© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/05 27. Mai 2005

Traumwelt Kaufhaus
"Ein ferpektes Verbrechen"
Claus-M. Wolfschlag

Der Kaufhausangestellte Rafael Gonzales (Guillermo Toledo) liebt die Perfektion - und die Frauen. Sein Leben scheint die Realisierung geheimer männlicher Träume. An der Verkehrsampel läßt sich eine aufreizende Brünette ohne Gegenwehr von ihm umarmen und küssen. Und in seinem "Reich", der Abteilung für Damenoberbekleidung im Kaufhaus "Yeyo's", sind ihm sämtliche attraktiven Verkäuferinnen hörig. Eine Einladung zur nächtlichen Sexorgie in der Umkleidekabine wird unter den Kolleginnen als beneidenswerte Auszeichnung bewertet. Man soll nicht nur vom scheinbar Unerreichbaren träumen, sondern es sich einfach nehmen, lautet Rafaels Lebensmotto.

Jetzt steht seine Beförderung zum Etagenchef bevor. Einziger Konkurrent ist der ältere Verkäufer Don Antonio (Luis Varela) von der Herrenabteilung, Rafaels Todfeind. Als die Geschäftsleitung ihm den Posten überträgt, kommt es zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit Rafael, bei der Don Antonio unglücklicherweise ums Leben kommt.

Zeugin des Totschlags wird die wenig attraktive und jahrelang geschmähte Verkäuferin Lourdes (Mónica Cervera), die nun ihre Chance erkennt und den bislang unerreichbaren Rafael erpreßt. Seiner Mitwisserin gnadenlos ausgeliefert, wird Rafael von ihr ständig kommandiert. Er bekommt zwar nun den Posten des Etagenchefs, muß aber alle Anweisungen Lourdes' befolgen, sämtliche hübschen Verkäuferinnen entlassen und durch Behinderte und Hausmütterchen ersetzen. Als Lourdes ihn gar zur Hochzeit zwingen will, entwickelt er den Plan für ein perfektes Verbrechen. Doch das Perfekte ist scheinbar nur "ferpekt".

Alex de la Iglesia, geboren 1965 in Bilbao, hat seine bitterböse Satire im Mikrokosmos der Warenwelt angesiedelt, eine Welt der perfekten Fassade, hinter der allerdings das Chaos wütet. Rafael Gonzales wird darin als Figur gezeichnet, deren ganzes Dasein auf das Kaufhaus konzentriert ist, deren Bewußtsein, deren Lebensziele davon geprägt sind. Die Dekoration, das Klima, der Geruch, das Licht, die Hintergrundmusik - all das verführt Rafael zum Schwärmen.

"Crimen Ferpecto - ein ferpektes Verbrechen" wird in der Genreform der schwarzen Krimikomödie erzählt. Durch Galgenhumor und exzentrische Situationskomik versucht Regisseur Iglesia seine Verzweiflung an der Schlechtigkeit der Welt mit einem Lachen zu verarbeiten. Er führt in eine absurde Welt voller Sarkasmus und äußerst schräger Einfälle. Die erste Hälfte des Films begeistert durch fulminanten Witz, ein Lacher reiht sich an den nächsten. Daß der Film im letzten Drittel abflacht, mag einerseits an der zunehmend beklemmenden Situation Rafaels liegen, andererseits an der irgendwann ermüdenden Übersteigerung des Geschehens, das in einem absurd-makabren Alptraum kulminiert.


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