© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/05 10. Juni 2005

Meldungen

Staatsanwalt ermittelt gegen Sichrovsky

WIEN/JERUSALEM. Die Wiener Staatsanwaltschaft hat letzte Woche in einem "Vorhabensbericht" an die Oberstaatsanwaltschaft Untersuchungen gegen Ex-FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky vorgeschlagen. Anlaß sei ein Profil-Bericht, wonach der frühere EU-Parlamentarier erklärt habe, bis 2003 mit dem israelischen Geheimdienst Mossad zusammengearbeitet zu haben (JF 23/05). Dies könnte den Tatbestand des "geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs" erfüllt haben. Dafür drohen bis zu drei Jahre Haft. Sichrovsky erklärte inzwischen, der Profil-Bericht sei nicht korrekt gewesen, "Ich habe nicht für den Mossad spioniert, ich habe kein Geld vom Mossad bekommen, und ich habe nichts unternommen, was den Interessen Österreichs schaden könnte", sagte er der Jerusalemer Zeitung Haaretz. Sichrovsky bestritt auch, wissentlich Mossad-Mitarbeiter getroffen zu haben: "Mir hat niemand einen Ausweis gezeigt. Es gab in Tel Aviv und Wien Gespräche mit Israels Vizeverteidigungsminister Ephraim Sneh", erklärte er dem Magazin News. Er habe "lediglich mit diversen Institutionen in Israel Informationen ausgetauscht".

 

Keine Anklage gegen Bundesrat Gudenus

WIEN. Das Verfahren gegen Bundesrat John Gudenus wird eingestellt. Gudenus hatte im "ORF-Report" auf die Frage, ob es in NS-Konzentrationslagern Gaskammern gegeben habe, geantwortet: "Ich glaube, man sollte dieses Thema ernsthaft debattieren." Nach Sichtung der vollen ORF-Aufzeichnung des umstrittenen Interviews sei "davon auszugehen, daß Herr Gudenus seine Zweifel an der Verwendung von Gaskammern geäußert hat", erklärte Friedrich Matousek, Chef der Staatsanwaltschaft Wien. Das allein falle noch nicht unter das Verbotsgesetz. Der Oberste Gerichtshof habe entschieden, daß der Tatbestand erst mit dem Leugnen der Gaskammern erfüllt sei. Der wegen des Verfahrens zum FPÖ-Austritt gedrängte Gudenus habe nur "seiner persönlichen Unsicherheit Ausdruck verliehen". Das sei zu wenig, um ihn zu verfolgen, so Matousek.

 

Ex-Premier Fabius fliegt aus PS-Präsidium

PARIS. Wegen seines Nein zur EU-Verfassung haben die oppositionellen Sozialisten (PS) auf einem Parteirat den Rauswurf von Ex-Premier Laurent Fabius aus dem Parteipräsidium beschlossen. Statt dessen wolle man eine "homogene Führung" bilden, teilte ein PS-Sprecher mit. In der Verfassungskampagne hatte sich Fabius offen gegen PS-Chef François Hollande gewandt. Fabius hatte auch den Euro-Stabilitätspakt und die soziale Spaltung in Frankreich kritisiert. Trotz seiner EU-Kritik sei er aber ein Anhänger der europäischen Einigung.

 

Autoritarismus und Populismus drohen

ZÜRICH/BERLIN. Die Demokratie ist auch nach dem Ende des Kommunismus weltweit nicht auf dem Vormarsch. "Die jüngsten Erfolge der Volksbewegungen von der Ukraine bis nach Zentralasien könnten den Eindruck entstehen lassen, wenigstens hier ließen sich eindeutige Fortschritte ausmachen", schrieb Herfried Münkler, Politikwissenschaftler an der Berliner Humboldt-Universität, letzte Woche in der Zürcher Weltwoche. Der Eindruck täusche: "Keine dieser Bewegungen ruht auf gefestigten Anhängerschaften, die lange und mühsame Reformprozesse zu tragen bereit sind", warnte Münkler. Wahrscheinlicher als stabiler Demokratien seien "prekäre Gemengelagen von Autoritarismus und Populismus, die notorisch auf der Kippe zum Bürgerkrieg stehen". In Südamerika hätten sich Verhältnisse entwickelt, die Anlaß zur Sorge gäben. Die "Demokratisierungswellen" könne man auch als "Begleiterscheinung radikaler Umwälzungen" interpretieren, so Münkler.


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