsfrei von der deutschen Familienversicherung aufgenommen werden und sich dort auf Kosten der Versicherung ambulant behandeln lassen können. Bei Deutschen dagegen dürfen nur Ehegatten, Lebenspartner und Kinder beitragsfrei in die Familienversicherung aufgenommen werden. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums erklärte hierzu: "Uns liegen keine aktuellen Zahlen vor - weder über bezugsberechtigte Personen noch über die Summen der geleisteten Zahlungen." Das Ministerium lehnt eine Abschaffung der ungleichen Behandlung von Deutschen und Ausländern ab: "Wir sehen keinen Anlaß, da tätig zu werden."

Werner Eichinger, Röllbach

 

Des Rätsels Lösung

In Deutschland und anderen europäischen Ländern herrscht der Glaube, daß Kinder aus finanziellen Erwägungen nicht erwünscht sind. Das ist meiner Meinung nach nur ein Vorwand, der die Ursachen nicht wirklich erklärt. In den neuen Bundesländern, wo die Kinderbetreuung angeblich vorbildlich ist, ist beispielsweise auch keine Bevölkerungsexplosion in Sicht. Dagegen bekommen Südamerikaner, denen Luxus und Wohlstand zumeist unbekannt ist, viel mehr Kinder.

Nun, was ist des Rätsels Lösung? Ein Umdenken der Menschen, insbesondere der Frauen, muß sich vollziehen. Es muß veranschaulicht werden, daß Kindererziehung die verantwortlichere und größere Aufgabe ist, als sich von Montag bis Freitag in der Firma für den Urlaub, den Drittwagen und das Ferienhaus abzurackern. Die geburtenarmen Wohlstandsländer müssen verstehen, daß eine Familie mehr wert ist als Luxus. Dazu muß salopp gesprochen eine "Umerziehung" erfolgen - hin zu mehr Menschlichkeit, Natürlichkeit und weniger Materialismus.

Ob diese "Umerziehung" über sogenannte Familienschecks (Kärnten) oder die Kinderkrippen in den neuen Bundesländern realisiert werden kann, ist zu bezweifeln. Familienfreundlichkeit und Kindersegen sollten dagegen ein Dauerthema in den Medien sein.

Bernd Schmidt, Herne

 

Zu: "Und er bleibt doch im Amt" von Markus Schleusener, JF 18/05

Amtseid - eine Farce

Nach Volmer ist dann Fischer einen ganzen Tag lang verhört worden. Politiker unserer "Etablierten" hatten also reichlich Zeit, Kernfragen deutscher Politik ins Licht zu stellen. Warum wurde dabei offenbar mit keinem Wort auf den Amtseid Bezug genommen, den Fischer geleistet hat?

Es dürfte doch wohl keinen Zweifel darüber geben, daß Fischer sich mit diesem Eid verpflichtet hat, durch eine völlig andere Politik dem deutschen Volk dienlich zu sein. Betrachten unsere Etablierten den Amtseid also als eine Farce? Vielleicht weil sein Bruch strafrechtlich nicht verfolgt werden kann? Warum eigentlich nicht?

Gunther Albers, Hamburg

 

Zu: "Vom Baugerüst gefallen" von Thorsten Hinz, JF 18/05

Gnadenlos erschossen

Mit besonderem Interesse las ich den Artikel und empfehle dem Kultursenator Thomas Flierl sehr, sich intensiv mit dem Thema zu befassen, denn das ist sehr wichtig. Selbst in Thüringen geboren, 1956 über Berlin geflüchtet, habe ich die Mauer bei verschiedenen Berlin-Besuchen eingehend studieren und mir somit eine eigene Meinung und meine Gedanken von der geteilten Stadt mit ergreifenden Szenen zwischen Ost und West bilden können. Menschen, die mutig versuchten, in die Freiheit zu gelangen, jedoch auf dieser verzweifelten Flucht gnadenlos erschossen wurden, verdienen eine ganz besondere Ehre.

Die Mauer wurde zur weltweiten Touristenattraktion, einer Sensation, die aber auch nicht jeder nachvollziehen, verstehen konnte. Die Einstellung von Kultursenator Flierl rührt wahrscheinlich daher, daß er niemals ein Betroffener war und nicht nachvollziehen kann, welche katastrophale Auswirkung die Mauer auf Menschen, die in Freiheit leben wollten, überhaupt hatte.

