© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Ende des Experiments
Die Bildungskatastrophe ist auch eine Einwanderungskatastrophe
Kurt Zach

Es sind nicht die unmotivierten Lehrer. Es sind nicht die desinteressierten Schüler. Das alles spielt eine Rolle, aber nicht die entscheidende. An der mangelnden Ausstattung der Klassenzimmer mit Computern liegt es erst recht nicht. Bildungspolitiker und Meinungsmacher diskutieren bei der Suche nach den Gründen für den rapiden Verfall des Bildungsstandes bei Deutschlands Schülern ebenso eifrig wie vorsätzlich am Kern des Problems vorbei: der multikulturellen Atomisierung und Desintegration des Gemeinwesens und deren immer weniger beherrschbaren Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.

Schulen in deutschen Großstädten sind längst zu Versuchsanstalten dieses gescheiterten Experiments geworden, das den dazu Verdammten kaum noch Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben läßt. Die Schule der Zukunft in Deutschland wird nicht das in Sonntagsreden gern beschworene High-Tech-Labor sein, in dem die künftigen Eliten der Informationsgesellschaft heranwachsen. Eher schon wird die Zukunft so aussehen wie in der Kreuzberger Eberhard-Klein-Oberschule, der ersten deutschen Schule mit hundert Prozent Einwandererkindern. Deutsch sind an dieser deutschenfreien Schule nur noch die Lehrer, und sie schlagen sich im Alltag nicht mit Elitenförderung, sondern mit dem Ausgleich fehlender Sprachkenntnisse herum oder engagieren sich in der "Streitschlichtungsgruppe". Ethnische Konflikte freilich, sagt der Rektor, gebe es kaum noch; die letzten deutschen Eltern hätten ihre Kinder sofort nach der Aufnahmefeier von der Schule genommen, und "verirren" sich doch noch welche zu ihm, rate er ihnen gleich zu einer anderen Schule.

Noch ist diese Kreuzberger Realschule ein Extremfall; doch daß die Ausnahme zur Regel wird, ist angesichts der anhaltenden Zuwanderung durch den Kreißsaal, per Familienzusammenführung oder über Visa- und Asylmißbrauch absehbar. Von den sechs Kreuzberger Hauptschulen liegt bei zweien der Deutschenanteil unter zehn Prozent; zehn Grundschulen in Neukölln und sechs von 21 in Kreuzberg haben über achtzig Prozent Ausländer, drei davon mehr als neunzig Prozent. In anderen Großstädten sehen die Relationen noch ärger aus.

Anders als bei Realschulen und Gymnasien ist bei Grund- und Hauptschulen die Flucht in intakte Anstalten aufgrund des Territorialprinzips nicht möglich. Beunruhigte deutsche Eltern reagieren nicht selten mit einem absurden Versteckspiel. Die Oma im "guten Viertel" ist für bildungsbewußte Großstadtfamilien wertvoller als das Tafelsilber: Den Behörden gegenüber wird sie als Hauptbetreuungsperson deklariert, nur damit die Kinder in die Grundschule mit geringem Ausländeranteil gehen können.

Daß man dort besser lernt als in bunten multikulturellen Schulen, wissen auch die progressiven Einwanderungsapostel: Man staunt, wie viele rot-grüne Eltern selbst in die Trickkiste greifen, um dem eigenen Nachwuchs die praktischen Konsequenzen ihrer Utopie zu ersparen. Wer es sich leisten kann, setzt die Flucht später auf teuren Internaten und Privatschulen fort. Die breite Masse, der dafür das übrige Geld fehlt, zahlt die Zeche und muß mit dem vorliebnehmen, was vom Schulsystem übrigbleibt. Multikulti schadet so nicht nur der Bildung, sondern nimmt auch den Einheimischen die Chancengleichheit, die man für Einwanderer so gerne fordert.

Längst kapitulieren die Verantwortlichen vor den selbstverschuldeten Realitäten. Ausländerquoten? Die hielt man vor kurzem noch für unfein, jetzt für "im Prinzip richtig", aber nicht zu realisieren. Dann müßte man ja "Tausende Schüler per Bus quer durch die Stadt in weniger belastete Schulen fahren", gibt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) zu bedenken. Diese Version des im Bürgerrechts-Amerika erfundenen "Bussing" wäre schlicht zu teuer. Berlins Bildungssenator Klaus Böger (SPD) hält Geld trotzdem für ein Allheilmittel und will Schulen mit hohem Ausländeranteil "besser ausstatten". Das altbekannte Rezept also: Die Probleme sollen mit noch mehr Sozialpädagogik und weiterer Aufblähung der Integrationsindustrie zugekleistert werden.

Doch die Zeitbombe tickt. Die demographischen Mißverhältnisse spitzen sich exponentiell zu - schon in zehn Jahren, schätzen die Experten, dürfte jeder zweite West-Berliner unter Zwanzig nichtdeutscher Herkunft sein. In den Parallelgesellschaften der Großstädte wächst eine jugendliche Bevölkerungsmehrheit ohne Kenntnis der Landessprache, ohne brauchbare Schulbildung und damit ohne jegliche Chance auf Arbeitsplatz und Berufserfolg heran. Vom Sozialamt gesponserte Einpeitscher erzählen dieser Ghettojugend, daß daran nicht ihre und ihrer Eltern Integrationsverweigerung schuld ist, sondern angebliche Unterdrückung durch die "Ungläubigen". Bassam Tibi prophezeit den Deutschen in zehn Jahren Straßenschlachten, wenn die Staatsfinanzen nicht mehr ausreichen, damit alle Chancenlosen von öffentlicher Fürsorge leben können.

Der fluchtartige Rückzug der majorisierten Deutschen hilft vielleicht einzelnen, aber nicht dem Gemeinwesen. Der Schlüssel zur Bildungskatastrophe liegt in der Ausländerpolitik: Entweder es gelingt, Zuwanderung drastisch zu beschränken und Integrationsnachweise als oberste Aufenthaltsbedingung durchzusetzen, oder das einst bewunderte deutsche Schulwesen steigt auf Drittweltniveau ab. Die Entscheidung fällt jetzt.

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