Uta Fritzsche, Mönchengladbach

 

Zu: "Der verdrängte Völkermord" von Daniel Lehe, JF 17/05

Armeniermassaker gab es viele

Tatsache ist, daß die Türkei als Verlierer des Ersten Weltkrieges unter dem Druck der Weltöffentlichkeit den Tod von 300.000 Armeniern zugegeben hatte, wozu sie sich allerdings heute nicht mehr durchringen will.

Der Völkerbund verifizierte damals eine Zahl von mindestens 1,5 Millionen, die Armenier sprechen von fünf Millionen. Die tatsächlichen Opfer dürften irgendwo in der Mitte liegen, wenn man berücksichtigt, daß Hunderttausende armenischer Waisenkinder dann - wie im Islam jahrhundertalte Praxis - von einheimischen Familien moslemisiert wurden. Armenienmassaker gab es aber schon 1905 und 1894 bis 1896.

Meine Großmutter erzählte mir, daß sie Armenier versteckt hätte, was ihr nur möglich war, weil sie italienische Staatsbürgerin war. Sie schilderte mir, daß die Türen armenischer Häuser mit einem weißen Kreuz markiert waren, wo dann die Türken eindrangen, die Armenier mit Knüppeln erschlugen und sie tot oder halbtot aus den Fenstern auf große Leiterwagen warfen, die sie dann wegbrachten.

H. Benito Ernst-De Nardo, Starnberg

 

Zu: "Auftrag ausgeführt" von Hans-Joachim von Leesen, JF 16/05

Auferstandene Bombenopfer

Im März 1945, nachdem die Ordnung in Dresden einigermaßen wiederhergestellt und die Toten geborgen waren - wobei diese zum erheblichen Teil durch Bagger in Massengräber geschoben werden mußten -, gelangte die Dresdner Ordnungspolizei durch Zählung an Ort und Stelle zu dem Ergebnis, daß 202.000 Menschen, zu allermeist Frauen, Kinder und Greise, bei dem dreiteiligen Terrorangriff ums Leben gekommen waren. 35.000 konnten voll identifiziert, ca. 60.000 noch teilidentifiziert werden, etwa durch Trauringe - der Rest konnte nur noch gezählt werden. Goebbels hatte sich wohlweislich erst gar nicht zu der Opferzahl geäußert, um nicht etwa die Zuversicht an den "Endsieg" zu erschüttern.

Jahre später sprachen die Medien unisono noch von 65.000 Toten (s. Brockhaus, Ausg. 1968). Wiederum Jahrzehnte danach, also in den achtziger und neunziger Jahren, erfuhr der staunende Leser, daß es nunmehr nur noch 35.000 Tote seien, amtlich festgestellt. Heute hat man eine Kommission eingesetzt, deren Sprecher bekanntgab, daß die Zahl noch einmal verringert werden müsse; es habe sich damals nur um 22.000 Luftkriegsopfer gehandelt. Kann es eigentlich sein, daß mittlerweile die vielen Opfer des Terrors wieder auferstanden sind?

Prof. E. Windemuth, Ottobrunn

 

Zu: "Die Welt blickt auf Rom" von Dieter Stein, JF 15/05

Ein Zeichen des Himmels

Die Anregung, um einen konservativen Papst zu beten, hat Früchte getragen. Dem neuen apostolischen Oberhirten geht der Ruf voraus, in dogmatischen Glaubensfragen nicht mit sich kungeln zu lassen. Nun ergeben sich viele Erwartungen und Wünsche an Papst Benedikt XVI. Auch sind alle Augen auf ihn gerichtet, welchen Stellenwert Ökumene bei ihm einnehmen wird. Hinsichtlich der Interkommunion hat er während seines Einführungsgottesdienstes am 24. April diesen Jahres ein Zeichen gesetzt, als vor der Kommunionsausteilung ein Prälat über den Petersplatz ansagte, daß nur Katholiken die Heilige Kommunion empfangen dürfen.

Daß ein deutscher Kardinal durch die Gnade des Heiligen Geistes zum Pontefix bestellt worden ist, kann ein Zeichen des Himmels sein - das Glaubensgut der von Christus gestifteten heiligen katholischen Kirche, das ein deutscher Mönch vor 500 Jahren "reformiert" hat, wieder unbeschadet in sein Haus zurückzubringen.

Rita Horrmann, Meckenheim


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen